Die erste Woche der parlamentarischen Sommerpause war keine Erholung, sondern gut gefüllt mit dem Elend der deutschen Politikerklasse – ablesbar an drei zentralen Figuren. Sie begann mit der „Sommerreise“ des Vizekanzlers und endete mit der „Sommerpressekonferenz“ des Kanzlers. Dazwischen gab der Oppositionsführer zu, dass es so nicht weitergehen kann, und feuerte seinen Generalsekretär.
I.
Es gab einmal eine Zeit, da waren die Generalsekretäre der CDU auf- und anregende Vordenker und alles andere als nur Sekretäre ihrer Vorsitzenden. Vor bald einem halben Jahrhundert hießen sie Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler, der das Amt zwölf Jahre lang ausübte – bis er eine Rebellion anzettelte. Beide lagen immer auch im fruchtbaren Clinch mit ihrem Vorsitzenden und Kanzler Helmut Kohl – zum Besten für die Union, die als Partei erkennbar und lebendig blieb. Das Elend begann mit einer Generalsekretärin namens Angela Merkel. Ihre Ernennung ging auf Wolfgang Schäubles Rechnung. Als sie selbst zur Parteichefin aufgestiegen war, hievte sie nur noch unbedeutende Wasserträger ins Amt ihrer Generalsekretäre, durch die Bank folgsame Karrieristen und inkompetente Versager, der erste hieß Polenz, der letzte Ziemiak, insgesamt waren es acht; alle sind vergessen. Merz wiederholte den Fehler. Sein erster Generalsekretär war ein Proporzossi, keiner, der die verhängnisvolle Ära Merkel hätte überwinden wollen. Seinen Namen muss niemand vergessen, er hat sich gar nicht erst eingeprägt. Allerdings korrigierte Merz jetzt seinen Fehler. Wenn der neue Generalsekretär Carsten Linnemann hält, was sein bisheriger Weg verspricht, wird er unbequem sein müssen, auch und gerade für Merz. Ein Generalsekretär darf vor allem eines nicht sein: konfliktscheu, weder nach außen noch nach innen. Zuzutrauen ist Linnemann, dass er die Standfestigkeit und den inneren Kompass besitzt, die Merz abgehen.
II.
Lange haben viele Wähler Robert Habeck für einen verkappten Liberalen mit grüner Agenda halten wollen. Seit er Wirtschaftsvernichtungsminister ist, wissen sie, dass er seinen Fanatismus nur mit liberalem Mäntelchen getarnt hat. Aber er versucht noch immer zu täuschen, hält die Bürger noch immer für geistig beschränkt, wenn er ihnen den Sommerreisesatz zumutet: „Der ganze Klimaschutz hat das Ziel, die Freiheit zu verteidigen.“ Ein Hammersatz! Der Märchenerzähler meint das schiere Gegenteil. Seine Freiheit ist Freiheitsentzug. Seine Parole wäre kein Unglück, träfe sie nicht auf ein Volk, das so wenig von Freiheit versteht wie das deutsche. Habeck hat noch keineswegs endgültig verschissen. Er hofft, sich zu retten, indem er nur noch „dauerhaft positive Geschichten“ erzählt. Das hat er wirklich gesagt. Im Klartext: Habeck hält die Vernichtung von Wohlstand für eine positive Geschichte, man muss sie dem Wahlvolk nur richtig herum erzählen. Zu diesem Zweck reitet Habeck einen weiteren Begriffsgaul. Neben der sozialen Gerechtigkeit ist seiner Meinung nach nun die „ökologische Verteilung“ das Wichtigste. Das Klima als Begründung für den Schwund des Mittelstands. Habeck hat nicht annähernd begriffen, weshalb die Leute trotz aller Bemühungen keine Angst mehr vor der AfD haben. Aber das hat ja bisher auch Merz auf seine Art nicht begriffen. Laut Habeck – so die Erkenntnis des bramarbasierenden Hampelmanns der global agierenden Klimasekte – wählen die Leute AfD, weil sie „in Ruhe gelassen“ werden wollen. Habeck unterstellt ihnen deshalb einen „pervertierten Freiheitsgedanken“. Er kann nicht verstehen, dass es ein elementares Freiheitsbedürfnis ist, vom Volkserzieher Staat in Ruhe gelassen zu werden. Wenn Habeck das Wort Freiheit in den Mund nimmt, ist Gefahr in Verzug. Es wäre dringend notwendig, dass der neue CDU-Generalsekretär diese autoritäre Ideologie auseinander nimmt. Bisher hat die CDU so gut wie alle grünen Idiotien stehen gelassen.
III.
Und dann Scholzens Sommerpressekonferenz. Der Kanzler füllt 105 Minuten. Selten wurde wortreicher geschwiegen. Die wenigen kritischen Fragen lächelt er hinweg. Immerhin tadelt er Habeck, ohne ihn beim Namen zu nennen für seine „Rücksichtslosigkeit“. Als vermutlich einziger Mensch der Welt ist er von seinen Regierungskünsten geradezu beglückt. Die Unzufriedenheit der großen Mehrheit der Bevölkerung perlt am Kanzler ab. Intellektuell so schmalbrüstig wie rhetorisch schmallippig ignoriert er den Niedergang des Landes und verdreht das Wirken seiner Regierung zur Erfolgsstory. Wäre man nicht betroffen, könnte man bewundern, wie tiefenentspannt Scholz das Wolkenkuckucksheim regiert, in dem alles „gut ausgehen“ wird und alles „funktioniert“, solange man nur „Fünfe gerade“ sein lässt. Er rechnet sogar damit, dass die AfD bei der nächsten Bundestagswahl nicht besser abschneidet als bei der vergangenen. Das ist schon kein Zweckoptimismus mehr, sondern irgendetwas zwischen krankhafter Begriffsstutzigkeit und böswilliger Irreführung. Mitregierende Radikalhysteriker wie Habeck und Lauterbach wird er so weder bremsen noch die Bürger beruhigen können. Aber vielleicht gelingt es dem Eigenlob-Kanzler wenigstens, die größte Oppositionspartei allmählich auf Trab zu bringen.