Tichys Einblick
Herles fällt auf

Ein bayerisches Requiem

Die CSU hat die Lufthoheit über den Stammtischen kampflos aufgegeben. Sie streitet nicht mehr, weil sie selbst nicht mehr zu wissen scheint, wofür.

Die Partei, die die schöne Bonner Republik entscheidend mit erfunden hat, gibt es nicht mehr. Abgewickelt. Die schöne Bonner Republik ist es ja auch. Ob es das schöne Bayern noch gibt, ist derzeit umstritten, unabhängig davon, wie man zu der Partei steht, die es angeblich erfunden hat. Vor der Bayernwahl wird das Requiem gelesen. Dies irae. Der jüngste Wahltag naht.

I.

Was ist der CSU vorzuwerfen? Selbstzufriedenheit, Selbstgefälligkeit. Laptop und Lederhose, ein wohlfeiler Slogan. Ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort plus Folklore ist zu wenig. Dem Verlust von „Heimat“ hat auch die Staatspartei des Freistaats wenig entgegen gesetzt. Das bayerische Lebensgefühl erodiert seit Jahren. Es reicht nicht, ökonomisch Klassenbester zu sein. Anderssein ist kein Automatismus, Bayern und seine ehemalige Staatspartei müssen auch anders sein wollen. Sie hat die Lufthoheit über den Stammtischen kampflos aufgegeben. Sie streitet nicht mehr, weil sie selbst nicht mehr zu wissen scheint, wofür.

II.

Bayern hat sich verändert. Um Stoiber zu persiflieren: Es ist durchrasst und durchmischt von Preußen und Ostdeutschen. Alle perfekt integriert, aber nicht assimiliert. Wie auch? Mentalität lässt sich nicht verordnen, das Miasanmia-Gefühl entsprang einer tausendjährigen Geschichte. Offenbar zählt sie nichts mehr. Auch dies ein Bildungsnotstand. Statt dessen ein „Notfalls-sind-wir-die-letzten-Preußen“-Nationalismus (FJS). Bayern wird nur gegen einen aufgeblasenen Berlin-Nationalismus sein oder es wird nicht sein. Das hat die CSU niemals wirklich kapiert. München müsste sich als Gegenberlin positionieren: nicht nur ökonomisch, auch ideologisch und kulturell den Wettstreit aufnehmen. Vor allem darf es sich die Bildung, die letzte Domäne der Länder, nicht aus der Hand nehmen lassen. Leuchtkraft ist mehr als Reichtum.

III.

Wer eigenständig sein will, darf nicht nur darüber bramarbasieren, er muss dafür auch etwas tun. Seehofer hat das Zerstörungswerk Merkels mitzuverantworten. In allen entscheidenden Momenten ist er eingeknickt. Die vermeintlich wirtschaftsfreundliche CSU hat nicht widerstanden, als Merkel daran ging, die Autoindustrie zu schleifen und die verfehlte Energiewende zu inszenieren. Und beim Thema Migration hat sie sich in der entscheidenden Phase weggeduckt. Willkommen im Merkelland. Nie hat sich die CSU den irrealen Berliner Sonderwegen verweigert.

IV.

Früher konnte man sich an der CSU reiben. Heute bietet sie kaum noch Reibungsflächen. Ohne Reibung kann auch die Gegenkultur nicht existieren, mit der Bayern eben so glänzte. Das Scharfrichterhaus in Passau, die Biermöslblasen, Dramatiker wie Kroetz und Achterbusch, Regisseure wie Fassbinder sind ohne Feindbild CSU nicht denkbar gewesen. Die CSU taugt nicht einmal mehr als Feindbild.

V.

Die Grünen als weiß-blaue Regierungspartei sind ein Albtraum. Die Liberalitas Bavarica verkommt zum Folksong. Der Staat bläht sich auf zum Besserwisser und kassiert die Bürger ab. Die bayerischen Grünen haben sich das von ihrem neuen Küstenayatollah Habeck ja schon ins Pflichtenheft für die Koalitionsverhandlungen diktieren lassen. Bayern drohen baden-württembergische Verhältnisse, der Abschied vom Erfolgsmodell. Der fränkische Protestant und Patentopportunist Söder frisst für die Macht schon jetzt jeden Morgen ein Pfund Kreide. Bald kommen noch Kröten zur Diät.


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