Für eine ganze Weile wird man in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts über vor Corona und nach Corona als neuen Abschnitten der Zeitgeschichte sprechen wie vor und nach dem Krieg. Ob es danach anders sein wird, und wenn ja, wo und wie, darüber werden Unzählige reden und schreiben, Dummes und Gescheites, Pessimistisches und Optimistisches.
Denn der Umgang der Regierungen mit der Pandemie weltweit unterscheidet sich im zentralen Punkt so gut wie gar nicht. Alle hatten ihre Gesundheitssysteme auf einen Fall wie die Covid-19-Pandemie nicht vorbereitet (Taiwan und Singapur vielleicht ausgenommen), obwohl alle aus früheren Pandemien wussten, dass dieser Fall jederzeit eintreten kann. Sie haben nicht vorgesorgt. Sie haben sich auf anhaltendes Gesundheits-Schönwetter (mit den gewohnten Grippewellen) verlassen. Sie haben fast überall die Gesundheitssysteme durch leichtfertige Sparmaßnahmen geschwächt. Sie haben Krankenhaus-Kapazitäten verringert, vorhandene Ausrüstung verschenkt oder vernichtet. Mit der sogenannten Weltgesundheitsorganisation (WHO) beweisen die sogenannten Vereinten Nationen (UN) einmal mehr, dass sie eine teure Agentur mächtiger Lobbies von großen Staaten, Konzernen und NGOs sind, und nicht das, was sie vorgeben zu sein. Dass die WHO nun vier Monate nach dem Beginn der neuen Pandemie auf einen Bericht verweist, in dem sie auf die Nichtvorbereitung der Staaten hingewiesen habe, entschuldigt nicht, sondern klagt an: Was hat die WHO getan seit diesem Bericht? Das Gleiche wie die deutsche Regierung und der Bundestag seit der Risikoanalyse von 2012: nichts (Auszug am Ende dieses Beitrags).
Der Harvard Business Review sagt allen, was sie nun tun müssen, nämlich das, was sie schon immer hätten tun müssen: vorbereitet sein.
Emmanuel Macron setzte den Satz: „Nous sommes en guerre“. „Wir sind im Krieg“. Ja, das ist Macron, aber nicht gegen Covid-19, sondern gegen Recht und Freiheit in Frankreich. Nichts fürchtet Macron mehr als das Ende dieses Krieges, denn dann sind die Gelbwesten wieder auf den Straßen und zwar zahlreicher als je zuvor. Und dann ist nicht mal sicher, dass sich die ganze französische Polizei gegen diese voll einsetzen lässt.
In den USA setzt Donald Trump nach einigen Wendungen eine Doppelstrategie ein, die für seine Kampagne zur Wiederwahl der günstigste Weg sein dürfte. Nach seiner anfänglichen Gebärde den Gouverneuren der Bundesstaaten gegenüber, alles hört auf mein Kommando, malt er nur noch Rahmen für Corona-Maßnahmen, verortet aber die Verantwortung ostentativ bei den Gouverneueren allein. Gleichzeitig ermuntert er seine Landsleute, die in einzelnen Bundesstaaten für die Wiederöffnung der Wirtschaft demonstrieren, das von den Gouverneuren der demokratischen Partei weiter zu verlangen. Auch sonst wird Trump alles seiner Wiederwahl unterordnen, was ihn, soviel zur Klarstellung, von Macron bis Merkel von den anderen auf den Regierungsthronen in keinster Weise unterscheidet.
Alle Regierungen und Führungspersonen haben für den jederzeit möglichen Fall einer Pandemie nicht vorgesorgt und führen nun als Rechtfertigung für ihre unglaublich weit gehenden Maßnahmen zur Einschränkung des Lebens ihrer Bürger ins Feld, die Gesundheit der Bürger habe Vorrang. Warum erst jetzt nach dem Eintreten des Falles, für den sie nicht vorgesorgt haben? Weil sie sich vor Corona – strafrechtlich formuliert – grob fahrlässig auf andauerndes Gesundheits-Schönwetter verlassen haben.
Nein, der absolute Vorrang der Regierungen gilt eben nicht der Gesundheit ihrer Bürger, sondern ihrem Populismus der Macht. Der absolute Vorrang aller Regierungen und ihrer Anführer gehört nun während Corona dem Ziel, über dem „Krieg“ gegen Covid-19 ihr vorausgehendes Versagen in vorsorgender Gesundheitspolitik wie ihr Versagen in vielen anderen Fragen vergessen zu machen.
Wer die Kriegsgewinnler dieser Corona-Pandemie in Politik und Gesellschaft, Wirtschaft und Medien sein werden, darüber in einem weiteren Beitrag. Im Moment sind es vor allem die Regierungen und ihre Hofstaaten.
Für heute empfehle ich Ihnen zur Auflockerung eine erfrischend normale Stimme mitten aus dem Volk. Aus dem Volk, das sich in erschreckenden Größenordnungen geschlossen hinter denen zu scharen scheint, die ihrer Vorsorgepflicht nicht nachgekommen sind. Aber das „Kreuziget“ folgte in der Geschichte schon oft ganz plötzlich und unbarmherzig dem „Hosianna“.
Nichts tun und die Folgen auf dem Rücken der Bürger bekämpfen: hier in zwei Auszügen zu studieren
Deutscher Bundestag Drucksache 17/12051 17. Wahlperiode 03. 01. 2013
2.3 Risikoanalyse „Pandemie durch Virus Modi-SARS“
Die Risikoanalyse „Pandemie durch Virus Modi-SARS“ wurde unter fachlicher Federführung des Robert-Koch-Instituts und Mitwirkung weiterer Bundesbehörden (13) durchgeführt.
Auch hier wurde zunächst ein entsprechendes Szenario durch die behördenübergreifende Arbeitsgruppe erarbeitet. Anschließend wurden die anzunehmende Eintrittswahrscheinlichkeit einer solchen Pandemie sowie das bei ihrem Auftreten zu erwartende Schadensausmaß bestimmt.
Das Szenario beschreibt ein außergewöhnliches Seuchengeschehen, das auf der Verbreitung eines neuartigen Erregers basiert. Hierfür wurde der zwar hypothetische, jedoch mit realistischen Eigenschaften versehene Erreger „Modi-SARS“ zugrunde gelegt. Die Wahl eines SARS-ähnlichen Virus erfolgte u. a. vor dem Hintergrund, dass die natürliche Variante 2003 sehr unterschiedliche Gesundheitssysteme schnell an ihre Grenzen gebracht hat. Die Vergangenheit hat bereits gezeigt, dass Erreger mit neuartigen Eigenschaften, die ein schwerwiegendes Seuchenereignis auslösen, plötzlich auftreten können (z. B. SARS-Coronavirus (CoV), H5N1-Influenzavirus, Chikungunya-Virus, HIV).(14) Unter Verwendung vereinfachter Annahmen wurde für dieses Modi-SARS-Virus der hypothetische Verlauf einer Pandemie in Deutschland modelliert, welcher sowohl bundesrelevant als auch plausibel ist.(15)
Das Szenario beschreibt eine von Asien ausgehende, weltweite Verbreitung eines hypothetischen neuen Virus, welches den Namen Modi-SARS-Virus erhält. Mehrere Personen reisen nach Deutschland ein, bevor den Behörden die erste offizielle Warnung durch die WHO zugeht. Darunter sind zwei Infizierte, die durch eine Kombination aus einer großen Anzahl von Kontaktpersonen und hohen Infektiosität stark zur initialen Verbreitung der Infektion in Deutschland beitragen. Obwohl die laut Infektionsschutzgesetz und Pandemieplänen vorgesehenen Maßnahmen durch die Behörden und das Gesundheitssystem schnell und effektiv umgesetzt werden, kann die rasche Verbreitung des Virus aufgrund des kurzen Intervalls zwischen zwei Infektionen nicht effektiv aufgehalten werden. Zum Höhepunkt der ersten Erkrankungswelle nach ca. 300 Tagen sind ca. 6 Millionen Menschen in Deutschland an Modi-SARS erkrankt. Das Gesundheitssystem wird vor immense Herausforderungen gestellt, die nicht bewältigt werden können. Unter der Annahme, dass der Aufrechterhaltung der Funktion lebenswichtiger Infrastrukturen höchste Priorität eingeräumt wird und Schlüsselpositionen weiterhin besetzt bleiben, können in den anderen Infrastruktursektoren großflächige Versorgungsausfälle vermieden werden. Nachdem die erste Welle abklingt, folgen zwei weitere, schwächere Wellen, bis drei Jahre nach dem Auftreten der ersten Erkrankungen ein Impfstoff verfügbar ist. Das Besondere an diesem Ereignis ist, dass es erstens die gesamte Fläche Deutschlands und alle Bevölkerungsgruppen in gleichem Ausmaß betrifft, und zweitens über einen sehr langen Zeitraum auftritt. Bei einem Auftreten einer derartigen Pandemie wäre über einen Zeit-raum von drei Jahren mit drei voneinander getrennten Wellen mit immens hohen Opferzahlen und gravierenden Auswirkungen auf unterschiedliche Schutzgutbereiche zu rechnen.Für dieses Szenario wurden anschließend sowohl die für ein solches Seuchengeschehen anzunehmende Eintrittswahrscheinlichkeit als auch das bei seinem Auftreten zu erwartende Schadensausmaß gemäß der Methode der Risikoanalyse für den Bevölkerungsschutz auf Bundesebene bestimmt. Die Ergebnisse der Risikoanalyse (Eintrittswahrscheinlichkeit, Schadensausmaß, Szenario) sind dem Bericht in Anhang 4 beigefügt.
Anmerkungen:
13 u. a. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, Bundesnetzagentur, Paul-Ehrlich-Institut, Streitkräfteunterstützungskommando der Bundeswehr.
14 Ein aktuelles Beispiel für einen neuauftretenden Erreger ist ein Coronavirus, welches nicht eng mit SARS-CoV verwandt ist. Dieses Virus wurde seit Sommer 2012 bei sechs Patienten nachgewiesen, von denen zwei verstorben sind (Stand 26. November 2012).
15 Für die Modellierung wurde ein Susceptible-Infected-Recovered (SIR)-Modell verwendet, welches mit Stata 12 Software erstellt wurde. Der Verlauf der Pandemie wurde anhand der Bevölkerungsdichte modelliert
Aus: Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012.
4. Schlussfolgerungen für Maßnahmen und offene Kommunikation
4 a. Worst case verdeutlichen!
Wir müssen wegkommen von einer Kommunikation, die auf die Fallsterblichkeitsrate zentriert ist. Bei einer prozentual unerheblich klingenden Fallsterblichkeitsrate, die vor allem die Älteren betrifft, den-ken sich viele dann unbewusst und uneingestanden: «Naja, so werden wir die Alten los, die unsere Wirtschaft nach unten ziehen, wir sind sowieso schon zu viele auf der Erde, und mit ein bisschen Glück erbe ich so schon ein bisschen früher». Diese Mechanismen haben in der Vergangenheit sicher zur Verharmlosung der Epidemie beigetragen.
Um diegewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden:
- Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhausgebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls.Die Bilder aus Italien sind verstörend.
- „Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden“: Falsch. Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.
- Folgeschäden: Auch wenn wir bisher nur Berichte über einzelne Fälle haben, zeichnen sie doch ein alarmierendes Bild. Selbst anscheinend Geheilte nach einem milden Verlauf können anscheinend jederzeit Rückfälle erleben, die dann ganz plötzlich tödlich enden, durch Herzinfarkt oder Lungenversagen, weil das Virus unbemerkt den Weg in die Lunge oder das Herz gefunden hat. Dies mögen Einzelfälle sein, werden aber ständig wie ein Damoklesschwert über denjenigen schweben, die einmal infiziert waren. Eine viel häufigere Folge ist monate- und wahrscheinlich jahrelang anhaltende Müdigkeit und reduzierte Lungenkapazität, wie dies schon oft von SARS-Überlebenden berichtet wurde und auch jetzt bei COVID-19 der Fall ist, obwohl die Dauer natürlich noch nicht abgeschätzt werden kann.
Ausserdem sollte auch historisch argumentiert werden, nach der mathematischen Formel:
2019 = 1919 + 1929
Aus: Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen
https://www.tichyseinblick.de/wp-content/uploads/2020/04/BMI-VS-Masterplan1670.pdf