Die Erregungsspirale ist nicht mehr zu steigern. Die Hysterie produziert derzeit auf vielen Feldern Rekordhitze. Früher sagte man Hochsommer, heute Hitzewelle. Wer diesen Sommer noch begrüßt, ist ein Klimaleugner. Die Hitze trocknet nicht allein Wälder, sondern vor allem die Vernunft aus. Das hat Auswirkungen auf beiden Seiten der Debatte. Auch die Klimahysterieverächter werden leicht hysterisch. Sie lassen sich anstecken, untertreiben, wo andere übertreiben. Vertragen selbst nicht die Hitze der Auseinandersetzung. Alle verschanzen sich in ihren Meinungsblasen. Früher gab es allenfalls hitzige Debatten, heute entfacht der Klimawandel die Flammen eines Religionskriegs.
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Dieser Sommer wird als Waffe missbraucht. Die Fundamentalisten würden jetzt am liebsten das Arbeiten verbieten. Die Steuer- und Abgabenschraube wird angezogen. Der Klimawandel wird als schärfste Waffe gegen die freie Marktwirtschaft benutzt. Im Namen des Klimas sollen Planwirtschaft und Enteignung gesellschaftsfähig werden. Deshalb wird Panik geschürt.
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Doch es gibt nicht nur die Irren, sondern auch die Mehrheit der Irritierten. Schon richtig: Man darf das Meinungsklima nicht den Katastrophenpredigern überlassen. Aber die Befürchtungen der Bevölkerung lassen sich nicht wegwischen. Es genügt nicht, auch etwa hier bei TE, immer nur wieder die eigene Gemeinde zu beschallen und zu agitieren. Es geht darum, die verunsicherte Mitte zu überzeugen. Wir brauchen wieder eine offene Debatte. Wie kommt man zu ihr zurück? Ideologische Schlachten bringen nichts. Es helfen nur Argumente, immer wieder Argumente. Sie werden weder die roten noch die grünen Ideologen überzeugen. Der globale Temperaturanstieg ist aber nicht zu ignorieren. Die Vernunft kommt nicht dadurch zurück in die Debatte, dass die Hysterie mit eiskaltem Zorn beantwortet wird.
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Auch auf anderen Politikfeldern herrscht zu viel Fanatismus. Die Scheinheiligkeit der Seenotdebatte, das Ungenügen der EU-Asylpolitik, die Ignoranz gegenüber berechtigten Interessen und Befürchtungen der Einheimischen wird zurecht beklagt. Aber man gewinnt nicht die Hoheit in der Debatte zurück, wenn man etwa die Ausländerkriminalität zur größten aller Bedrohungen erklärt und Panik schürt. Das Verschweigen durchbrechen: Ja. Der Realität Raum verschaffen: Unbedingt. Aber nicht mit Schaum vor dem Mund und dem selben moralisierenden Eifer wie die Lobby der Asyleinwanderung.
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Leichter gesagt als getan. Versachlichung war gestern. Der Hunger nach Emotionalität bestimmt heute das Klima. Ein Hitzerekord jagt den nächsten. Je lauter, greller, dramatischer, desto bedeutender kommen sich die Marktschreier selber vor. Als Retter der Nation, ach was, der ganzen Menschheit. Was keinen Unterschied macht. Eine humanitäre Großmacht wollen die Klimaretter und Grenzöffner sein. Größenwahn führt zu Selbstzerstörung, auch das wäre nichts Neues. Wer sich moralisch überlegen fühlt, nimmt keine Rücksicht auf Kosten, die andere bezahlen.
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Und trotzdem, ob es uns gefällt oder nicht, wir müssen miteinander auskommen. Die bürgerlich-konservative Haltung ist auch in dieser Schlacht eine Frage des Tons. Contenance: Ja, bitte. Appeasement: Nein, danke. Überlassen wir das Kreischen den Baerbocks und Hofreiters, den fleisch(hauer)losen SPON-Kommentatoren, den Verbotspredigern der ARD, den Opportunisten aller Parteien, die die hemmungslose Infantilisierung der Politik betreiben. Resignieren gilt nicht. Der Spalt in der Gesellschaft lässt sich weder zuschütten noch ignorieren. Ohne Brücken aber wird es nicht gehen.
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Die Welt bleibt nicht stehen. Die Folgen der Energie- und Klimapolitik werden die Wähler stärker beeindrucken als warme Sommer. Der technologische und demographische Wandel wird mit hysterischem Aktionismus nicht zu bewältigen sein. Dann hat die Vernunft wieder eine Chance. Wäre jetzt nicht sinnvoll, die weitere Nutzung der Kernenergie ins Spiel zu bringen? Wenn der Klimawandel als die alles andere überragende Gefährdung der Menschheit gilt, darf das kein Tabu mehr sein.