Deutschland verzehrt seine Substanz. Das Geschäftsmodell der Exportnation bricht zusammen. Die Wohlstandsmaschine Wachstum wird irreparabel beschädigt. Statt sich mit aller Kraft gegen den Verfall zu stemmen, predigen die Mitverursacher der Katastrophe Umbau und Verzicht. Und das Volk? Fügt sich und schweigt. Das ist die wahre Katastrophe: die innere Lähmung des Landes. Die Schwäche der einst stärksten Volkswirtschaft der EU schwächt auch die Gemeinschaft.
I.
Ursachen und Verursacher sind bekannt: Wohl und Wehe gekoppelt an China, das Märkte und Warenströme blockiert. Abhängigkeit von russischer Energie. Die Inflation schlägt auf den Binnenmarkt. Den Niedergang allein mit Chinas Corona-Diktatur und Russlands Krieg zu erklären, ist Teil der Selbsttäuschung. Im Standortwettbewerb fällt Deutschland aus hausgemachten Gründen zurück: die höchsten Energiekosten dank verpfuschter Energiewende und einer weltweit einzigartig monströsen Verhinderungsbürokratie. Kein Zufall: Es sind die beiden Hauptinstrumente derjenigen, die sich offenbar nichts sehnlicher wünschen als eine Deindustrialisierung Deutschlands. Verschärfend hinzu kommt Fachkräftemangel, verursacht von einem Mix aus desaströser Bildungspolitik, einem ausbeuterischen Steuersystem, dysfunktionaler Sozialsysteme, falscher Einwanderungspolitik. Anstrengung wird selten honoriert.
II.
Abgesehen von Estland wächst derzeit keine europäische Wirtschaft langsamer als die deutsche, nirgends ist die Inflation höher. Das Land rauscht mit Karacho in die Rezession. Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, die Automobilindustrie, wird gnadenlos geopfert. Statt technologieoffen dem Verbrennungsmotor eine umweltfreundliche Zukunft zu ermöglichen, setzt das Land allein auf Strom. Aber nur aus Windkraft. Der nächste vorhersehbare Mangel ist einem einzigen Grund geschuldet: der irrationalen Verteufelung der Kernenergie, über die die Welt den Kopf schüttelt. Frankreichs Klimabilanz fällt deutlich besser aus. Der Niedergang Deutschlands ist die Folge einer unheilvollen Mischung aus Besserwisserei, Überheblichkeit und grünem Fundamentalismus. Immer weniger Investoren wollen und können unter diesen Bedingungen in Deutschland Unternehmen ansiedeln. Auch in dieser Hinsicht fällt Deutschland gegenüber Frankreich und Großbritannien zurück.
III.
Unvermeidbare Folge ist das sinkende Standing des Landes. Galt Kanzlerin Merkel in völliger Fehleinschätzung noch als internationale Führungskraft, kann ihr Nachfolger Scholz nicht länger verbergen, dass er den kranken Mann Europas darstellt. Die Multikrise hat mit der Wachstumsschwäche vor zwanzig Jahren nichts gemeinsam, als das Land schon einmal als „kranker Mann“ bezeichnet wurde. Damals zog es sich mit entschlossenen Reformen unter Kanzler Schröder an den eigenen Haaren aus dem Sumpf – und begab sich gleichzeitig in heute beklagte Abhängigkeiten. Es ist nicht erkennbar, wie Deutschland in absehbarer Zeit gesunden soll, es hat dafür nicht einmal einen Plan. Das Land fügt sich ins hausgemachte Verhängnis. Es lauscht ergriffen den Märchenstunden ihres Wirtschaftsministers und dem gesammelten Schweigen des Kanzlers. Friedhofsruhe breitet sich aus.
IV.
Die Deutschen waren immer stolz darauf, Mustereuropäer zu sein. Diese Selbsttäuschung bricht unter den Tatsachen zusammen. So wird Deutschland unweigerlich in wenigen Jahren zur Belastung der EU, der größte Zahler selbst zum Hilfsbedürftigen. Verblasst damit die Selbsteinschätzung der Deutschen, die Besten zu sein? Wie lange noch werden sie aus alter Gewohnheit die Schuld bei anderen suchen? Den liederlichen Italienern etwa, die angeblich den Euro ruinieren? Der EU, die unter tatkräftiger Mitwirkung Deutschlands auf den falschen Weg geraten ist und sich als reformunfähig erweist? Die EU taugt zwar nicht mehr viel, ganz gewiss aber nicht zum Sündenbock. Deutschland hätte unter den gegenwärtigen politischen Verhältnissen auch nicht besser gewirtschaftet. Die wachsende D-Mark-Nostalgie ist Illusion. Die Euro-Schwäche hat viele, auch deutsche Ursachen. Der Euro war der Preis der Wiedervereinigung. Der Währungsunion fehlten und fehlen die politischen Voraussetzungen. Die falsche Politik der Zentralbank wurde von Deutschland stets mitgetragen.
V.
Das Wohlstandsniveau der Bundesrepublik wird sich nach unten nivellieren. Die Deutschen werden sich nicht länger an Niederländern, Österreichern, Skandinaviern orientieren können, sondern da wiederfinden, wo etwa Spanier und Italiener sind. Nur mit einem wesentlichen Unterschied. Spanier und Italiener sind trotz des ständigen Missvergnügens mit der Politik insgesamt zufriedener. Ihre Resilienz ist besser, weil sie sich weniger stur auf ihren Staat verlassen und ihm weniger ergeben gehorchen. Sie besitzen mehr, zum Beispiel Häuser, werden von Großfamilien getragen. Die Deutschen sind total abhängig von einem übermächtigen Staat mit zunehmender Kommandowirtschaft. Auch wenn er nicht mehr viel taugt, achten sie seine Autorität und halten in Treue still.