Tichys Einblick
Keine Chance

Wie soll die CDU Opposition sein, wo die Ampel weitermacht wie sie?

Merkel, die Mutter der Ampel, hinterlässt nicht nur eine CDU als "orientierungslose und beliebige Truppe", sondern derselben eine Koalitionsregierung namens Ampel, die weitermacht wie Merkel, nur äußerlich anders.

CDU-Bundesparteitag in Hamburg, 07.12.2018

IMAGO / photothek

Aus Georg Gafrons Beitrag, „CDU vor Neuanfang mit ungewissem Ausgang“ zitiere ich zwei Stellen. Eine über Merkel und eine über Merz.

Über Merkel sagt Gafron, „zielstrebig machte sie aus einer konservativ, liberalen und christlichen Partei eine orientierungslose und beliebige Truppe“.

Und zu Merz heißt es: „Es ist keineswegs sicher, ob die CDU auch unter ihm noch die Kraft hat, wieder Profil zu gewinnen. Dass Merz eine reale Chance dazu hat, zeigt das überzeugende Votum der Mitglieder. Ihre Entscheidung kommt auf Grund der Geschichte der handelnden Personen einer im Nachhinein erfolgten Abwahl Merkels durch die eigene Basis gleich.“

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Die Wirkung von Merkel auf die CDU in gut 20 Jahren beschreibt Gafron im Ergebnis sicher zutreffend, was mir fehlt, ist, dass Merkel eine Entwicklung fortsetzte – allerdings radikal – , welche die strukturelle politische DNA der CDU von Anfang ist: Sie wusste nie, wofür sie in der Sache steht. Sie blieb eine Partei ohne Standort. Überdeckt wurde das zuerst durch die Person Konrad Adenauer und dann den Vater des „Wirtschaftswunders“, Ludwig Erhard. Mit dem Verblassen der Strategie der Sozialen Marktwirtschaft  begann der Abstieg der CDU und der Bundesrepublik.

Die CDU hatte zwei Generalsekretäre, die ihr einen Standort geben wollten und dazu auch das Zeug hatten, Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler. Helmut Kohl hat sie beide geholt und beiden nicht erlaubt, der CDU und damit ihn auf einen Standort festzulegen. Gerade Kohl wollte keine andere CDU als die mit dem alleinigen Ziel der Besetzung des Kanzlerstuhles.

Biedenkopf sagte auf dem Hamburger CDU-Bundesparteitag 1973:

„Was sich heute in unserem Land vollzieht, ist eine Revolution neuer Art. Es ist die Revolution der Gesellschaft durch die Sprache. Die gewaltsame Besetzung der Zitadellen staatlicher Macht ist nicht länger Voraussetzung für eine revolutionäre Umwälzung der staatlichen Ordnung. Revolutionen finden heute auf andere Weise statt. Statt der Gebäude der Regierungen werden die Begriffe besetzt, mit denen sie regiert, die Begriffe, mit denen wir unsere staatliche Ordnung, unsere Rechte und Pflichten und unsere Institutionen beschreiben. Die moderne Revolution besetzt sie mit Inhalten, die es uns unmöglich machen, eine freie Gesellschaft zu beschreiben, und es damit auch unmöglich machen, in ihr zu leben.“

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Kohl hatte dieser Revolution nichts entgegenzusetzen, Merkel wollte ihr auch nichts entgegensetzen. Merz könnte ihr selbst dann nichts entgegensetzen, wenn er dazu das Zeug hätte, was er nicht hat. Denn in jedem Fall gibt es keine CDU, die dabei mitmachte. Ihre Berufspolitiker und Funktionäre sowieso nicht, verlören sie dabei doch ihre bequemen Existenzen. Und jene Parteimitglieder, die dabei wären, haben gegen den Parteienstaat, Unterabteilung CDU nicht die geringste Chance.

Dass die CDU den Weg der italienischen Democrazia Cristiana geht, wurde ihr schon öfter prophezeit, doch dieses Mal sieht es ganz so aus, als wäre es soweit.

Merkel, die Mutter der Ampel, hinterlässt nicht nur eine CDU als „orientierungslose und beliebige Truppe“, sondern derselben eine Koalitionsregierung namens Ampel, die in allen Politikfeldern weitermacht wie Merkel, nur verschärft. Wie soll die CDU Opposition gegen ihre eigene Politik machen? Ja, wird sie verbal versuchen, aber das wird ihr niemand abnehmen.

Im Bundestag sitzt die Unionsfraktion künftig zwischen AfD und FDP, also rechts des Blocks aus Ampel und Linkspartei. Die CDU sitzt also symbolträchtig am Rande zusammen mit der AfD. Da kann sie sich von dieser so sehr absetzen, wie sie will und darüber vergessen, dass die Aufgabe der Opposition ist, die Regierung zu stellen. Auch wenn ich auf die politische Gesäßgeografie von Links und Rechts und Mitte nichts gebe, Medien, Sozialwissenschaften und Politik selbst tun es, besetzen die Begriffe nicht nur, sondern bestimmen damit die veröffentlichte Meinung – siehe Biedenkopf. Der Countdown bei der CDU läuft.

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