Geld auf dem Spar-, Tages- oder Festgeldkonto ist jetzt trotz extrem niedriger Zinsen eine besonders intelligente Anlage – als Parkstation. Wer höhere Renditen anstrebt, läuft Gefahr, viel Geld zu verlieren.
Kaum ein Tag vergeht, ohne dass Sparer mit Angeboten zur Geldanlage und Altersvorsorge überschüttet werden. Groß in Mode sind zurzeit Aktien- und Mischfonds, von Fall zu Fall auch offene Immobilienfonds, für reiche Anleger Hedgefonds, Sparprogramme als Altersvorsorge wahlweise betrieblich oder privat, allerlei Versicherungsprodukte mit oder ohne Garantiezins, Zertifikate und nicht zuletzt Direktanlagen in Immobilien, die bislang niemand haben wollte und für die Banken und Sparkassen gern als Vermittler auftreten, um ihren Kunden gleich noch eine Finanzierung aufs Auge zu drücken.
All diese Angebote zu prüfen und auf die eigenen finanziellen Ziele auszurichten, dafür fehlt den meisten Anlegern das Know-how und die Zeit. Mit der Folge, dass sie sich Anlageberatern auf Provisions- oder Honorarbasis, Versicherungsmaklern oder -vertretern, Brokern, Finanzplanern oder sonstigen Repräsentanten der Geldzunft anvertrauen. Also alles in Butter? Von wegen! Nur um einen einfachen Vergleich anzustellen: Wer zum Beispiel Steuererklärungen hasst, weil spätestens beim Ausfüllen von Anlagen wie S, V, KAP oder EÜR der totale Frust einsetzt, wendet sich an einen Steuerberater, der die lästige Arbeit mittels Elster-Software übernimmt und dafür ein Honorar kassiert, fertig. Wer dagegen eine auf die eigenen finanziellen Ziele abgestimmte individuelle Geldanlage sucht, kommt erst gar nicht zum Hassen. Ganz zu schweigen vom Mangel an Anlageexperten, die wie Steuerberater auf vorgefertigten elektronischen Formularen Zahlen eintragen, ihre Häkchen machen würden und dafür ein Honorar bekämen.
Abschreckendes Beispiel Deutsche Bank
Solche Vergleiche lassen sich auch mit manch anderem Beruf anstellen, etwa mit dem des Arztes, Architekten, Handwerkers, Rechtsanwalts, Musikers oder Fußballspielers. Sie alle verrichten ihren Dienst in einem mehr oder weniger etablierten Rahmen. Ärzte erstellen Diagnosen, verschreiben Rezepte und operieren, Architekten lassen Häuser errichten, Handwerker mauern, klempnern, legen Parkettböden oder bauen Heizungen ein. Und so weiter. Sogar der Beruf des Fußballspielers ist etabliert. Nur dass in seinem Umfeld immer wieder spektakuläre Ereignisse stattfinden, von Börsenspielen des Uli Hoeneß bis zu privaten Pleiten einstiger Champions, die erst auf Abschreibungsobjekte in der ostdeutschen Pampa und danach auf Betrügereien mit Aktien am Neuen Markt hereingefallen sind.
Damit wird klar, dass Täter – im Sinn der Berufsausübung – leicht zu Opfern werden können, sobald sie eine höhere Rendite erwirtschaften wollen als das, was ihnen Banken und Sparkassen gerade zu bieten haben. Sie geraten umso eher in die Opferrolle, je vertrauensseliger sie sind. Die Deutsche Bank ging einst auf Kundenfang mit dem Motto: Vertrauen ist der Anfang von allem. Wer diesen Spruch ernst nahm, erzielte mit Sicherheit keine höhere Rendite. Und wer heute den Deutsche Bank-Slogan von der Leistung aus Leidenschaft ernst nimmt, sollte darüber nachdenken, warum wohl dieses einstige Spitzeninstitut jetzt die Dividende ausfallen lassen muss.
Warum Renditevergleiche nichts taugen
Der Begriff Rendite wird überstrapaziert. Umlaufrendite von Anleihen, Dividendenrendite von Aktien, Mietrendite von Immobilien, das und noch mehr mal brutto, mal netto, vor oder nach Steuern gerechnet – und schon kommen Ärzte, Architekten, Musiker und Fußballspieler nicht mehr mit. Für sie zum Trost sei allerdings festgestellt: Anlageberater, Finanzplaner und sonstige vermeintliche Geldprofis in der Regel ebenfalls nicht. Das hat der Beratertrainer Bernd W. Klöckner bereits in den 90er Jahren anhand von Tests ermittelt und darüber gleich mehrere Bücher geschrieben.
Nehmen wir nur mal die Dividendenrendite, weil sie derzeit in aller Munde ist: Dividende je Aktie mal 100 und das Ergebnis geteilt durch den Kurs je Aktie. Herauskommen mögen aktuell realistischerweise 3 Prozent. Doch diese Rendite wackelt wie ein Lämmerschwanz: Steigt der Kurs, fällt die Rendite, fällt er, steigt die Rendite. Aber das ist noch nicht alles; auch die Dividende kann steigen oder fallen (sogar auf null), wenngleich nicht täglich, sondern eher im Jahresrhythmus. Und falls jemand auf die Idee kommt, die Dividendenrendite mit der Umlaufrendite von Bundesanleihen zu vergleichen: Vorsicht, ein Unternehmen, von dem die Dividende stammt, ist im Gegensatz zu Bundesanleihen mit der Körperschaftsteuer vorbelastet! Das heißt, der Vergleich hinkt.
Kontentreue könnte sich schon bald auszahlen
Ähnlich lassen sich weitere Beispiele durchspielen, doch am Ende sind Geldlaien wie auch die sogenannten Geldexperten überwiegend ratlos. Insofern verwundert es kaum, dass die Deutschen trotz extrem niedriger, bis null oder sogar ins Minus gehender Zinsen ihren Spar-, Tages- und Festgeldkonten treu bleiben. Dann verzichten sie zwar auf eine höhere Wackelrendite, können aber gut schlafen und verfügen über ein Liquiditätspolster, das sie später für den Kauf von Aktien nutzen können, sobald deren Kurse mal kräftig gefallen sind.
Die Kontentreue der Deutschen könnte sich eher auszahlen, als ihnen wahrscheinlich bewusst ist. Denn EZB-Präsident Mario Draghi fährt mit seiner Politik des billigen Geldes eine ganz heiße Tour. Das hat schon zu so mancher Kursübertreibung geführt, weil das viele Geld sich zu einem Großteil über die Börse ergießt. Kommt etwas dazwischen, wie im Fall des VW-Abgasskandals, rauscht der Kurs abwärts und die Dividende ist in Gefahr. Zweifellos überdehnt Draghi seine Geldpolitik. Um sie mit einem alten volkswirtschaftlichen Begriff zu charakterisieren: Der Grenznutzen des Geldes nimmt mit dessen Menge ab.
Fazit: Wer heute das Anlagerisiko scheut, wird morgen zu den Gewinnern gehören. Für die Geldanlage auf Konten bedarf es keiner Beratung; dafür reichen die im Internet veröffentlichten Zins-Hitlisten aus. Renditevergleiche verschiedener Anlagen können leicht in die Irre führen. Und die Geduld der Anleger wird sich umso eher auszahlen, je extremer die Geldpolitik der EZB ausartet.
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