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AKK: Außer Kontrolle und ohne Konzept

Die Nachfolgerin schleudert schon aus der Kurve, obwohl ihre Kiste noch im Schritttempo dahin schleicht. Ihre Vorgängerin fährt derweil am Himmelfahrtstag ins Elysium des Nachruhms auf. Einen größeren Schaden kann sie ihrer Partei nicht mehr zufügen.

Die Nachfolgerin schleudert schon schon aus der Kurve, obwohl ihre Kiste noch im Schritttempo dahin schleicht. Ihre Vorgängerin fährt derweil am Himmelfahrtstag ins Elysium des Nachruhms auf. Einen größeren Schaden kann sie ihrer Partei nicht mehr zufügen.

I.

AKK wird nun auch für das geprügelt, was nicht sie, sondern AM zu verantworten hat. Das muss sie sich selbst zuschreiben, da sie sich nicht schnell und gründlich genug von der Vorgängerin emanzipiert hat. Ihr Hauptfehler: Zu warten bis Merkel geruht, das Kanzleramt freiwillig aufzugeben. Je länger das dauert, desto mehr wird AKK zermerkelt. Siebzig Prozent der Bundesbürger halten sie jetzt schon nicht für die Richtige im Kanzleramt. Nicht einmal die Mehrheit der CDU-Anhänger tut es.

II.

Sie folgt den falschen Ratgebern in Partei und Medien. Zugegeben, ihnen zu widersprechen ist nicht leicht, da die Erhöhung der Kanzlerin zur Ehre der Altäre schon zu Amtszeiten in vollem Gang ist. Wie die deutschen Leitmedien über Merkels Rede in Harvard berichten, spottet jeder Beschreibung. Es waren platte Lebensweisheiten, wie sie jeder gewöhnliche, irdische Mensch von sich geben könnte, dass es keinen Anfang gebe ohne Ende, etc. Über Merkel aber heißt es nun, sie sei „ungewohnt philosophisch“ daher gekommen (Die Welt). Sie habe „über letzte Dinge“ gesprochen, sich „als metaphysische Person“ gezeigt, als „in Teilen spirituelles Wesen“ (Süddeutsche Zeitung). Es kommen einem die Tränen. Nur leider nützt die Heilige Angela ihrer Partei nichts mehr. Im Gegenteil. Wenn etwa die FAZ sie für ihre Gelassenheit bewundert. Merkel habe am Ende der Debatten ohne sich einzumischen „als Stimme der Vernunft ihr salomonisches Urteil gefällt.“ AKK, die sich in manches Gefecht stürzen muss, ob sie will oder nicht, kann das nur als Häme empfinden.

III.

Friedrich Merz trifft ins Zentrum des Merkelschen Versagens, wenn er bilanziert, nach vierzehn Jahren Klimakanzlerin habe Deutschland die Klimaziele verfehlt, dafür aber die höchsten Strompreise, und die CDU die kulturelle und strategische Kontrolle über das Thema verloren. Diese Analyse hätte aus AKKs Mund kommen müssen. Leider hat Merz auf dem Bundesparteitag versagt. Hätte er sich nach seiner knappen Niederlage gegen AKK zum Vizevorsitzenden wählen lassen, stünde er heute als alternativer Kanzlerkandidat in den Startlöchern. Ein Problem der CDU: die Stimmung auf Bundesparteitagen mit der Realität im ganzen Land zu verwechseln.

IV.

AKK und Andrea Nahles erscheinen als in entscheidenden Punkten sehr ähnlich. Zwei Frauen an der Spitze der beiden Volksparteien in der Endphase ihrer historischen Rolle. Zwei schwache, ratlose Figuren, Kompromisskandidaten, die die Spaltung ihrer Parteien nicht mehr bemänteln können. Gleichwohl vor Ehrgeiz berstend, eben Funktionärskreaturen wie aus dem Bilderbuch. Anders als Philosophin Merkel in Harvard behauptet, gibt es für sie nur noch ein Ende, ehe sie überhaupt richtig angefangen haben.

V.

Merkel kämpft seit jeher mit der Syntax der deutschen Sprache wie mit einem Meeresungeheuer. Ins Englische übersetzt, fällt das wohl weniger auf. Jüngst fand sie am Ende eines langen Satzes zur Formulierung, sie habe sich „mit Unsinn auch nicht intensiv befasst“. Fragt sich bloß, was sie alles für Unsinn gehalten hat. Richtig verstanden, hätte sie recht: AKK und ihr Generalsekretär sollten aus Angst, es mit der „Jugend“ zu verscherzen, nicht in jedes Paar Sneaker schlüpfen, die vor der Tür stehen, und damit über jedes Stöckchen stolpern, das man ihnen hinhält. Alle Youtuber zusammen repräsentieren nicht „die Jugend“. Und Argumente werden nicht falsch, nur weil die aktuelle Jugendbewegung sie ignoriert.

VI.

So neu ist das nicht, was unter dem Schlagwort Klima über die deutsche Politik hereinbricht. Zu Zeiten des Kalten Krieges zum Beispiel hieß das Schlagwort Frieden. Auch hinter diesem Begriff stand eine generelle Entfremdung mit den Regierenden und Panikmache, die das Ende der Menschheit beschwor. Nur waren die beiden Volksparteien damals nicht bereit einzuknicken. Die Geschichte gab ihnen Recht, der Kalte Krieg wurde nicht trotz, sondern wegen der Waffen des Westens beendet. Der vernünftige Wandel zu einer Wirtschaft auf der Basis regenerativer Energie wird sich auch ohne Klimapanik vollziehen – falls der technische Fortschritt nicht vorher aus ideologischen Gründen zerstört wird.

VII.

Früher besaßen die deutschen Bundeskanzler einen inneren Kompass, dem sie unbeirrbar folgten, ob sie Helmut Schmidt, Helmut Kohl oder Gerhard Schröder hießen. Merkel dagegen folgt nur dem Navi ihrer Demoskopen. Das ist das Elend der digitalen Welt. Um im Bild zu bleiben: Die politischen Führer irren herum, weil Gefühle nicht als Navi taugen. Mit Karte und Kompass können sie nicht mehr umgehen. Das ist bei AKK nicht anders als es bei Merkel war.


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