Tichys Einblick
Was Politik nicht können kann

„Krieg gegen das Coronavirus“ und „Bekämpfung des Klimawandels“

Der natürliche Umgang mit einer neuen Krankheit ist schon immer ihre bestmögliche Behandlung mit alten und Suche nach neuen Medikamenten. Der natürliche Umgang mit dem Klimawandel ist vorausschauender Schutz vor seinen Folgen und kluge Nutzung seiner Wirkungen.

Die von dpa flächendeckend verbreitete, von praktisch allen nachgedruckte Meldung einer doch sehr bemerkenswerten Äußerung von Olaf Scholz in einem Interview der NRW-Lokalradios Anfang September 2021 ging ebenso bemerkenswert weitgehend unter: «50 Millionen sind jetzt zwei Mal geimpft. Wir waren ja alle die Versuchskaninchen für diejenigen, die bisher abgewartet haben. Deshalb sage ich als einer dieser 50 Millionen – es ist gut gegangen! Bitte macht mit.»

„Das Virus wird nicht verschwinden, wir müssen mit dem Virus leben lernen.“ So und ähnlich liest sich das immer mal wieder im Zusammenhang mit Corona. Das stimmt seit dem ersten Auftreten dieses Corona-Virus‘, das stimmt bei jedem neuen Virus. Deshalb wäre von Anfang an der richtige Umgang mit SARS-CoV-2 die Behandlung gewesen und jede Anstrengung, diese zu optimieren, statt die Illusion von der „Ausrottung“ des Virus zu nähren und einzig und allein auf Impfen zu setzen.

Doch meine Kritik setzt tiefer an. Der Umgang mit Krankheiten gehört in die Hände von Medizinern und nicht von Politikern und Funktionären – weder national, noch bei der EU und den UN.

Was als erstes passiert, wenn Politiker über medizinische Strategien und Verfahren entscheiden, lässt sich an der eingangs zitierten Äußerung gut zeigen. Das darin enthaltene brisante politische Thema war weder Scholz bewusst, noch ist es einem  anderen in der Öffentlichkeit aufgefallen – gemessen daran, dass sich niemand dazu eingelassen hat. Die einzige politische Reaktion tauchte kurz auf und wieder weg: Der Ausdruck Versuchskaninchen wäre nicht abgebracht. Dass weltweit die massenhafte Anwendung einer neuen Medizintechnik am Menschen erprobt wird, scheint den dafür Verantwortlichen und ihren medialen Unterstützern bemerkenswert selbstverständlich und nicht hinterfragenswert zu sein. Scholz‘ Versuchskaninchen nennt Peter Heller einen hastig durchgeführten Feldversuch.

TE-Autor Peter Heller schrieb am 22. November in Pandemie-Bekämpfung für Fortgeschrittene:

Die mRNA-Methode gestattet eine individuell optimierte Reaktion auf eine bereits erfolgte Ansteckung. Als Instrument der Vorbeugung ist sie ungeeignet. Dieses nun feststehende Ergebnis eines allzu hastig durchgeführten Feldversuches hätten mit ausreichender intellektueller Präzision vorausschauend agierende Regierungen in ihr Kalkül einbeziehen müssen.

Heller hatte davor bei TE am 10. Mai 2020 die mRNA-Methode als medizinische Revolution beschrieben. Wie er sehe ich in der Gentechnik ein großartiges Potential für den technischen Fortschritt in ganz vielen Anwendungsgebieten – nicht zuletzt in der Medizin. So selbstverständlich und nicht hinterfragenswert, wie die mRNA-Methode in ihrer aktuellen Anwendung gegen SARS-CoV-2 im polit-medialen Komplex ist, so selbstverständlich und nicht hinterfragenswert nimmt eben diese Classe Politique seit Jahrzehnten die grüne Verdammung der Gentechnik wie der Atomenergie als richtig und berechtigt hin und teilt unkritisch den alles überwölbenden Glauben an die menschengemachte Erderwärmung.

TE-Autor Marco Gallina schrieb heute zu den Transformationsplänen der Ampelkoalition, der Grünen »Weltenrettungsreflex beruht auf keiner Demut vor der Größe und Schönheit der Schöpfung, sondern auf der Hybris, diese im Zweifel so zu korrigieren und zu schaffen, wie sie es selbst gerne hätten. Sie wissen nicht nur besser, wie andere Menschen leben sollen – sondern auch, wie man die Natur umgestalten muss, um sie zu retten.«

TE-Autor Gerd Held schrieb am 6. September 2019 in Das Klima kann man nicht lenken – aber das Land klimafester machen:

Wir können … sehen, dass die Auseinandersetzung mit dem Klima eine Alltäglichkeit unserer Zivilisation ist. Dazu gehören die Einhegung, Schadensminderung und Reparatur nach kleinen und großen Katastrophen. Die Verteidigung der Deiche bei Hochwasser; die Einhegung und Löschung von Wald- und Moorbränden; die Versorgung alter Menschen bei Hitzewellen; dazu gehört der Aufbau einer robusten Infrastruktur, die längere Zeiten des Drucks und wiederkehrende Krisen aushaltbar machen: Dürreperioden, Hochwasser-Regionen, Erdrutsch- und Lawinen-gefährdete Lagen. Dabei kann es um harte Schutzmauern gehen, aber auch um die Öffnung von Flutungsräumen. Oder um die Veränderung der Baumarten eines Waldes. Alle diese Beispiele haben gemeinsam, dass man nicht versucht, die Probleme gar nicht erst aufkommen zu lassen, sondern dass man die Probleme als gegeben hinnimmt und die Aufgabe als eine Anpassungs-Aufgabe stellt.

Noch einmal Peter Heller in einem seiner anderen Beiträge Das Versagen des Wissenschaftsjournalismus:

Es gibt keine „Klimakrise”. In Wahrheit verbessern sich die Lebensumstände der Menschen auf diesem Planeten mit jedem Tag. Ob Einkommen oder Produktivität, ob Bildung oder Gesundheit, ob Kindersterblichkeit oder Lebenserwartung, in jedem dieser Parameter zeigt sich eine positive Entwicklung seit Jahrzehnten, völlig unabhängig von klimatischen Veränderungen. Und das gilt mit ungebremster Dynamik in allen Weltregionen. Die Probleme, die lokal auftretende Wetterextreme mit sich bringen, sind heute nicht größer als vor hundert oder mehr Jahren. Vielmehr sinken die Risiken durch Naturkatastrophen nachweisbar. Mit technischen Fortschritten und steigendem Wohlstand gehen nun einmal robustere Infrastrukturen, resilientere Versorgungsprozesse und leistungsfähigere Notfallsysteme einher.

Das geistige Format der Absolventen des deutschen Parteienstaates und der vergleichbaren Auswahlanstalten für Berufspolitiker in anderen Ländern ist zu klein, um die Überheblichkeit ihres Weltenrettungsanspruches zu erkennen. Zusammen mit den im selben Geiste gestrickten Journalisten und Funktionären aller Arten sind sie zu zwei Erkenntnissen – vielen anderen voran – nicht in der Lage:

  1. Der natürliche Umgang mit einer neuen Krankheit ist schon immer ihre bestmögliche Behandlung mit alten und Suche nach neuen Medikamenten.
  2. Der natürliche Umgang mit dem Klimawandel ist vorausschauender Schutz vor seinen Folgen und kluge Nutzung seiner Wirkungen.

Ich wiederhole meinen Satz weiter oben: Der Umgang mit Krankheiten gehört in die Hände von Medizinern und nicht von Politikern und Funktionären – weder national, noch bei der EU und den UN. Und erweitere ihn: Der Umgang mit dem Klimawandel gehört in die Hände von politikunabhängigen Wissenschaftlern, Technikern und Unternehmern, nicht von Politikern und Funktionären – weder national, noch bei der EU und den UN.

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