Tichys Einblick
Weil Leben Nähe ist, nicht Distanz.

Heute mal optimistisch: Corona – ein Dogma verblasst

Menschenleben zählen noch immer. Vorsicht ist nicht sinnlos. Aber immer mehr Zeitgenossen verlieren den Glauben an die Logik der Dogmatiker. Nein, das Virus lässt sich nicht besiegen. Doch wir können mit dem Virus leben.

Wir – ob wie es einsahen oder nicht – waren eineinhalb Jahre lang behindert, physisch und zunehmend auch im Kopf. Immer höher wurden die geistigen Mauern gezogen. Man hat versucht, das Virus auszusperren – und sperrte dabei vor allem das Leben aus. Wer anders dachte als die Vordenker und Nachbeter, war nicht bei Trost oder ein Unmensch. Doch wenn nicht alles täuscht, verlieren die Inzidenzstalinisten gerade die Lufthoheit.

I.

Menschenleben zählen. Alles andere zählt nicht. Vorsicht ist der einzige Ratgeber. Angst ist nicht nur erlaubt, sondern geboten: Das waren die Paradigmen der C-Politik. Paradigmen sind nicht in Frage zu stellende Grundlagen von Entscheidungen. Deshalb werden sie schnell zum Dogma, zur Glaubenslehre. Wer Paradigmenwechsel fordert, will meist nur ein Dogma durch ein anderes ersetzen. Was gerade passiert, ist kein Paradigmenwechsel. Menschenleben zählen noch immer. Vorsicht ist nicht sinnlos. Aber immer mehr Zeitgenossen verlieren den Glauben an die Logik der Dogmatiker. Nein, das Virus lässt sich nicht besiegen. Doch wir können mit dem Virus leben.

II.

Es wurde ja immer behauptet, man folge nur der Faktenlage „der“ Wissenschaft. Keine Lüge war größer als diese. Was noch schlimmer war: Dieses Paradigma hat beiden geschadet, der Politik wie der Wissenschaft. Virologen und Mathematiker sonnten sich in ihrer Bedeutung. Deshalb ließen sie sich von der Politik korrumpieren, die ihnen so viel Macht verlieh. Sie bestanden darauf, Recht zu haben, und verabschiedeten sich damit als seriöse Forscher. Denn Wissenschaftler falsifizieren ihre eigenen Behauptungen. Sie lassen andere Meinungen zu. Und die Politik gab den Löffel ab, indem sie sich hinter der vermeintlich objektiven Wissenschaft verschanzte.

III.

Eineinhalb Jahre lang hat man praktisch nur darüber geredet, wie Ansteckung um jeden Preis zu vermeiden sei. Nicht darüber, wie man die Krankheit am besten behandelt. So hat auch die Medizin Menschenleben auf dem Gewissen. Heute wissen wir, dass zu viele Kranke zu schnell in Intensivstationen gesteckt wurden. Dass ein großer Prozentsatz der schweren Fälle an den Nebenwirkungen der Beatmungstortur gestorben sind, nicht am Virus. Asthmasprays hätten oft besser geholfen. Statt dessen hat man Schwachen, Alten, Vorerkrankten Unmenschliches zugemutet. Auch die Medizin ließ sich von der Panik anstecken. Medizin und Politik hätten schneller lernen müssen und lernen können, wie man mit dem Virus lebt. Man war auf die Belastung des Gesundheitssystems fixiert, nicht auf die Belastung der Gesellschaft. Wissenschaftler, die früher schon den Ball flach halten wollten, wurden nicht ernst genommen, Länder, die es versuchten, wurden beschimpft. Es bleibt die Gewissheit, dass die Welt versagt hat vor einer vorhersehbaren Gefahr.

IV.

Nun sind die Zeichen der Zeit unübersehbar. Großbritanniens Premier Johnson will alle Maßnahmen, die er selbst verhängt hat, beenden – trotz steigender Inzidenzzahlen. Er wird Schule machen. Der künftige Kanzler Laschet rückt ab von der Politik seiner Vorgängerin, lockert in NRW ebenso wie Manu Dreyer in Rheinland-Pfalz. Söder kapiert nichts und wird dafür die Quittung in Bayern bekommen. Zwangsneurotiker und Corona-Populisten beherrschen nicht mehr die Debatte. Wir sind gut beraten, uns nicht von der nächsten Welle verrückt machen zu lassen. Obwohl sie kommen wird. Weil der Freiheitsentzug nicht geholfen hat. Weil das Maßnahmenchaos nicht zu rechtfertigen ist. Weil das Versagen der Politik unübersehbar ist. Weil Angstkultur keine Kultur ist, sondern Kultur zerstört. Weil die Geduld zu Ende ist. Weil „Wir bleiben zuhause“ keine Normalität sein darf. Weil Leben Nähe ist, nicht Distanz. Weil Gesicht zeigen normal ist, nicht Gesichter verdecken.

V.

Ist das allzu optimistisch? Umfragen zeigen, wie tief die Angst sitzt, die die meisten Medien in die Köpfe der Bürger getrommelt haben. Die meisten trauen sich noch immer nicht in Gesellschaft, desinfizieren Hand und Herz, Umfragen belegen es. Coronagespenst Lauterbach geistert noch immer durch die Talkshows und schwadroniert öffentlich davon, dass er gern Gesundheitsminister werden würde. Es hört sich an wie eine Drohung. Die regierenden Zwangsneurotiker und ihr Medientross finden noch immer Gehör. Auch in dieser Hinsicht ist das Land gespaltener denn je. Was da nachwirkt, ist die wahre Katastrophe.

Anzeige
Die mobile Version verlassen