Tichys Einblick
Gemeint ist Zwang

Der „Transformations-Soli“ droht

Mit Hilfe bewusster Sprachpolitik soll das Denken manipuliert werden, um die wahren politischen Absichten zu verschleiern. Das steckt hinter dem euphemistischen Geschwurbel der Gesellschaftsveränderer. Von wegen Soli-darität.

Ein neuer Propagandabegriff aus dem Arsenal des übergriffigen Versagerstaates ist da, erfunden, um zu täuschen. Ein neues Instrument, ersonnen, um zu stehlen. Es stand neulich im Zentrum des sogenannten Debattenkonvents der Kanzlerpartei SPD. Zwei alte Wörter, die, neu kombiniert, die nächste Umdrehung staatlicher Übergriffigkeit auf einen verlogenen Begriff bringen. Der Transformations-Soli soll her.

I.

Soli! Soli-darität. Ein Wort, das erst einmal angenehm auf der Zunge zergeht. Das große WIR ist schwer in Mode, das Unterhaken. Aber eben auf Befehl. Solidarität gibt es nur freiwillig. Sie ist die Grundlage guter Taten und sozialer Verantwortung. Der Soli aber ist purer Zwang. Nach diesem Muster könnte man auch die Fernsehzwangsgebühren Soli nennen; warum nicht Demokratiesoli? Der Begriff Soli ist Betrug. Die Diebesbeute wird als Geschenk deklariert, der Raubzug kommt als Bittgesuch daher, Enteignung als Erleichterung. Soll die SPD, wenn ihr nichts anderes mehr einfällt, „normale“ Steuererhöhungen fordern, aber bitte die Steuerzahler nicht auch noch verhöhnen. Das ist angeblich mündigen Bürgern gegenüber unwürdig.

II.

Den bereits bestehenden Soli – offiziell: Zuschlag zur Einkommens- und Körperschaftssteuer – gibt es seit 1991. Damals hatte die Regierung Kohl die Kosten des Aufbaus Ost sträflich unterschätzt, wollte es aber nicht zugeben. Deshalb hat sie dreist behauptet, der neuerliche Zugriff auf die Geldbörsen der Bürger sei dem Irakkrieg geschuldet. Der Soli sollte auf ein Jahr befristet sein. Er existiert, erst seit 1995 dann doch offiziell den Kosten der deutschen Einheit geschuldet, nunmehr unbefristet, lediglich 1998 geringfügig von 7,5 Prozent auf 5,5 Prozent gesenkt. Jetzt, da seine Abschaffung für 2023 versprochen ist – auf Drängen des Bundesrechnungshofs und aufgrund zunehmender verfassungsrechtlicher Bedenken –, fällt den Ampel-Raubrittern rechtzeitig ein neuer Soli ein, auch, wenn sie es noch leugnen. Aber wozu gibt es die fünf Wirtschafts-„Weisen“, auch sie beizeiten der grün-roten Agenda gemäß umbesetzt? Die liefern nun Argumente für einen neuen Soli, den sie Energiesoli nennen.

III.

Der zweite irreführende Begriff lautet Transformation. Was ist das? Doch wohl das Bekenntnis, dass dieses Land, so wie es seit sieben Jahrzehnten gediehen ist, nicht bleiben soll. Auch der Begriff Transformation verschleiert etwas. Eben nicht nur Wandel (den es immer gab), sondern Abbau, Niedergang, Verlust. In diesem Sinne will die Mehrheit gewiss nicht transformiert und schon gar nicht dafür auch noch zur Kasse gebeten werden. Ihre Ersparnisse werden ganz ohne Transformationspathos vernichtet, und sie können nichts dagegen tun. Der aufgeklärte Bürger ist nicht gegen jede Transformation. Er will nur eine andere. Nicht Transformation als Umerziehung. Nicht Transformation als Vergewaltigung der bürgerlichen Mitte, die vom Glaubensbekenntnis der Klimakirche drangsaliert wird. Kein Transformationssoli als Neidabgabe. Zur materiellen kommt die geistige Übergriffigkeit. Machen wir uns nichts vor: Es wird nicht nur die sogenannten Besserverdienenden oder gar Wohlhabenden treffen.

IV.

Das ist das weitere, tiefer gehende Ärgernis, das den leisen doch steten Umsturz in diesem Land begleitet: der Einsatz der Sprache als Mittel des Zwangs. Der Bürger soll nicht mehr sagen, was ist, ganz im Sinne des Neusprech in George Orwells dystopischem Roman „1984“. Mit Hilfe bewusster Sprachpolitik soll das Denken manipuliert werden um die wahren politischen Absichten zu verschleiern. Das steckt hinter dem euphemistischen Geschwurbel der Gesellschaftsveränderer. Es ist eine zusätzliche Demütigung des Bürgers. Victor Klemperer hat solchen Missbrauch der deutschen Sprache unnachahmlich beschrieben, unter den Nazis (Tagebücher) wie unter der DDR-Diktatur (lingua quarti imperii). Klemperer lebt nicht mehr. Eine Fortsetzung seines Werks aber ist fällig.

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