Nein, es ist nicht meine Absicht, den zahlreichen Argumenten für und gegen „Lockdown“ weitere hinzuzufügen oder gegen sie anzuschreiben. Bei Juristen ist die Formel altbekannt: zwei Juristen, drei Meinungen. In diesen Zeiten wurde klar: drei Mediziner, fünf Meinungen. Im ORF gestern Abend schloss der Moderator der Sendung Zeit im Bild die neueste Nachrichtenlage zur Coronapolitik nach den Expertenmeinungen und Forderungen von Unternehmern und Gewerkschaftern wieder einmal mit dem Satz, „aber das ist eine politische Entscheidung.“
Nichts ist wahrer als das. Denn ob und wieviele Leben eingesperrt werden und wieviel Gesellschaft und Wirtschaft stillgelegt, entscheiden keine Mediziner und andere Experten, sondern Berufspolitiker. Und diese treffen ihre Entscheidungen nach allen möglichen Kriterien, nur nicht nach wissenschaftlichen oder objektiven. Dem Berufspolitiker ist das Wichtigste, sich gegenüber seinen Konkurrenten – vor allem in der eigenen Partei – keine Blöße zu geben. Wie er das erkennen kann? Das sagen ihm die tonangebenden Massenmedien. Aber zurück zur Coronapolitik.
Ich stelle mir gerade vor, was Berufspolitiker tun wollen, wenn sich dieses Bild auch nach Monaten des ganzen oder halben Durch-Impfens der Bürger in ihren Ländern nicht ändert. Noch mehr Impfen?
Meine These ist sehr einfach: Irgendwann geben sie es mit irgendwelchen Begründungen auf, wenn zunehmend ganz offen niemand von den Massen mehr mitmacht, die bis dahin verdeckt nicht mitgemacht, sondern nur so getan und geredet haben, als täten sie es. Beim „Lockdown“ ist es nämlich wie beim Mülltrennen. Die am lautesten dafür sind, überlassen das Tun den anderen.
Wenn der „Lockdown“ vorbei ist, weil er sich totgelaufen hat, werden die Opfer und Folgen dessen bilanziert, was „Lockdown“ hieß und ein Knockdown war. Wer dafür bezahlen muss, ist schwer vorherzusagen – mit einer Ausnahme: Die Bürger zahlen jede Rechnung und vor allem immer das, was sie gar nicht bestellt – aber viel zu lange hingenommen haben.
Ganz egoistisch darf ich sagen: Damit, dass ich nach allem, was ich von 1960 bis 2000 politisch schon gesehen habe, noch einmal derartige Augenöffner erleben darf, hatte ich nicht gerechnet. Doch wie meine Großmutter immer sagte: Der Mensch denkt, Gott lenkt.