Gerade haben in vielen Bundesländern – darunter auch in meiner Heimat Hessen – die Sommerferien begonnen. Endlich Zeit zum Durchatmen für Schüler und Eltern – aber auch für die Lehrer. Und die haben es bitter nötig, denn Gewalt und Hass gegenüber Lehrkräften nimmt zu.
Immer häufiger berichten Schulleiter und Lehrer davon, dass sie angefeindet und bedroht, oftmals sogar körperlich angegangen werden. Das Klima gegenüber Lehrern wird immer rauer. Dabei sollten doch gerade die Schulen der Ort sein, an dem demokratische Werte, insbesondere Freiheit, Toleranz und Respekt, gelehrt werden.
Scheinbar gilt das heute aber nicht mehr: Eine neue, repräsentative Untersuchung, die im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung, vorgenommen wurde, zeigt: Gewalt gegen Lehrerinnen und Lehrer hat zwischen 2018 und 2020 erheblich zugenommen. Insbesondere wird auch von einem deutlichen Anstieg der körperlichen Gewalt gegen Lehrkräfte berichtet.
Für die Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa Schulleiter zu Fällen von Hass, Mobbing oder Gewalt in ihrer Schule innerhalb der letzten fünf Jahre. Rund 60 Prozent der befragten Direktoren gaben an, dass es im Untersuchungszeitraum an ihrer Schule zu Beschimpfungen, Bedrohungen, Beleidigungen, Mobbing oder Belästigung gekommen sei.
Auch die Zahl von Mobbing-Vorfällen im Internet, insbesondere in den Sozialen Medien, steigen stark an: Berichteten hiervon 2018 noch 20 Prozent der befragten Schulleiter, so war es 2020 schon jeder dritte Schulleiter (34 Prozent), der entsprechende Fälle an seiner Schule erlebt hatte.
Noch alarmierender: Rund 34 Prozent der befragten Schulleiter berichteten von körperlicher Gewalt gegenüber den Lehrkräften der Schule. 2018 waren es noch 26 Prozent gewesen.
Im Klartext heißt das: An jeder dritten Schule wurden Lehrer körperlich bedroht oder angegangen, weil sie ihrem Auftrag nachkommen wollten, Schülerinnen und Schüler zu unterrichten, zu erziehen und zu mündigen Bürgern zu entwickeln.
Und dabei muss uns bewusst sein: Die Dunkelziffer dürfte wohl weitaus höher liegen, da damit zu rechnen ist, dass viele Schulleiter aus Angst vor einer Prestige-Schädigung körperliche Übergriffe auf Lehrer nicht berichten oder die betroffenen Lehrkräfte diese aus Scham, Hilflosigkeit oder Angst gar nicht erst an ihre Vorgesetzten berichten.
Darüber hinaus zeigen die von forsa ermittelten Zahlen, dass es insbesondere an Real-, Haupt- und Gesamtschulen häufiger zu Vorfällen der zuvor beschriebenen Art kommt.
Den Schwerpunkt körperlicher Angriffe bilden hingegen Grundschulen: 40 Prozent aller Grundschulen seien hiervon betroffen, berichtet der Verband Bildung und Erziehung.
Diese Zahlen machen mich wütend. Entschiedene Gegenmaßnahmen sind dringend angezeigt.
Es kann nicht sein, dass Lehrer sich so sehr vor Elterngesprächen fürchten, dass sie Kollegen zur Unterstützung hinzuziehen müssen oder gar vorab ein Anti-Gewalt- oder Deeskalations-Training bei privaten Sicherheitsdiensten besuchen, um sich selbst angemessen schützen und verteidigen zu können.
Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn Staatsbedienstete angegriffen und angefeindet werden – zumal die Gewalt keineswegs nur von Eltern, sondern häufig auch von den Schülern selbst ausgeht.
Daher müssen dringend Maßnahmen ergriffen werden, um den Respekt vor Autoritätspersonen wie Lehrerinnen und Lehrern wieder zu stärken. Die Schulen werden andernfalls immer stärker zum Schmelztiegel des Zerfalls unserer gesellschaftlichen Werte.
Ich hoffe inständig, dass es bei uns nicht immer weiter einreisst. Aber wenn wir das verhindern wollen, dann müssen wir handeln: Mit harter Hand durchgreifen, gegen Schüler und Eltern, die den Schulfrieden stören, ohne Angst um die Außenwirkung oder das Image zu haben.
Die Berichte über Vorfälle dieser Art häufen sich. Schon früh habe ich davor gewarnt, dass die Schulen mit Aufgaben überlastet werden: Sie sollen zugleich Ganztagsbetreuung, Bildungsstätte, Erziehungsort und Integrationsmotoren sein.
Obgleich das alles noble und vermutlich auch richtige Anliegen sind, gilt es dann auch, die Lehrkräfte entsprechend zu schulen und ihnen das notwenige Rüstzeug für „Problemfälle“ an die Hand zu geben sowie hier dringen benötigte Unterstützung zu leisten.
Und dabei müssen wir uns folgendes bewusst machen: Es geht längst nicht mehr darum, eine Jugend ohne Gott zu verhindern – sondern darum zu verhindern, dass Deutschland in 30 Jahren von einer Jugend ohne Moral, ohne Wertkodex regiert wird.
Das ist die vornehmste und oberste Aufgabe von Schule und Lehrern: Demokratie leben. Die Schülerinnen und Schüler zu selbstbestimmten, freiheitsliebenden und zugleich verantwortungsbewussten Staatsbürgern zu erziehen.
Hierhin müssen wir zurück, denn sonst können wir uns die Frage sparen, woher der Wertverfall in unsere Geselslchaft wohl rührt.