Es gibt wieder einmal eine reichlich seltsame Personalie zu berichten: Seit 7. Januar 2019 ist die höchst umstrittene ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Cemile Giousouf (40) Vize-Chefin der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Angeblich sei die Stelle öffentlich ausgeschrieben gewesen. Eine entsprechende Bestätigung seitens der bpb gab es aber auf Anfrage von „NRW-direkt“ vom 11. Januar nicht. Selbst in CDU-Kreisen wurde die Ausschreibung dieser Stelle bis zuletzt bezweifelt.
Nun ist Giousouf also bpb-Vize – ausgerechnet in der bpb, die mit ihrem Präsidenten Thomas Krüger (SPD) für alles andere als für eine ausgewogene politische Bildung steht. Siehe etwa das von ihm unterstützte Gender Mainstreaming und seine Schlagseite im Kampf gegen (rechten) Populismus. Jetzt hat er eine Vize-Frau bekommen, die ihn im Kampf gegen Extremismus, also wohl auch gegen Islamismus, unterstützen soll. Aber kann sie das, will sie das?
Giousouf ist nach eigenen Angaben Muslimin und Politikwissenschaftlerin. Ihre Eltern stammen aus der Region Thrakien in Griechenland und gehören der dortigen türkischen Minderheit an. Giousouf ist in Deutschland geboren, sie wuchs aber als Kleinkind bei Verwandten in Westthrakien auf. Vermutlich als Quoten-Muslimin hat sie über das CDU-Ticket schnell Karriere in NRW gemacht, etwa von 2008 bis 2013 als Referentin in den NRW-Ministerien für Generationen, Familie, Frauen, Soziales und Integration bzw. für Arbeit, Integration und Soziales.
In die erste dieser Referententätigkeiten hatte sie 2008 der damalige Ressortchef Armin Laschet geholt. Und dann wurde sie 2013 urplötzlich Bundestagsabgeordnete. Laschet und der damalige CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe gehörten zu ihren Förderern, wollten sie doch die CDU „moderner“ machen. Die „taz“ bejubelte Giousouf als „Türöffnerin“. Das Gastspiel im Bundestag fand allerdings mit den Neuwahlen 2017 ein Ende. Also musste jetzt eine Anschlussverwendung her.
Als eine der obersten Vertreterinnen der politischen Bildung schleppt sie allerdings ein großes Päckchen fragwürdiger Vergangenheit mit sich. Deshalb hat die Personalie selbst in CDU-Kreisen kontroverse Diskussionen ausgelöst. Das Ansehen der bpb dürfe durch diese Personalie keinen Schaden nehmen, sagte etwa der CDU-Innenexperte und MdB Christoph de Vries (Hamburg).
Dann folgten Bilder auf Facebook, die Giousouf in traditionell islamischer Frauenkleidung in der Hagener Moschee des Moschee-Verbandes DITIB zeigt. DiTiB (Diyanet İşleri Türk İslam Birliği) ist die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V., die der türkischen Religionsbehörde Diyanet und damit mehr oder weniger direkt Erdogan untersteht. Hinzu kam Giousoufs Auftritt vom November 2014 bei einer Veranstaltung der ATIB in Köln.
Die ATIB (Ayrupa Türk İslam Birliği, = europäischer islamisch-religiöser Dachverband) wird übrigens vom hessischen Verfassungsschutz dem Spektrum der türkisch-rechtsextremistischen Grauen Wölfe zugerechnet. Obwohl ihre Auftritte bei Veranstaltungen von oder mit Grauen Wölfen belegt sind, wies Giousouf die Vorwürfe als „an den Haaren herbeigezogenen Verschwörungstheorien“ zurück. Im Frühsommer 2017 mischte sie sich auf Bitten von DiTiB auch noch in eine Auseinandersetzung zwischen einem erfahrenen Religionslehrer der Realschule in Hohenlimburg und DiTib ein. Der Religionslehrer hatte in einer 10. Klasse Bibel und Koran miteinander verglichen und unter anderem kritikwürdige Koran-Textbausteine analysieren lassen.
Alles in allem: Wenn sich eine Cemile Giousouf für türkische Ultranationalisten und Islamisten als ideelle Anwältin zur Verfügung stellt, wenn sie dafür (siehe „taz“) „Türöffnerin“ ist, dann ist zu befürchten, dass sie in der bpb in diesem Sinne weiter agiert.
Und noch zwei Dinge am Rande: Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung ist in Besoldungsgruppe B6 eingestuft; das entspricht einem Grundgehalt von monatlich 9.876 Euro; der Vize-Posten ist in B3 eingestuft, das sind pro Monat 8.310 Euro.
Aufsichtsbehörde des bpb ist das Bundesministerium des Innern. Und dessen Chef heißt bekanntermaßen Horst Seehofer.