Tichys Einblick
Wenn schon, denn schon

Jeden Tag Feiertag

Was irritiert, ist die Tatsache, dass am Tag der Frauen auch die Männer frei haben. Und überdies die vielen Geschlechter zwischen Mann und Frau leer ausgehen. Es braucht einen zusätzlichen queeren Transgender-Feiertag an der Spree.

Werter Herr Tichy,

leider muss ich Ihnen mitteilen, dass heute Herles ausfällt. Wie Sie wissen, halte ich mich in Berlin auf, das den gestrigen Freitag, also den Tag vor Erscheinen meiner Kolumne, zum arbeitsfreien Feiertag erklärt hat. Ich könnte es mit meiner staatsbürgerlichen Gesinnung nicht vereinbaren, dagegen zu verstoßen. Wie käme ich als alter, weißer Mann dazu, ausgerechnet den Frauentag durch Arbeit an einem Artikel zu sabotieren!

Ich verstehe nur nicht ganz, wieso es noch immer DER Feiertag heißen soll. Nun könnte man einwenden, in der Hauptstadt sei jeder Tag eine Art Feiertag zu Ehren Berlins, der feierfreudigen Berliner, aber auch weil sich ohnehin nichts bewegt, und es sowieso egal ist. Aber ich will nicht polemisieren. Ich schweige zur Ehre der Frauen.

Was mich freilich irritiert, ist die Tatsache, dass am Tag der Frauen auch die Männer frei haben. Und überdies die vielen Geschlechter zwischen Mann und Frau leer ausgehen. Ich plädiere hiermit für einen zusätzlichen queeren Transgender-Feiertag an der Spree. Es stünde TE gut an, sich dafür nach Kräften einzusetzen. Auch AKK wird sich des Problems gewiss gern annehmen, schon um Buße für ihren unverzeihlichen Fastnachtsscherz zu tun.

Im übrigen finde ich, dass der Gerechtigkeit noch lange nicht Genüge getan ist. Zweiundfünfzig mal im Jahr begehen wir den Tag des Herrn, nur einmal den der Frau. Sollte man nicht jeden Freitag zum Tag der Frau machen? Dafür sprächen auch praktische Überlegungen. Es würde, erstens, unseren muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern gerecht, und zweitens fügte sich der Frauenfeierfreitag bestens in die Freizeitplanungen der Hauptstädter.

Das Wochenende begänne dann praktischerweise am Donnerstag mittag. Dann wäre die Siebentagewoche genau in der Mitte geteilt und würde der einem Industrieland angemessenen Work-Life-Balance endlich gerecht.

Das notwendige Klima-Rettungs-Schwänzen müsste dann allerdings auf einen anderen Tag verlegt werden, sagen wir auf den Montag. Die traditionellen Montagsdemos würden damit von ihrer rechtsradikalen Tradition befreit und die gesamte Bevölkerung könnte sich anschließen.

Nicht vergessen werden sollte bei dieser Gelegenheit und in diesem Sinne ein autofreier Tag. Das öffentliche Leben könnte getrost pausieren und die berühmte Berliner Luft davon profitieren. Wie wäre es mit dem Dienstag?

Bliebe der Mittwoch. In der neuen Regelung gewissermaßen ein Art Brückentag. Freilich bedeutete es unangemessenen Stress, an diesem einen Tag alles erledigen zu wollen. Die Berliner Behörden würden zurecht überlastet, überfordert sie doch schon das Arbeitstempo der fünftägigen Arbeitswoche. Die Vorteile wären aber nicht von der Hand zu weisen. Man könnte notfalls den Mittwoch zusätzlich zum Tag des Stromausfalls erklären, und schon wäre die Lage wieder ganz entspannt.

So bitte ich Sie um Verständnis für den Ausfall meiner Einfälle
und verbleibe hochachtungsvoll

Ihr Wolfgang Herles


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