Erster Medienaufschlag Katastrophe. Dann folgen die unehrlichen Beteuerungen, die scheinheiligen Friedensworte und das große Abwiegeln. Börsenmeldungen wie diese passen auch dazu: „Dax startet trotz Eskalation zwischen Iran und Israel im Plus.“ Warum trotz? Deswegen, steigen doch die Wettmöglichkeiten in den Börsen genannten Wettbuden. (Übrigens stürzte die iranische Währung Rial am inoffiziellen Markt ab.)
Fest steht, hätte das Teheraner Mullah-Regime Israel schweren Schaden zufügen wollen, hätte es die Hisbollah-Miliz im Libanon mit ihren um die 20.000 Aktiven, etwa 20.000 Reservisten und ihrem Arsenal an Kleinwaffen, Panzern, Drohnen und verschiedenen Langstreckenraketen von der Leine gelassen. Hat Teheran aber nicht, sondern die USA und damit wissentlich auch Israel Tage vorher von ihrem Vorhaben informiert. Die Mullahs wollten, dass die Sache in etwa so abläuft, wie sie es tat. Ein militärischer Test war es nebenbei auch. Nun wissen alle Beteiligten und Beobachter, dass die israelische Armee ohne die Hilfe aus Washington, London, Amman und Riad nicht einen so hohen Anteil von 99 Prozent der 170 Drohnen, über 30 Marschflugkörper und mehr als 120 ballistischen Raketen (welche die Lufträume mehrerer Länder verletzten), hätte unschädlich machen können. Die Kosten für diese Stunden dauernde Verteidigung werden übrigens auf über eine Milliarde US-Dollar geschätzt.
Unabsichtlich stärkt Teheran die Unterstützung der israelischen Regierung daheim für die anhaltende Forderung von Ministerpräsident Netanyahu nach einer Invasion in Rafah, der anscheinend „letzten Hochburg“ der Hamas. Irans Militärschlag zwingt Washington noch mehr in die Region, aus der es einst möglichst raus wollte, und macht die Bemühungen der USA gegen Russland und China noch schwerer.
Flankierend wies UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk (Prototyp des UN- Schmalspurfunktionärs) Vorwürfe der israelischen Regierung zurück, die UN seien im Gazakrieg einseitig, und sagte zum Luftangriff der israelischen Armee auf einen Versorgungskonvoi, bei dem am 1. April sieben Mitarbeiter der NGO „World Food Kitchen“ getötet wurden: „Entscheidend ist hier und in allen anderen Fällen schwerer Menschenrechtsverbrechen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.“ Er erwarte, dass die von Israel angekündigten Schritte zur Untersuchung dieser Tragödie dies tatsächlich bewirken und sich solche Vorfälle nicht wiederholen. „Menschenrechtsverbrechen“ weist nach Den Haag zur Klage Nicaraguas gegen Deutschland.
Hat die Biden-Administration noch mehr als die Wahlen im Sinn, muss sie hier und jetzt die zusätzlichen Hilfen zur Unterstützung Israels durch den Kongress bringen. Ohne sie, vor allem auch der Luftverteidigungsfähigkeiten, könnte schon jetzt ein großregionaler Krieg im Gange sein. Der Stop Harboring Iranian Petroleum (SHIP) Act, der parteiübergreifend im Repräsentantenhaus verabschiedet wurde, muss nun durch den Senat. Diese Gesetzgebung würde den Iran darin behindern, seine Angriffe durch den Verkauf von Öl zu finanzieren, das zu 80 Prozent von China gekauft wird. Und Washington muss ohne weiteren Zeitverzug verhindern, dass der Iran Atomwaffenmacht wird.
Nicht einkalkuliert wird erstens, dass Teheran und Iran nicht identisch sind, und zweitens dass Israel – nicht heute, aber morgen – die Atomwaffenanlagen des Iran oder seine verteidigungsindustrielle Basis direkt angreifen könnte – um so früher, je länger die USA nichts gegen das Werden des Iran zur Atomwaffenmacht tun. Was auch immer Washington vorher beschlossen hätte, es käme aus dem Zugzwang nicht raus, Israel zu folgen.
Im Hintergrund gehen die Fünfergespräche zu einem Waffenstillstand im Gazastreifen und zur Befreiung der israelischen Geiseln weiter. Allerdings weiß die Hamas laut eigenen Angaben nicht mehr mit Gewissheit, dass sie auch nur 40 israelische Geiseln in ihrer Gewalt hätte, die noch am Leben seien und die „humanitären“ Kriterien für derzeit diskutierte Austauschvorschläge mit Israel erfüllen.
In Israel berät das Kriegskabinett wieder weiter, welche Antwort der Iran und wann auf seinen Präzedenz-Direkt-Angriff erhält. Die israelische Regierung könnte diesen Zustand als Etappe im Propagandakrieg auch länger hinziehen. Zusammen mit den neuesten Nachrichten über einen Geisel-Gefangenen-Austausch liegt ein leichter Vorteil im Propagandakrieg zur Zeit bei Israel, bevor er mithilfe des polit-medialen Komplexes im Westen wieder an die Palästinenser-Propaganda zurück fällt.