In Österreich, dem Land, das vom Habsburger Reich übrig blieb, von Frankreichs Ministerpräsident Georges Clemenceau in die schäbige Formel gebracht: „L’Autriche se que reste“, ist Graz die zweitgrößte Stadt. Ihre politische Karriere kann nur absteigend genannt werden. Einst lange Zeit das Zentrum von Innerösterreich, das mit den Herzogtümern Steiermark, Kärnten, Krain und Küstenland ein beträchtliches Territorium umfasste, wurde es zum bevorzugten Wohnort der höheren Chargen in der k.u.k.-Monarchie Militär und Staat, wenn sie in Pension gingen. Dem verdankte die Stadt an der Mur eine mediterrane Architektur und den dazu passenden Lebensstil, die betuchten Pensionäre waren ihn von ihren Posten im Süden gewohnt. 1919 schrumpfte die lange große Steiermark auf Ober- und Mittelsteiermark (die Untersteiermark gehört seit 1919 zu Slowenien und heißt dort Stajerska) und wurde durch die Systemgrenze zu Jugoslawien geografisch Sackgasse. Das änderte sich 1990 mit der Implosion der UdSSR und dem folgenden Ende Jugoslawiens.
In unseren Tagen findet Graz Aufmerksamkeit, weil es sich 2021 eine kommunistische Stadtregierung zulegte. Ich schrieb dazu:
Graz, die zweitgrößte Stadt Österreichs, ist schon seit zwei Jahrzehnten eine Hochburg der Kommunistischen Partei (KPÖ), die im ganzen Land seit der zweiten Nationalratswahl nach dem Abzug der Besatzungsmächte eine Splitterpartei ist. Elke Kahr, Parteichefin der Grazer KPÖ, wird wahrscheinlich den Bürgermeisterstuhl einnehmen. Ihre Partei erreichte bei den Gemeindewahlen 28,9 Prozent, das sind neun Prozentpunkte mehr als beim letzten Mal.
Nun kommentiert die Kronenzeitung:
„In der Zwischenzeit hat sich die Begeisterung gelegt, und das links-links-grüne Experiment steht vor dem Scheitern. Der Landesrechnungshof warnt davor, dass die Liquidität der Stadt Graz schon 2023 nicht gesichert sei, es drohe die Zahlungsunfähigkeit. Na hoppla, das ist aber schnell gegangen – und ist auch außerhalb der Steiermark von allgemeinem Interesse. Gegebenenfalls müsste ein Regierungskommissär das Ruder übernehmen.
So hat man sich die linke Romantik nicht vorgestellt. Die Führung einer so großen Stadt erfordert Professionalität und Disziplin. Jedes größere Unternehmen muss das auch machen, und die meisten Firmen schaffen das zufriedenstellend.“
Der stets aufmerksame Argo Nerd setzte das so ins Bild:
Die kommunistische Stadtregierung versichert, alles im Griff zu haben. Der Standard schreibt: „KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr und Finanzstadtrat Manfred Eber erklärten am Nachmittag in einer gemeinsamen Aussendung, das Grazer Budget für heuer und für das nächste Jahr sei gesichert.“
Ob sich das bewahrheitet oder die Warnung des Rechnungshofs vor der Zahlungsunfähigkeit der steirischen Landeshauptstadt schon im nächsten Jahr, steht noch nicht fest.
Liegt der Rechnungshof richtig, hätte das die Absetzung der Stadtregierung aus KPÖ, Grünen und SPÖ zur Folge, ein (Bundes)Regierungskommissär würde die Agenden übernehmen. Das wäre eine Art Revolution, allerdings keine kommunistische.