Machen wir es kurz: Deutschland scheidet aus. Nicht nur die Mannschaft. Auch das Land. Eine erstaunliche Parallele. Wer noch an ein Wunder glaubt, sollte wegen Halluzinationen zum Arzt. Team und Land: Verblüffend, wie sich die Ursachen des Abstiegs gleichen.
I.
Vorher: Wir sind super. Super drauf. Haben super Spieler. Haben wahnsinniges Talent, beinahe Genie. Haben ein super Team. Sind mindestens Mitfavoriten. Mit einer super Einstellung. Und super Werten. Uns muss man erst mal schlagen. Wir fahren hin, um uns den Titel zu holen. Warum? Weil an unseren Werten niemand vorbeikommt. Und weil wir schon dreimal Weltmeister waren. Exportweltmeister, Fußballweltmeister, Moralweltmeister.
Nachher: Leider zu viele individuelle Fehler. Aber wir waren eindeutig überlegen. Und die Moral hat gestimmt.
II.
Vergessen haben wir: Erstens kommt das Fressen, zweitens die Moral. Auf dem Platz und neben dem Platz erst recht. Die Spieler hielten sich mit der rechten Hand den vorschriftsmäßig linken Mund zu. Die meisten Kommentator*innen begrüßten, dass sich die Spieler „etwas einfallen“ ließen. Leider nicht mit dem Ball. Dass sie „ein Zeichen“ setzten. Ja, im Zeichensetzen sind wir noch immer Spitze. Zeichen, die zwar irgend etwas bedeuten, aber nichts bewirken. Weil man mit Zeichen nichts gewinnt. Mit der Hand vor dem stummen Mund protestierten die deutschen Nationalspieler nur gegen ihre eigene Mutlosigkeit. Sie hätten ja beizeiten reden können. Oder sich wenigstens nicht ablenken lassen vom Infantino-Theater.
Ging es wirklich auch um Fußball? Die Nachrichtenshows handelten auch noch nach der Niederlage gegen Japan mehr von der schlichten Geste als vom tatsächlichen Match. Das affige Mannschaftsfoto ist das Einzige, was von der WM der Deutschen in Erinnerung bleiben wird. Und diese absurde Binde, die nicht einmal getragen wurde, außer von der Sportministerin auf der Tribüne. Infantino schüttelte sich vor Lachen.
III.
Die Deutschen haben etwas völlig Neues eingeführt: Verlieren für die Menschenrechte. Das ist wahres Heldentum! Die Mannschaft hat gar nicht gegen Japan verloren, sondern, wie ein öffentlich-rechtlicher Reporter vollmundig behauptete, „gegen die Fifa gewonnen“. Sie hat auf dem Platz der Fifa eine Lektion erteilt. Absichtlich daneben geschossen. Die Mannschaft hat ihre Überlegenheit aus moralischen Gründen selbst boykottiert. Die Niederlage war eine Form des Protestes. Die Fußball-WM muss bald ohne sie stattfinden. Aus dieser Perspektive hat sie alles richtig gemacht. So ist es doch gewesen! Oder hat am Ende doch Friedrich Merz Recht, der am selben Tag im Bundestag zum Kanzler sagte: „Sie können es wahrscheinlich nicht besser!“?
IV.
Einige Millionen Bundestrainer wissen es besser. Sie haben gesehen, wie professionell Spanien aufgetreten ist. Es ist ihnen nicht entgangen, wie das deutsche Spiel vercoacht worden ist. Im Unterschied zu Olaf Scholz hat Hansi Flick schon gezeigt, dass er es besser kann. Der hätte Lambrecht und Lauterbach längst ausgewechselt. Der Mannschaft fehlte ein Habeck. Der hätte wortreich erklärt, warum man nicht gewinnen konnte/durfte. Vor den Deutschen hat schon länger niemand mehr Respekt. Und nun machen sie sich auch noch selbst zum Gespött. Auf und neben dem Platz. In Katar und Berlin.
V.
Deutsche Sprichwörter:
Besiege dich selbst, und du wirst deinen Gegner besiegen.
Hochmut kommt vor dem Fall.
Dummheit und Stolz sind vom selben Holz.
Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.
Schadenfreude ist die schönste Freude.