Noch ehe in den USA alle Stimmen gezählt waren, stürzte in Deutschland die Ampel-Regierung. An einem einzigen Tag zwei Niederlagen des links-grün-woken Lagers.
I.
Olaf Scholz ist nicht an Christian Lindner gescheitert. Die Ampel war vom ersten Tag an ein größenwahnsinniger Umsturzversuch. Gescheitert ist der Kanzler an der Unfähigkeit zu führen und an der fundamentalistischen Inbrunst seiner Politik. Er hat nicht, wie es in der parteiischen ARD-Tagesschau hieß, „die Reißleine“ gezogen. Scholz kam mit Lindners Entlassung dem unvermeidlichen Bruch seiner Regierung und dem Rücktritt des Finanzministers zuvor. Das Spiel ist bekannt. Auch 1982 scheiterte Schmidt nicht an den Liberalen, sondern an den Linken der eigenen Partei. Aber die falsche Legende lebt bis heute. Nur das Ende war damals anders. Hans-Dietrich Genscher und Otto Graf Lambsdorff traten schneller zurück, als Kanzler Helmut Schmidt sie feuern konnte. Sie hatten es einfacher: Als neuer Partner der Unionsparteien blieb die FDP an der Regierung, Sie musste einfach nur Helmut Kohl zum Kanzler wählen.
II.
Scholz missbraucht die Spielregeln, wenn er erst im Januar die Vertrauensfrage stellen will, noch ein halbes Jahr lang weiter wursteln und sich partout an sein Amt klammern will. Da zeigt sich, dass er nie etwas anderes gewesen ist, als ein tricksender Winkeladvokat. Dass der ehemalige SPD-Politiker Steinmeier sein Spiel abnickt, beweist – ein weiteres Mal – die Parteilichkeit des Bundespräsidenten. Verräterisch waren sein Gesicht und seine bockige Einsilbigkeit, als er Lindner die Entlassungsurkunde überreichte. Sein Wort von der „politischen Krise“ ist Unsinn. Eine Krise haben nur die Regierungsparteien. Aber es gibt keine politische Krise. Vielmehr ist der Sturz der Regierung ein Akt der Befreiung.
III.
Der Auftrag geht an den demokratischen Souverän. Wahlen so schnell wie möglich. Der Zeitplan ist die einzige noch offene Frage. Warum sich Scholz dagegen sperrt, ist klar. Je schneller gewählt wird, desto stärker wirkt sein Scheitern. Je länger der Wahlkampf dauert, desto größer die Gefahr für seinen Herausforderer Merz, Fehler zu machen. Da er über keine Mehrheit im Bundestag verfügt, benötigt Scholz für jedes Vorhaben – etwa die Verabschiedung des Haushalts – seinen voraussichtlichen Nachfolger. Der wird, wie zu befürchten ist, mit sich handeln lassen, braucht er doch vermutlich die SPD für seine eigene Koalition. Aber er wird darauf bestehen, so rasch wie möglich ins Amt zu kommen.
IV.
Wahrscheinlich wird die FDP bei den Wahlen aus dem Bundestag ausscheiden. Christian Lindner ist die einzige der drei Hauptfiguren, die Einblicke in ihren Seelenzustand zugelassen hat. Anders als Scholz, dessen inszenierter Zorn nach Vergeltung schreit. Klar, auch Lindner hat sich „in anderen“, also im Kanzler „getäuscht“, doch immerhin zeigt er so etwas wie Einsicht. Während Habeck die Lage des Landes immer noch staatstragend beschönigt, bekennt Lindner seine eigenen Fehler. Zu lange habe er sich auf den falschen Kurs der Ampel eingelassen, ihn mitgetragen, zu spät Konsequenzen gezogen. Das alles habe ihn „menschlich aufgerieben“. Mea culpa. Grob formuliert: Lindner lässt die Hosen herunter. Auf Mitleid aber kann er nicht setzen. Die Mainstreammedien sehen in ihm den starrköpfigen Bremser, den unsozialen und klimaschädlichen Zerstörer der „Fortschrittskoalition“. Womöglich sogar mit Erfolg, denn die Deutschen halten es mit ihrem Präsidenten und sehen in Lindner – erste Umfragen belegen es – den Verursacher einer Krise. Aber wenn die FDP die einzige Chance nutzen will, die sie nicht mehr hat, kann sie doch wenigstens das Verdienst verbuchen, die Ampel beendet zu haben.
V.
Womit wir wieder bei Trump wären. Sein Sieg bedeutet die Niederlage des woken, postdemokratischen Milieus. Die Linksliberalen haben in den USA die Lufthoheit im Kulturkampf verloren. Deutschland hat weder eine Figur wie Trump, noch ein Amt mit dessen Machtfülle, noch ein Zweiparteiensystem. Die deutsche Demokratie zwingt zu Koalitionen und zu immer wieder neuen Konsensbemühungen. Deshalb gibt es hierzulande keine radikale Wende. Dennoch dreht sich der Wind. Das ist auch daran zu sehen, wie sich „Kanzlerkandidat“ Habeck gerade bemüht, in ein bürgerliches Kostüm zu schlüpfen. Der Kulturkampf ist noch nicht zu Ende. Gewinnen kann ihn das liberal-konservative Bürgertum nur, wenn es sich nicht länger zurückhält. Die Schläfrigkeit der Wähler ist eine Gefahr, die vor fast zweihundert Jahren schon Alexis de Tocqueville in Amerika beobachtet hatte. Diese Schwäche der Demokratie hat sich immer wieder bestätigt. Die staatshörigen Deutschen ließen sich von Angela Merkel in die Privatsphäre zurückdrängen. Dann fielen sie auf den sanften Despotismus der grünen Ampel herein. Bis die ihre Erziehungsmaßnahmen überzog, und der Niedergang des Landes nicht mehr zu übersehen ist. Damit ist jetzt hoffentlich Schluss. Die Ereignisse in den USA sollten die Deutschen ermuntern.