Hallo! Ist da wer? Wir betreten das Kanzleramt. Niemand da? Es wäre ja nur allzu verständlich, wenn die Hausherrin nach den sauren Wochen des Amtserhaltungsmarathons in die große Frühjahrsmüdigkeit abgeglitten wäre. Schlafdefizit. Schnarcht da jemand? Der neue Kanzleramtsminister – hat den schon mal jemand gesehen?
I.
Wann soll denn Ruhe einkehren, wenn nicht jetzt, da kaum etwas los ist auf der Welt. Jedenfalls ist weit und breit nichts zu sehen, wozu die deutsche Regierungschefin sich verhalten müsste. Es reicht, wenn sie sich hält, da wo sie ist. Halten, nicht Verhalten! Noch gefährlicher wäre eine Haltung. Zeigt sie mal eine – „wir schaffen das“ – , ist kein Halten mehr und alles geht in die Hose. Besser, man hält sich ein Kabinett, in dem sich jeder verhalten darf, wie er mag. Über Ostern gab es ein paar Tage zur freien Gestaltung.
II.
Wie gesagt, ist ja nicht viel los. Und wenn was los ist, dann ganz weit weg. Donald und Xi. Die zwei Weltökonomen der letzten beiden Weltmächte. Ein halbwegs demokratischer Trumpel und ein halbwegs kommunistischer Diktator. Da sieht man gerne zu und ist froh, dass einen das nichts angeht. Hauptsache, wir zahlen keine Strafzölle. Hauptsache, wir machen mit China Bombengeschäfte. Und das bisschen Knowhowtransfer hat es immer gegeben. Marco Polo schon hat den Chinesen die Pasta geklaut, und die Seide kam auch nicht von allein. Die Chinesen wollen nicht mit leeren Händen dastehen, wenn sie die Weltmärkte aufrollen. Und im übrigen steht darüber gar nichts im Koalitionsvertrag. Was dort nicht steht, ist nicht von Belang.
III.
Horst darf jetzt auch mal. Wenn er unbedingt so tun will, als sei alles anders, nur weil er jetzt im Innenministerium sitzt. Gut, zuvor, als noch kein Politiker den Job machte, sondern ein Beamter, dessen Namen wir schon vergessen haben, ging es lautloser zu. Aber regen wir uns nicht auf, am Ende wird der Seehofer wieder eingefangen und zu Auslegeware verarbeitet, spätestens nach der Landtagswahl in Bayern läuft sich auf ihm wieder rund. Die CSU lässt die Koalition nicht platzen, wetten, dass! Warum also sollte sich die Kanzlerin jetzt einmischen. Je zuverlässiger SPD und CSU einander blockieren, desto einfacher für sie.
IV.
Die Sozis beschäftigten sich ohnehin mit sich selbst. Die machen das ganz großartig, wenn sie alles durcheinander bringen. Ist garantiert kein Zufall, dass sie systematisch dafür sorgen, dass die Leute zwischen „bedingungslosem Grundeinkommen“ und „solidarischem Grundeinkommen“ nicht mehr unterscheiden können. Umso besser. Dann muss man auch nicht mehr lang und breit diskutieren, wie der Sozialstaat künftig in der digitalen Arbeitswelt finanziert werden soll. Diese Science-Fiction-Debatten machen die Leute nur kirre. Und was soll´s, bis es so weit ist, sitzt AM schon lange nicht mehr hier im Kanzleramt, sondern lässt sich von ihrem Küchenroboter Kartoffelsuppe machen, handgestampft statt gemixt.
V.
Ach so, die Russen. Die einstige Weltmacht. Warum regen wir uns eigentlich darüber auf, dass ein ehemaliger Geheimdienstagent im Kreml sich so verhält wie ein ehemaliger Geheimdienstagent? Die Sache in England kommt zwar ungelegen. Aber gelegen kommt am Ende nichts. Gegen die Giftgas-Lüge, mit deren Hilfe die USA über den Irak hergefallen sind, sind Putins Lügen gar nichts, wenn es überhaupt Lügen sind. Wir machen uns am besten so klein wie möglich. Kleinstmöglich ist Merkels Strichmännchen Maas. Er darf ein wenig tönen, wenn er mag. Aber möglichst weit von hier, warum nicht in Jordanien.
VI.
Manche Unannehmlichkeit erledigt sich ganz von allein. Auf die unabhängige deutsche Justiz ist meistens Verlass. Sie wäscht Puigdemont den Pelz, aber macht ihn nicht nass. Wir tun einfach so, als habe das alles mit Politik nichts zu tun. Und mit der Zukunft Europas sowieso nicht. Wir verderben es uns nicht mit den Nationalisten in Madrid und mit den Nationalisten in Barcelona auch nicht.
VII.
Und soll ruhig auch Jens Spahn weiter viele Interviews geben, bis niemand mehr weiß, dass er eigentlich noch der Gesundheitsminister ist! Umso besser, muss er gar nicht erst entlassen werden – er war ja nie richtig im Amt. Die meisten Dinge erledigen sich ganz von allein. Das Wort Haltung steckt schließlich auch in Heraushalten. Ich halte mich, weil ich mich heraushalte. Auch aus dieser sogenannten Wertedebatte in der Union. Das bin ich mir wert. Großes Merkelsches Ehrenwort.