Ein Sommerloch ist in der Politik das, was ganz früher einmal Saure-Gurken-Zeit genannt wurde. Inzwischen haben aber die Regierenden nicht mehr alle Gurken im Glas. Und sauer sind nur noch die Bürger. Aber, Bürger! Hört die Signale.
I.
Alle, die es schwer haben, Gehör zu finden (Hinterbänkler, Außenseiter, Phantasten, politische Geisterfahrer, Verlorene und die FDP), machen nun Vorschläge – und werden mangels anderer Geräusche gehört, gedruckt und diskutiert. Denn Zeitungen und Sendungen müssen jeden Tag voll werden. Meistens sind die Forderungen leicht durchschaubar. Sie werden geäußert, gerade weil keine Chance besteht, sie umzusetzen. Das macht sie absolut risikofrei. Für kurze Zeit schaffen sie Aufmerksamkeit, dann verschwinden sie sang- und klanglos im Bermudadreieck der Realität. Das gilt auch für den Vorschlag aus den Reihen der FDP, das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung abzuschaffen. Leider sind es nur Wahlkampfsprüche. Weniger fordern, mehr durchsetzen, wäre besser. Aber prinzipiell ist die Idee nicht verkehrt. Sie geht nur nicht weit genug.
II.
Die Abschaffung des Ministeriums wäre aus mehreren Gründen zu begrüßen. Erstens, weil es in den vergangenen Jahren degeneriert ist zu einem postkolonialen Schuldministerium. Nur, dass in den produzierten Säcken nicht Asche herum geschleppt wird – na ja, eben doch auch Asche in Form von Geld. Die Verteidiger des Ministeriums argumentieren mit deutschem Kolonialismus und Völkermord. Es ist absurd, Wirtschaftshilfe als eine Art Buße zu betrachten statt als das, als so, wie sie überall sonst auf der Welt verstanden wird: als Interessenpolitik. Also auch und vor allem als Teil der Außenpolitik. Schon deshalb sollte die Entwicklungshilfe komplett vom Auswärtigen Amt organisiert werden. Das Ministerium ist ideologisch versaut, gleich in doppelter Hinsicht.
Zweitens also: Entwicklungshilfe ist fast vollständig ein Hilfsorgan der Klimapolitik geworden. Radwege in Peru und betrügerische Projekte in China belegen den Irrsinn. Drittens hat Entwicklungshilfe in der Vergangenheit Entwicklung eher verhindert. Das Konzept funktioniert nicht. Es gilt, Marktkräfte zu befreien, nicht Abhängigkeit zu erzeugen. Viertens: Die anderen EU-Staaten haben auch kein eigenes Entwicklungshilfeministerium, und niemand kommt dort auf die Idee, eines zu schaffen. Fünftens: Wer mit der Straffung des Beamtenapparats anfangen will, muss ganz oben anfangen. Weniger Häuptlinge, weniger überflüssige Posten, nicht nur bei der Entwicklungshilfe, aber auch dort. Auch wenn viele schöne Dienstreisen in exotische Länder damit leider wegfallen. Sechstens: Bei der Entwicklungshilfe wurde der Etat schon gekürzt, aber das kann nur der Anfang sein.
III.
Doch wenn wir schon beim Zusammenlegen von Ministerien sind, dann böten sich noch ganz andere Möglichkeiten an. Das Umweltministerium und das ihm angeschlossene Bundesumweltamt ist eine Kaderschmiede der großen Transformation – also der Deindustrialisierung und bürokratischen Gängelung der Bevölkerung. Es kann nicht weg, es muss weg. Was von vernünftigem Umweltschutz bleibt, ist Wirtschaftspolitik. Zum Wirtschaftsministerium sollte auch das Bauministerium geschlagen werden. Es hat seinen Zweck nicht nur vollkommen verfehlt, sondern die Wohnungskrise erheblich gesteigert. Auch die Landwirtschaft ist ein – relativ kleiner – Sektor der Wirtschaft, der Überwiegend in Brüssel gesteuert wird. Planwirtschaft für Bauern, Ernährungsregeln für Bürger: Beides kann ersatzlos weg.
In besseren Zeiten der Bonner Republik waren öfters Wirtschafts- und Finanzministerium unter einem Dach vereint – nicht zum Schaden der deutschen Wirtschaft, denn ausgeben kann der Staat nur, was vorher erwirtschaftet wurde. Vom Familien-, Frauen- und Gedönsministerium, einem feministischen Selbstbedienungsladen, müssen wir nicht länger sprechen – es sollte zum Sozialministerium geschlagen werden. Gegen die Bildungskatastrophe und die Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit hilft kein Bildungs- und Forschungsministerium. Und wenn dann noch mit der Entbürokratisierung ernst gemacht würde, könnte auch die Hälfte des Justizministeriums entlassen werden. Alles zusammen wäre ein großer Schritt hin zu weniger Staat.
IV.
Dann könnte auch das Kanzleramt viele seiner aufgeblasenen Spiegelreferate dicht machen und bräuchte keinen milliardenteuren Anbau. So, wie es in der Ampel läuft, muss man sich ohnehin ernsthaft fragen, ob es ein Kanzleramt noch braucht. Dazu müsste ja erst einmal der Kanzler seine Richtlinienkompetenz nutzen können/dürfen/wollen. Satire im Sommerloch? Wenn es wenigstens zum Lachen wäre.