Tichys Einblick
Von wegen Europäischer Geist

Söder – „Als ‚Laggl‘ bezeichnet man in Franken einen langen, haarigen, ungehobelten Burschen“

Was immer von Söders Amtszeit als Ministerpräsident übrig bleiben wird, an seine negativen Verdienste um die bayerisch-tirolischen Beziehungen werden sich die Tiroler noch lange nach dem Ausscheiden des fränkisch-bayrischen Lackls aus der Politik erinnern, weil er höchst nachhaltig alte Vorurteile wiederbelebt hat.

imago/Sven Simon

Jeder kann wählen, ob für ihn Markus Söder nur ein grober Lackl ist, oder in seiner Art des Auftritts gar nichts besonderes, sondern nur so ungehobelt wie heutzutage deutlich mehr Zeitgenossen als früher – oder einfach beides. Passen würde ersteres durchaus, denn in einschlägigen Quellen findet sich die Beschreibung: „Als ‚Laggl‘ bezeichnet man in Franken einen langen, haarigen, ungehobelten Burschen“. Das Wort kommt nach einer gängigen Deutung vom Namen des französischen Generals Mélac, der für Ludwig XIV. 1689 die Pfalz und andere deutsche Landstriche verwüstete; nach Wegfall der unbetonten Vorsilbe „Mé“ wäre dass Schimpfwort Lackl (bairisch) und Laggl (fränkisch) übrig geblieben.

Was immer von Söders Amtszeit als Ministerpräsident übrig bleiben wird, an seine negativen Verdienste um die bayerisch-tirolischen Beziehungen werden sich die Tiroler noch lange nach dem Ausscheiden des fränkisch-bayrischen Lackls aus der Politik erinnern, weil er ebenso grob wie nachhaltig alte Vorurteile wiederbelebt hat. In der Corona-Zeit ließ Söder keine Gelegenheit aus, um auf der Tiroler Seele herumzutrampeln. Alleine seine verbalen Ausfälle gegen Ischgl sind Legion. Für viele, nicht nur in Tirol, sondern in ganz Österreich und über Südtirol ins Trentino bis nach Graubünden hat Söder das Klischee „Saupreuß“ wiederbelebt, hier in der Verfeinerung: Saupreiss, boarischer.

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Eine Unternehmerin aus dem Bezirk Kitzbühel durfte zu einem Geschäftstermin nach Traunstein in Bayern nicht einreisen. Empört wandte sie sich an Landeshauptmann Günther Platter. Doch den traf das Södersche Grenzregime nicht minder. Will man aus Österreichs Westen nach Wien, geht das mit dem Auto am schnellsten, allerdings nur über das sogenannte Große Deutsche Eck: Kufstein – Rosenheim – Salzburg. Unternehmerin wie Landeshauptmann half die Einhaltung der Regeln des Nachbarn nichts, sie durften nicht über die Grenze ins und durchs feindliche bayerische Ausland.

Dem Landeshauptmann teilte die bayerische Staatskanzlei mit, dass das Treffen aller Landeshauptleute mit Bundeskanzler Sebastian Kurz in Wien „beruflich nicht wichtig“ sei und es daher keine Ausnahme gäbe. „Eine Fahrt nach Traunstein zu Geschäftszwecken mit negativem Test ist definitiv als Tiroler nicht möglich. Die Einreise wurde mir aufgrund des Kennzeichens verneint, der Grund meines Geschäftstermins als unwichtig abgetan“, erzählte die Unternehmerin der Tiroler Tageszeitung (TT). Der aktuelle negative Covid-Test und die Terminbestätigung des bayerischen Unternehmens nützte nichts: „Ich wurde von den Polizeibeamten sehr herablassend behandelt und zu guter Letzt mit einer Polizeipatrouille mit Blaulicht an die österreichische Grenze zurückbegleitet.“ Daneben fuhren spanische Reisebusse ungehindert vorbei.

Peter Nindler von der TT schreibt:

„Binationale Lebenspartner trennt plötzlich der Grenzbalken, Pendler und Unternehmer werden in Kiefersfelden schikaniert und die Durchreise über das Deutsche Eck wird vielfach unmöglich gemacht: Polizisten mit Gewehren und Pistolen exekutieren heute ein deutsches Gesicht mitten in einem eigentlich vereinigten Europa.

Kontrollen und negative Corona-Tests bei der Einreise in andere Länder sind sicher nicht das Problem, sondern wären grundsätzlich Teil einer zeitlich befristeten epidemiologischen Lösung in der Pandemie. Damit kann und muss man leben. Doch die deutsche und die bayerische Regierung sanktionieren Tirol mit aller Härte, das hat mit gut nachbarschaftlichen Beziehungen überhaupt nichts mehr zu tun.“

Von der krassen Ungleichbehandlung Tirols durch Bayern gegenüber der französischen Grenzregion Moselle, wo die südafrikanische Coronavirus-Variante bei 60 Prozent aller Infektionen grassiert, reden in Tirol viele. Söder hat sich um die Vergiftung der Stimmung zwischen Bayern und Tirol wahrhaft verdient gemacht. Wie war das noch mal: „Als ‚Laggl‘ bezeichnet man in Franken einen langen, haarigen, ungehobelten Burschen“.

Persönlich kann ich dazu nur sagen, in meinem Tiroler Stammwirtshaus sollte Söder besser nicht einkehren, schon gar nicht, wenn ich auch dort bin.

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