Tichys Einblick
Ankündigen, zerreden, nichts tun

Einmal von Dresden und Erfurt über Potsdam nach Berlin

In Brandenburg steht das Demoskometer auf Ampel-Alarm. Dass Woidke und Scholz bei diesen Zahlen mit ihrer SPD vor der AfD landen können wollen, ist wohl nur der Aufrechterhaltung der Moral geschuldet.

picture alliance/dpa | Patrick Pleul

Beim Talk von acht Spitzenkandidaten in Brandenburg über Zuwanderung und Sicherheit kam’s zum Eklat. AfD-Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt verließ nach einer halben Stunde das Gespräch von Tagesspiegel und Potsdamer Neuesten Nachrichten, weil er zu selten an die Reihe kam. „Warum haben Sie nicht nur Herrn Woidke eingeladen?“, fragte er, Woidke hätte die Moderation alleine mehr reden lassen als alle anderen zusammen.

In Thüringen und Sachsen läuft die Suche nach Regierungsmehrheiten. Sachsens CDU-Ministerpräsident Kretschmer will eine „stabile Regierung“ mit BSW und SPD oder BSW und Grünen bilden. Thüringens CDU-Spitzenmann Voigt will auch mit BSW und SPD reden. Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Woidke wäre es recht, daraus würde in Dresden und Erfurt vor der Landtagswahl in Brandenburg am 22. September nichts werden. Seine Chancen stehen insoweit gut.

Woidke, seit 2013 Brandenburgs Ministerpräsident, wiederholte, er tritt ab, wenn die in Umfragen führende AfD stimmenstärkste Partei wird: „Ich persönlich übernehme dafür die Verantwortung. Das werde ich tun. Und deshalb gibt es an dieser Aussage nichts zu deuten“, formulierte Woidke. Davon war in Thüringen beim ohnedies schon illegitimen Die-Linke-Ministerpräsidenten Ramelow keine Rede.

Ich wundere mich die ganze Zeit schon, dass eine Möglichkeit in Erfurt (auch in Dresden) kaum irgendwo aufblitzte. Solange die Landtage dort (und auch in Potsdam nach dem übernächsten Sonntag) keine neuen Ministerpräsidenten wählen, bleiben die jetzigen im Amt. Ramelow ist überall möglich. Übrigens auch später in Bundesberlin. Solange im Bundestag kein neuer Bundeskanzler gewählt wird, heißt er Scholz.

Artikel 67 GG (1) Der Bundestag kann dem Bundeskanzler das Mißtrauen nur dadurch aussprechen, daß er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt und den Bundespräsidenten ersucht, den Bundeskanzler zu entlassen.

In Brandenburg steht das momentane Demoskometer auf Ampel-Alarm. Wie Woidke und Scholz bei diesen Zahlen mit ihrer SPD vor der AfD landen wollen, ist wohl nur der Aufrechterhaltung der Fassade geschuldet.

Dass Woidke und Scholz in der emotional wie sachlich wahlentscheidenden Zuwanderungsfrage genügend Wahlberechtigte so über ihre wahren (Nicht)Absichten hinweg täuschen könnten, dass der SPD genug Stimmen zulaufen, ist sogar nach dem Bild in den braven Medien, selbst dem ÖRR unwahrscheinlich. Der Blick auf die Meinungen zur Masseneinwanderung zeigt das deutlich.

Was an Manipulationen bei Briefwahlen, Urnenwahl, Auszählung und telefonischer Weitergabe der Zählergebnisse möglich ist, wäre reine Spekulation und ist daher seriös nicht möglich. Allein dass der Kauf von Briefwahlunterlagen organisatorisch möglich ist, müsste so sehr beunruhigen, dass anderes als öffentlich überwachte Urnenwahlen, Auszählung und Festellung des Ergebnisses nicht zulässig sein dürfte.

Vor der Landtagswahl in Brandenburg erhalten die im Wahlregister Eingetragenen eine Wahlbenachrichtigung, die bis zum 1. September 2024 verschickt worden sein sollen. Wer noch keine Benachrichtigung erhalten hat, muss zu seiner Gemeinde, um ins Wählerverzeichnis zu kommen. Sonst bleibt er außen vor. Wer sich für Briefwahl entscheidet, kann sein Set einschicken, Stimmabgabe ist aber auch vorab direkt in den Stadt- und Gemeindebehörden möglich. Sonntag, der 22. September ist also nicht der erste, sonden der letzte Wahltag. Wie viele Briefwahlstimmen bis heute schon abgegeben wurden, ist nicht bekannt.

Landeswahlleiter Josef Nußbaum in Brandenburg will sich Zeit mit Ergebnissen lassen, war zu hören. Bei der Landtagswahl in Sachsen wurde ein Softwarefehler als Grund für die falsche Berechnung der Sitze im neuen Landtag angegeben. Brandenburg nutzt laut Nußbaum ein anderes Programm und die Ergebnisse würden manuell nachgerechnet. In Dresden waren zudem Stimmzettel manipuliert. Nach Angaben der Polizei hatten Unbekannte auf Briefwahlzetteln das bereits gesetzte Kreuz überklebt und stattdessen die Kleinstpartei Freie Sachsen angekreuzt. Die Wahlhelfer seien sensibilisiert, auf so etwas zu achten, sagte Nußbaum: „Das wird sicherlich das Auszählprozedere nicht zwingend beschleunigen.“

Unser Wahlverfahrens-Experte hält das für einen weiteren Grund für TE-Leser, sich in Auszählörtlichkeiten der Briefwahlstimmen umzuschauen. Wichtig sei dabei, sofort nach der Zahl der angelieferten Wahlbriefe zu fragen. Der Landeswahlleiter sollte gefragt werden, was es mit dem „anderen Wahlprogramm“ und „manuell nachgerechnet“ auf sich hat, und im Detail:

Anmerkung: Kurz nach Eröffnung des Briefwahlverfahrens in Brandenburg wurde den Medien vermittelt, die Nachfrage nach Briefwahlunterlagen sei sehr groß.

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