Bekanntlich soll Demokratie der Weg sein, wie der Souverän – das Volk, die Bürger – den politischen Wechsel friedlich zustande bringen kann, also zum Beispiel zu seinem Schutz vor einer versagenden und übergriffigen Regierung einen Wechsel. Die deutsche Nachkriegsdemokratie ist mit dem Grundgesetz unübersehbar nicht zum Schutz des Volkes vor der Regierung ausgestattet worden, sondern zum Schutz der Regierung vor dem Volk.
In meinem Beitrag Die Ampel ist am Ende, aber wenn sie nicht abtreten will … habe ich an den Einsatz des „konstruktiven Misstrauensvotums“ als einziges Mittel des Regierungswechsels durch Willy Brandt, Helmut Kohl und Gerhard Schröder erinnert. Was ich in diesem Beitrag nicht dargestellt habe, war, dass diese Wechsel von Regierungen und Koalitionen am Kurs der bundesdeutschen Politik unter dem Strich nichts bis wenig und im Ergebnis nichts gutes bewirkt haben.
Wie dürfte es jetzt aktuell weitergehen? Das bisher „härteste“ Indiz, dass sich tatsächlich etwas tun könnte, lieferte Thomas Berbner vom NDR: Jakob Fröhlich hat heute detailgetreu erklärt, welche Rolle solch anscheinend überraschende Auftritte von leitenden Staatsfunkern von „ziemlich weit oben in der Nahrungskette“ haben:
Offenbar orientieren sich die ersten Journalisten dieses Apparates jetzt um. Dabei wird die SPD auffällig geschont – man ahnt wohl, dass die Sozialdemokraten auch in einer kommenden Regierung mitmischen dürften. Ins Fadenkreuz sind die Grünen geraten, für sie setzt es Haue. Die Zeichen der Zeit stehen auf Große Koalition, zumindest im „Ersten“.
Ein Versuch würde sich für Olaf Scholz lohnen, seinen Kopf aus der Ampel-Schlinge zu ziehen, ohne dabei persönlich vorerst etwas zu riskieren. Er könnte alle Kabinettsmitglieder oder die grünen und gelben entlassen (formal täte das Bundespräsident Steinmeier), somit den Ampel-Koalitionsvertrag direkt oder indirekt kündigen, und die Vertrauensfrage stellen. Beantworteten 369 Abgeordnete diese positiv, wäre er als Kanzler bestätigt. Für die Abstimmung könnte er sich die Stimmen der Union vorweg sichern, indem er mit ihr den Ersatz der grünen und gelben Minister durch schwarze vereinbart. Will er sich vor Gegenstimmen aus der SPD und Union absichern, kann er die gelben Minister im Amt lassen und nur die grünen entlassen. Letzteres müsste er aber nicht, denn es gibt ausreichend viele MdBs, die den Teufel tun werden, ihrer Pensionshöhe durch Legislaturverkürzung zu schaden.
Bis das über die Bühne wäre, hätten wir Weihnachten, dann folgten dem Wechsel der Minister die der parlamentarischen und beamteten Staatssekretäre und der ganze Personalschwanz hinterher. Die Medien wären mit all dem Zeug vollauf und gerne beschäftigt. Über nichts schreibt sich leichter, schneller und folgenloser als über Personalien und Persönliches. All die unangenehmen Ampel-Themen von Haushalt bis Energie träten eine ganze Weile in den Hintergrund. Damit kämen Scholz und Co. schon mal bis Dreikönig oder auch Ostern. Liefe die Sache nicht ganz so rund, bliebe Scholz immer noch das Verfahren Schröder, um zu Neuwahlen – dann nur noch wenig früher als gesetzlich ohnedies erforderlich – zu kommen.
Na und nach Neuwahlen bliebe es bei Rotschwarz oder Schwarzrot. Und was wäre in dieser Konstellation an politischem Kurs angesagt, jetzt bei fliegendem Koalitionswechsel und später bei fortgesetztem? Grün light.
Also Leute, freut euch nicht zu früh und vor allem nicht zu viel. Trotzdem würde sich etwas ändern, wenn auch nicht annähernd so sehr, wie viele möchten. Die Grünen würden lange Zeit damit beschäftigt sein, ihre tiefen Wunden zu lecken. Ihr Abgang aus der Bundesregierung zöge tiefe Veränderungen in der NGO-Landschaft nach sich. Der Zeitgeist-Block bröselt ohnedies, das Versiegen der Steuergeld-Quellen brächte ihn zum Einsturz in Raten.
Rund um Deutschland herum tut sich viel mehr als in Schlafmichelland – wie wahrscheinlich heute in den Niederlanden nach Italien, Dänemark, Finnland und Schweden, „übermorgen“ in Spanien und Frankreich und so weiter. Weiter weg im Nahen Osten könnte ein entschlossenes Israel über Netanyahu hinweg dem arabischen Expansionsdrang Einhalt gebieten. In den USA wird der nächste Präsident nicht Biden heißen und niemand von den Democrats sein.
Bald ist Weihnachten, mal schau’n, was die politische Bescherung bringt. An solchen Stellen ist es üblich zu sagen, die Hoffnung stirbt zuletzt. Dem widerspreche ich schon immer: Die Hoffnung ist unsterblich.