Meinungsfreiheit ist das Fundament unserer Demokratie. Nicht nur die Pressefreiheit, sondern auch die Werbefreiheit gehört dazu. Freiheiten sind gut, Freiheiten können aber auch ätzend sein, wenn sie sich auf die Gesellschaft auswirken, wenn man mit ihnen nicht richtig umgeht. Gut gemeint muss nicht immer gut gemacht sein. Deswegen denke ich, Werbung mit religiösen Signalen treibt nur einen Keil in das friedliche Zusammenleben und stört das mit Respekt und Toleranz begleitete Klima.
Der Süßwarenhersteller „Katjes“ ist das jüngste Beispiel. Der drittgrößte Hersteller im deutschen Zuckerwarenmarkt macht Werbung mit einem Hidjab-Modell. Gerade in Zeiten, in denen die Gesellschaft über Überfremdung, Islamisierung und IS-Terror diskutiert, senden solche Werbemaßnahmen falsche Signale an die Kundenlandschaft. Mit Hidjab oder verhüllten Modells macht man nur den Radikalislamismus, Salafismus und Fundamentalismus salon- und hoffähig. Damit verharmlost man nach meiner Meinung die Entrechtung und auch die Unterdrückung der Frauen.
Die Masche mit religiösen Gefühlen und Emotionen, Kunden zu binden ist nicht neu. Auch in der Vergangenheit gab es sehr viele „Billige Versuche“ mit religiösen Sprüchen oder Slogans zu werben. Die Werbebranche gehört zu einer der intelligentesten Berufszweige in der Industrie. Meinungs- und Medienmacher wissen, wie sie die Leser und Kunden ansprechen und sie auf eigene Produkte aufmerksam machen können. Dazu wird nicht nur mit Bildern, Motiven und Symbolen gespielt. Nein, auch Zitate und Sprüche aus der Bibel oder aus anderen heiligen Büchern wurden immer wieder für die Werbung missbraucht.
Lebensmittelhersteller, Bekleidungshäuser, Kosmetik- und Drogeriemarken, Modeunternehmen, die Autoindustrie, Immobilien oder aber auch Sportclubs spielten in der Vergangenheit mit den Emotionen und auch religiösen Gefühlen der Menschen. Nur ein Beispiel ist die Erinnerung an eine Werbekampagne des Fußballclubs FC St. Pauli. „Vater unser“, das alltägliche christliche Gebet wurde damals fortgeführt mit dem Slogan: „… der Du bist im Stadion, geheiligt werde Dein Ballgefühl …“.
Ich bin mir ganz sicher. Die Verantwortlichen aller Industriezweige und Sportclubs wollten in keiner Form die Christen und alle anderen gläubigen Menschen mit ihren Werbeideen und Slogans beleidigen, kränken oder provozieren. Leider ist es aber so, dass gerade die religiösen Motive und Zitate immer wieder auch zu falschen Zeitpunkten beliebte Elemente der Werbung waren. Und hier ist der Wendepunkt der Freiheiten: Ich warne, so wie andere Medienexperten, vor dem unsensiblen Umgang mit dem Glauben und Ritualen des Glaubens in der Werbewelt zu spielen.
Nochmal zurück zum letzten Werbemotto des Unternehmens Katjes: „Achte mal drauf!“ heißt es. Einer von drei Werbeclips zeigt eine junge Frau mit Hidjab, die Werbung für die veganen Produkte macht. Das hat nun eine große mediale Debatte ausgelöst. Das ist nicht sehr überraschend für mich.
Wie aus den sozial Medien zu entnehmen ist, verteidigt das Unternehmen seine Werbung mit einer Hidjab-Frau. Man wolle damit junge Frauen ansprechen, die sich bewusst ernähren. „Die Zielgruppe von Katjes ist vielfältig“, heißt es in der Facebook-Erklärung. „Dazu zählen auch junge Musliminnen, bei denen der Verzicht auf tierische Gelatine eine bedeutende Rolle spielt.“
In der Tat, es spricht nichts dagegen, dass das Unternehmen auch junge Musliminnen und Menschen mit keuschen Produkten ansprechen möchte. Doch sollte und mussten sie das unbedingt mit einem Hidjab-Modell tun? Die meisten Musliminnen sind nicht verschleiert und keine Kopftuchträgerinnen. Der Islam als Religion schreibt eine Kopfbedeckung oder Verschleierung auch nicht vor. Deshalb erachte ich diese Werbung als ein falsches Signal.
Dabei ist für mich nicht nur der Hidjab ein Problem, sondern auch, dass man mit einem religiösen, sensiblen Thema in einer sehr schwierigen Zeit zu eigenen Zwecken für Diskussionen und Aufmerksamkeit sorgen möchte. Und das mit dem Wissen, dass gerade der IS-Terror, die Gefährder-Problematik und die damit verbundene Vollverschleierungs-Debatte unsere demokratische Gesellschaft beschäftigt.
Diese und ähnliche Werbeaktionen mit religiösen Inhalten und Symbolen leisten einen Bärendienst im gemeinsamen friedlichen Zusammenleben. Sie geben besonders den populistischen Gruppen und Parteien die Möglichkeit, Stimmung zu machen und für ihre rechten Ideologien zu werben. Solche unbedachte, auf Profit und Stimmung zielende Werbung machen auch wie in dem letzten Fall die salafistischen Tendenzen hoffähig. Das ist gerade das, was wir in Zeiten wie diesen nicht brauchen!