Tichys Einblick
Herles fällt auf

Merkel darf nicht weg – schon gar nicht nach Brüssel

Frau M verkörpert geradezu den Turmbau zu Brüssel. Dort wird in vielen Sprachen viel geredet und nichts mehr verstanden. Der Turm wächst immer höher. Oben ist er schon ein Wolkenkuckucksheim, unten geben schon die Fundamente nach.

Ich hatte ja versprochen, mich an dieser Stelle eine Weile nicht mehr mit Frau M zu lang-weilen. Soll ich mich statt dessen vielleicht mit der Wespenhysterie sommermüder deutscher Klimaopfer befassen oder gar mit der präsidial verbürgten Wesensverwandtschaft von Butterkuchen und Baklava? Mit anderen Worten, mir fällt zwar zu Frau M nichts mehr ein, zu allem anderen aber auch nicht. Reden wir nicht lange herum: Was wirklich Klicks bringt sind Personalspekulationen. Hier deshalb einige Überlegungen zur weltbewegenden Frage: Soll sich Frau M für den Posten der Präsidentin der Europäischen Kommission selbst ins Spiel bringen?

I.

Mein erster Gedanke: Super Idee, für die es zahllose gute Gründe gibt. Der erste lautet:

Merkel muss weg. Der zweite: Merkel muss weg. Der dritte: Merkel muss weg.

II.

Wäre Merkel weg aus Berlin, würde sie ihr Werk in Brüssel fortsetzen können. Sie würde also in Brüssel so weiter machen, wie sie in Berlin aufhört, und ein beeindruckend nachhaltiges Werk der Zerstörung vollenden. Vorsicht! Nur, weil ich bei TE schreibe, bin ich noch lange kein Feind der Europäischen Union. Ich wünsche ihr alles erdenklich Gute. Man müsste die EU nur vom Kopf auf die Beine stellen, vom Wasserkopf in Brüssel auf die Beine seiner Regionen. Es darf nicht weitergehen wie bisher, Frau M aber wäre ein großes Weiterso. Statt Vertiefen plus Erweitern vielleicht erst einmal: Sichern, was gefährdet ist, nämlich den Zusammenhalt des Ganzen. Dafür sorgen, dass die EU den Bürgern keine Angst mehr macht, sondern mehr Zuvertrauen gibt. Man will doch kein Schaf als Gärtnerin.

III.

Aber wäre es nicht konsequent? Die Krönung der heimlichen Königin von Europa? Ir-gendwie schon. Frau M verkörpert geradezu den Turmbau zu Brüssel. Dort wird in vielen Sprachen viel geredet und nichts mehr verstanden. Der Turm wächst immer höher. Oben ist er schon ein Wolkenkuckucksheim, unten geben schon die Fundamente nach. Und was ist mit den alten Gewissheiten? Das berühmte Dogma: Scheitert die Merkel, scheitert Europa? Verblasst! Eher stimmt das Gegenteil: Scheitert Merkel, kann Europa durchatmen.

IV.

Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein: Nur wer das Zeug zum Kanzler hat, hat auch die Befähigung zum Kommissionspräsidenten der EU. Nehmen wir die anderen bisher genannten deutschen Kandidaten kurz durch. Ursel von der Leyen und Peter Altmeier sind nur Lakaien Merkels. CSU-Weber ist auch nicht durch Eigenständigkeit aufgefallen und ein EU-Apparatschik. Keiner von den Dreien wäre auch nur annähernd als Kanzlerkandidat/in vermittelbar. Also bleibt nur Frau M. Hat sie wirklich das Zeug zur Kanzlerin?

V.

Braucht die EU eine deutsche Präsidentschaft? Mir wäre ein deutscher Bankchef lieber. Man hört, Frau M verzichtet auf den deutschen Kandidaten Weidmann. Sie war ja auch mit Draghi ganz zufrieden. Aber es ist ohnehin die falsche Frage. Die richtige lautet: Was bringt es Deutschland, wenn eine/r Deutsche/r in Brüssel Kommissionspräsident wird? Ehrliche Antwort: Nichts. An die Spitze der EU gehört kein/e Mann/Frau, der/die einen Riesenrucksack nationaler Interessen mit sich herumträgt, die er/sie ohnehin nicht durchsetzen kann, Besser wäre wieder jemand aus einem kleinen Land. Junckers Problem ist ja nicht, dass er Luxemburger ist, sondern ein Präsident von Merkels Gnaden.

VI.

Macht Frau M sich Richtung Brüssel aus dem Staub? Man sollte ihr nicht gestatten, auf diese Weise ihrem Sturz zu entgehen. Sie muss Kanzlerin bleiben, weil wir uns das Ende nicht entgehen lassen wollen. Wir haben sie so lange ausgehalten, wir hätten das nicht verdient.

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