Journalisten, „Experten“, Politiker und so weiter schwadronieren, wer beim vorläufig längsten EU-Gipfel aller Zeiten (EUGaZ) „gewonnen“ hat. Na gut, ich kann mich ja mal beteiligen.
Der italienische Ministerpräsident Conte hat eine Verlängerung seiner Amtszeit gewonnen. Ohne die Milliarden aus dem von Deutschland verbürgten Schuldentopf der EU hätten ihn Italiens Wähler bald aus dem Palazzo Chigi gejagt. Doch ausgeschoben ist nicht aufgehoben. Denn das alte System in Rom garantiert, dass von dem vielen Geld bei den Bürgern und Unternehmen, die es brauchen, am wenigsten ankommen wird.
Für Frankreichs Staatspräsident Macron gilt Ähnliches. Auch mit den deutschen EU-Milliarden kann er die Strukturprobleme seines Landes wie bisher schon gegen den breiten Widerstand aus allen Teilen der französischen Gesellschaft nicht lösen. Nicht nur von den Gelben Westen und aus den migrantischen Gegengesellschaften, sondern aus allen Teilen der Grande Nation hat Macron nur Gegenwind zu erwarten.
Die Premiers von Polen und Ungarn, Morawiecki und Orbán gehören nicht zu den Gewinnern des EUGaZ, auch wenn Medien das so darstellen. Es gab zwar eine Hinterzimmer-Vereinbarung zwischen Merkel, Orbán und Morawiecki, wonach die EU fürs erste die beiden Länder in Ruhe lässt, wenn diese dem Corona-Deal zustimmen. Orbán hatte sich diese Bedingung für Ungarns Zustimmung sogar vom Parlament absegnen lassen. Das verschafft den beiden nur noch kürzer politische Luft als Conte und Macron. Morawiecki und Orbán ist das allerdings so wie auch allen anderen Regierungschefs der EU-Länder, die einst dem Sowjetblock angehörten, egal, denn sie bleiben nur bei der EU, solange es von dort interessant genug viel Geld gibt.
Der Niederlande Ministerpräsident Mark Rutte und Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz kehren vom EUGaZ mit einem Bedeutungsgewinn auf dem internationalen Parkett zurück, was für die beiden mehr zählt als die Beitragsrabatte für ihre Länder. Die Allianz Rutte-Kurz stieg mir in die Nase, als ich die beiden beim Neujahrskonzert 2018 in Wien auffällig unauffällig im mittleren Parkett sitzen sah. Das Experiment der „Sparsamen Vier“, dem sich zum Schluss Finnland als Fünfter anschloss, wird Schule machen. Visegrad gibt es schon. Mal schau’n, wer sich noch mit wem zusammentut, um Macron-Merkel das Ende des langlebigen Diktats von Paris und Berlin nun bei allen EU-Dingen vorzuführen.
Dass Kurz, Rutte und die anderen „Sparsamen“ für ihre Länder ebenfalls finanziell rausholten, was rauszuholen war, versteht sich. „Sparsame“ ist natürlich nicht mehr und nicht weniger als eine ganz gute PR-Formel. Doch um sparsam ging es nicht, sondern um den Anfang einer Strategie gegen die Macron-Merkel-EU. Das hat funktioniert. Nach dem Brexit setzte das den nächsten Meilenstein auf dem Weg weg von dieser EU.