Mit der Niederschrift des Grundgesetzes 1949 wurde ein fundamental wichtiges und unveräußerliches Prinzip unserer Demokratie eingeführt. Artikel 3 Absatz 2 regelte bereits im Gründungsjahr der Bundesrepublik: „Frauen und Männer sind gleichberechtigt.“ In unserer westlichen Welt gilt dieser Grundsatz als unverletzlich, was vom Verständnis der unantastbaren Menschenwürde und dem selbstbestimmten Streben eines jeden Menschen nach Freiheit und Individualität herrührt. Die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau jedoch ist eine immer fortwährende gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Diese Aufgabe wird umso bedeutender, wenn Menschen aus anderen Kulturkreisen, insbesondere aus dem Nahen Osten und dem Orient, in unser Land kommen, um hier eine neue Heimat zu finden. Oftmals sind diese Menschen mit unseren Werten nicht vertraut oder lehnen diese gar ab. Ein Spaltkeil der Integration ist dabei die Frage nach den Frauenrechten. Deren Einhaltung und Umsetzung insbesondere im Rahmen der eigenen Ehe und Familie entwickelt sich zunehmend zur Gretchenfrage.
Der Trend, der in dieser Frage zu beobachten ist, ist leider unerfreulich und beunruhigend. Oftmals zeigen sich insbesondere in der ersten Einwanderergeneration strikt hierarchisch bis patriarchalisch organisierte Familienstrukturen, die auf einen Mann hin ausgerichtet sind, der über das Wohl und die Geschicke der Familie bestimmt. Die Frauen spielen dabei eine untergeordnete Rolle und die Männer dominieren die Familie, treffen die Entscheidungen und verwalten die Finanzen, während die Frauen vor allem als Befehlsempfänger fungieren.
Die negativen Auswirkungen solcher Strukturen und deren Duldung in unserem Land können immens sein, denn sie begünstigen nicht nur die systematische Unterdrückung der Frau, sondern auch Gewalttaten gegen Frauen.
Ein Punkt, dem gerade jetzt zur Ferienzeit vermehrt Aufmerksamkeit zu schenken ist, sind Zwangsheiraten. Junge Mädchen werden, kaum dass sie in die Pubertät gekommen sind und damit in den Augen ihrer Familienväter das „heiratsfähige Alter“ erlangt haben, nach dem Wunsch der Familienoberen mit oftmals deutlich älteren Männern verheiratet – ohne dass sie selbst ein Mitbestimmungsrecht hätten. Derartige Hochzeiten verstoßen nicht nur gegen das Gesetz, sondern sind eine schändliche Missachtung der Frauenrechte und der Würde der jungen Mädchen. Gerade aber zur Ferienzeit warnen Experten davor, dass diese Zwangshochzeiten außerhalb unseres Landes vollzogen werden: Die jungen Mädchen werden gegen ihren Willen verschleppt, verheiratet und womöglich für immer von ihren Familien getrennt.
Derartige Zwangsehen begünstigen ein weiteres schreckliches Phänomen in der Frage der Frauenrechte. Statistiken der UN und des Bundeskriminalamts kommen zu schockierenden Ergebnissen: So erleben in Deutschland rund die Hälfte aller Frauen in ihrem Leben sexualisierte, physische oder psychische Gewalt. Der UN-Report bestätigt überdies, dass das eigene Haus statistisch gesehen der gefährlichste Ort für Übergriffe an Frauen darstellt. Jede Form der Gewalt gegen eine Frau, sei dies eine Beleidigung, die Geringschätzung der Würde der Frau, körperliche oder gar sexualisierte Gewalt in Form einer Vergewaltigung, ist auch ein Angriff auf unsere Gesellschaft als Ganzes.
Denn mit der Gewalt gegen Frauen geht automatisch die Ablehnung unserer Verfassung und der darin verankerten Werte einher. Deshalb sehe ich im Kampf für die Frauenrechte und gegen eine Diskriminierung der Frauen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Gerade im Falle von Einwandererfamilien gilt es, im Zuge der Integration auch das westliche Verständnis von Frauenrechten zu vermitteln, dass sowohl die unbedingte Gleichberechtigung von Mann und Frau, als auch das individuelle Selbstbestimmungsrecht der Frau einschließt.
Insbesondere in solchen Einwandererfamilien aus dem arabischen Raum stellen Ehrenmorde eine große Belastung und Herausforderung für unsere Demokratie im Allgemeinen und unsere Justizbehörden im Konkreten dar.
Als Ehrenmorde werden Morde bezeichnet, um die angeblich verletzte Familienehre wiederherzustellen, beispielsweise wenn die Tochter einer salafistisch gesinnten Familie mit einem Jungen verkehrt, der nicht von der Familie geduldet wird. Diese Ehrenmorde stellen jedoch keineswegs die Ehre der Familie wieder her, sondern sind eine abscheuliche Straftat und zudem eine Zerreißprobe für die Freiheit unseres Landes.
Ich denke gerne an die Bilder der mutigen Frauen zurück, die sich vor 100 Jahren mit dem Ende des ersten Weltkrieges und dem Beginn der Weimarer Republik das Wahlrecht erkämpft haben. Unbestritten ist, dass zur Freiheit auch immer der Mut gehört und so bedarf es mutiger Frauen, die entschieden für ihre Rechte eintreten, die ihre Stimme gegen Gewalt und Diskriminierung erheben und nicht müde werden für eine tatsächliche Umsetzung der Gleichberechtigung einzutreten. Wir brauchen aber auch mutige Demokraten, die bei den Werten unserer Demokratie eine Null-Toleranz-Politik verfolgen.
In den essentiellen Grundfragen unseres Zusammenlebens, zu denen zweifelsohne die Frage nach den Frauenrechten gehört, darf es keinerlei Rabatte geben – schon gar nicht aufgrund einer angeblichen kulturellen Rücksichtnahme. Die Frauenrechte, die individuelle Selbstbestimmung und die unveräußerliche Würde eines jeden Menschen sind für uns nicht verhandelbar. Hier werden wir keinerlei Kompromisse machen.
Ich fordere daher jedes Vergehen, jede Bedrohung oder Einschränkung der Frauenrechte konsequent zu verfolgen und zu bestrafen. Ich werde mich auch weiterhin mit meinen Kolleginnen und Kollegen dafür einsetzen, dass die tatsächliche Durchsetzung der Frauenrechte für alle Mädchen und Frauen in Deutschland vorangetrieben wird, ganz im Sinne unseres Grundgesetzes. Deshalb wiederhole ich auch an dieser Stelle gerne nochmals meine Forderung nach einem Verbot der Vollverschleierung und nach einem Kopftuchverbot für unter 14-jährige Mädchen. Nur so können wir Frauen und Mädchen vor der Unterdrückung durch Salafisten und Dschihadisten effektiv schützen und verhindern, dass sie gezwungen werden, das Kopftuch als öffentlich sichtbares Zeichen der Unterdrückung zu tragen.
Ja, Frauenrechte sind für mich eine Herzensangelegenheit und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir dürfen keinesfalls müde werden, uns dafür eizusetzen und uns auch immer wieder bewusst zu machen, dass diese Errungenschaft unserer Demokratie immer wieder bedroht wird. Dann sind alle Bürgerinnen und Bürger gefordert, der Bedrohung mutig entgegenzutreten.