Die Schweiz kann in mancherlei Hinsicht ein Vorbild für Deutschland sein, denken wir beispielsweise an die Preisstabilität. Vergangene Woche ist ein weiterer wichtiger Grund hinzugekommen: Der Bundesrat, also die Eidgenössische Regierung, hat dem Parlament ihren Vorschlag für die Einführung eines Vollverschleierungsverbots übermittelt.
Damit reiht sich die Schweiz ein in die Reihe deutscher Nachbarn, die ein solches Verbot schon längst eingeführt haben, unter anderem auch Frankreich und Österreich. Ich frage mich: Wann zieht Deutschland nach?
Bereits im Jahr 2009 ist in Folge einer kontroversen Volksabstimmung ein Bauverbot für Minarette in der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft aufgenommen worden. Vergangenes Jahr haben die Schweizer über die Einführung eines Vollverschleierungsverbots auf Bundesebene abgestimmt – 51 Prozent dafür. Ein knappes Jahr später hat der Bundesrat nun den Gesetzentwurf für ein „Bundesgesetz über das Verbot der Verhüllung des Gesichts“ eingebracht.
Hieran sollte sich Deutschland ein Beispiel nehmen: Die Schweizer haben nicht nur das unmittelbare Sicherheitsrisiko erkannt, das von einer Vollverschleierung ausgeht, sondern auch, dass die Vollverschleierung ein Symbol der Unterdrückung und der Geringschätzung der Würde einer jeden Frau darstellt.
Ein solches Unterdrückungssymbol hat in der westlichen Welt nichts verloren. Nicht nur, dass Vollverschleierung und Kopftuch per se nicht Bestandteil unseres christlich-abendländischen Kulturkreises sind. Vielmehr verkörpern diese mobilen Stoffgefängnisse eine Werthaltung, die mit unserer Vorstellung der universellen Menschenwürde, der individuellen Freiheit und der Emanzipation schlichtweg nicht vereinbar sind.
In der Schweiz hat man das erkannt: Masken für Anlässe der Brauchtumspflege ja, Vollverschleierung nein. Es kann so einfach sein – und dennoch: Die deutsche Politik führt lieber einen Eiertanz zwischen falsch-verstandener Toleranz, Religionsfreiheit und vorauseilendem Respektgehorsam auf, als entschiedene Maßnahmen zu ergreifen.
Wer also mit lauter Stimme und viel Getöse – und das völlig zurecht – fordert, dass das Selbstbestimmungsrecht der Frau im Mittelpunkt stehen muss und ihre Würde nicht zur Disposition gestellt werden darf, der darf nicht im selben Atemzug ein Recht auf Vollverschleierung als Ausdruck der weiblichen Selbstbestimmung fordern. Eine solche Forderung ist blanker Hohn, da nichts anderes als der sprichwörtliche Schuss ins eigene Knie.
Dass Kopftuch und Vollverschleierung eben kein Symbol von Selbstbestimmung und Freiheit, sondern ganz im Gegenteil äußerlich sichtbarer Ausdruck von Unterdrückung, Geringschätzung und Unfreiheit sind, machen aktuell die Proteste im Iran deutlich. Bei diesen Protesten geht es selbstverständlich mehr als um Kopftuch und Vollverschleierung: Es geht um Selbstbestimmung, um Emanzipation, um eine Abkehr vom Mullah-Regime und ein Ende der Herrschaft der strengen Scharia-Vorschriften.
Nur sind all diese Fragen eben untrennbar verbunden mit den zentralen Symbolen der Unterdrückung: Und das sind Vollverschleierungen jeglicher Art. Auch wenn uns der Jugendkanal von ARD und ZDF „funk“ beständig eines Besseren zu belehren versucht: Noch zu Beginn des Jahres zeigte das Format „datteltäter“ ein Video, das propagiert, der Hijab stehe für „Feminismus“, „Freiheit“ und „Würde“.
Eine solche Behauptung ist nicht nur lächerlich, sondern offenbart auch auf schockierende Art und Weise, wie realitätsfern die Macher des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, aber auch Großteile der rot-grünen Ampelregierung sind.
Hier würde der Blick zu den Eidgenossen vielleicht die Augen öffnen und zeigen, dass es beim Vollverschleierungsverbot sowohl um den Schutz der Frauenrechte als auch um den Schutz der eigenen Werte und in letzter Konsequenz um die Verteidigung der Demokratie geht.
Bereits 2019 ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, dass 74 Prozent der Befragten einem Verbot von Burkas in Deutschland zustimmen würden, nur 12 Prozent sprachen sich dagegen aus.
Die rechtlichen Bedenken sind unlängst abgeräumt: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat ein Vollverschleierungsverbot, wie es die Niederlande oder Frankreich eingeführt haben, für grundsätzlich vereinbar mit der Europäischen Charta der Menschenrechte erklärt. Auch führende Verfassungsrechtler sehen einem entsprechenden Gesetz in Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz gelassen entgegen.
Was es braucht, ist einzig und allein der politische Wille. Daher fordere ich die Bundesregierung auf, die Proteste im Iran als Schuss vor den Bug zu begreifen und dem Beispiel der Schweizer Eidgenossen zu folgen: Führen Sie endlich ein flächendeckendes Verbot der Vollverschleierung ein.