Tichys Einblick
WARUM FONDSBRANCHE ZUM DSCHUNGEL GEWORDEN IST

Fonds-Branche: Spiel mit 3 Billionen

Die Fondsbranche sonnt sich in vergangenen Erfolgen. Ihre Bewährungsprobe kommt allerdings erst. Das hat mehrere Gründe.

© Daniel Roland/AFP/Getty Images

Geht es um Fonds, erleben wir von Jahr zu Jahr immer wieder Überraschungen. Zum Beispiel diese: Nach einer aktuellen Untersuchung des deutschen Fondsverbands BVI beträgt der ETF-Anteil am Vermögen von Wertpapier-Publikumsfonds in Deutschland bereits 15 Prozent – relativ gesehen so viel wie in den USA, obwohl die ETF-Mode erst mit Verspätung zu uns geschwappt ist. ETF steht für: Exchange Traded Fund, also börsengehandelter Fonds. Hervorstechende Merkmale sind: Abbildung von Indizes, von bestimmten Anleihen- und Aktiengruppen, Edelmetallen, Rohstoffen, Währungen u.a.

Die ETF-Vielfalt ist gewaltig und damit unübersichtlich. Dennoch schwört die eigentlich auf Anlegerschutz ausgerichtete, zu einem Großteil mit Steuergeldern finanzierte Zeitschrift Finanztest auf ETFs, unter anderem deshalb, weil diese im Gegensatz zu gemanagten Fonds nicht mit unnötigen Ausgabeaufschlägen, Provisionen und Gebühren belastet sind. Dennoch warnt die Commerzbank, Anleger sollten sich „im Vorfeld einer Investition über einige zentrale Kriterien wie beispielsweise die Wahl des zugrunde liegenden Index, Kosten und Gebühren sowie Abbildungsmethoden Gedanken machen“.

Schöne neue Investmentwelt?

Die ursprüngliche Idee hinter ETFs ist im Grunde ganz einfach: Man nehme Indizes wie Dax, Dow Jones oder MSCI World und investiere darin Geld breit gestreut. Die Indexwerte schwanken zwar, aber Anleger haben durch die in ihnen enthaltenen Aktien einen gewissen Risikoausgleich. Ähnliches lässt sich mit anderen Basiswerten oder mit einer Mischung aus ihnen konstruieren. Und wem das Risiko dann immer noch zu hoch erscheint, investiert sein Geld per Dauerauftrag zeitlich gestreckt in mehrere ETF-Sparpläne. Das nennt sich dann Cost Averaging und bedeutet: Der durchschnittliche Einstandspreis ist niedriger, als wenn jemand Geld einmalig zu hohen Fondspreisen in einem ETF (oder in mehreren) angelegt hätte.

Dieser vermeintlich schönen neuen Investmentwelt setzt der BVI gleich ein halbes Dutzend Argumente zugunsten gemanagter Fonds entgegen, speziell bezogen auf Aktienfonds: individuelle Auswahl und Gewichtung, Chance auf Outperformance gegenüber dem Gesamtmarkt, internes oder externes Aktienresearch, Risikomanagement, Absicherung in volatilen Märkten und Ausübung von Stimmrechten.

Eine teure Reform

Der BVI bleibt uns allerdings ein besonders wichtiges Argument schuldig: die Qualität des Fondsmanagers. Für die Fondsgesellschaft Sauren, spezialisiert auf Dachfonds, ist diese sogar das entscheidende Kriterium, ob in einen Unterfonds investiert wird oder nicht. Gute Fondsmanager wechseln schon mal den Arbeitgeber. Ob sie ihre Qualität im neuen Umfeld beibehalten oder ob ihre Nachfolger ebenso erfolgreich sind, bleibt erst mal offen. Zumindest an zwei Erkenntnissen kommen wir nicht vorbei. Erstens: Die meisten Fondsmanager schneiden mit ihren Anlageergebnissen schlechter ab als die Indizes, an denen sie sich messen lassen. Zweitens: Die laufenden Kosten zehren erheblich an den Ergebnissen gemanagter deutscher Aktienfonds, laut BVI mit gut 1,5 Prozent jährlich.

Der Fondsverband versucht deutlich zu machen, dass dies nicht etwa auf schlechtes Management oder auf die Verschwendung von Anlegergeld zurückzuführen sei, sondern zumindest teilweise auf gesetzliche Vorgaben. So beklagt er: „Eine große deutsche Fondsgesellschaft musste wegen MiFID II, PRIIPs (Vorgaben aus Brüssel) und der Investmentsteuerreform insgesamt 560 Tonnen Post an ihre Kunden schicken. Das entspricht dem Gewicht eines vollbeladenen und vollgetankten Airbus 380.“

Spezialfonds machen das Rennen

Trotzdem sonnt sich die Fondsbranche im Erfolg: Aktuell verwaltet sie 3 Billionen Euro; vor zehn Jahren waren es erst 1,7 Billionen. Wie ist es dazu gekommen? Zum einen durch den in den vergangenen zehn Jahren blühenden Kapitalmarkt, zum anderen durch den Sondererfolg der offenen Spezialfonds, die aktuell mit 1,6 Billionen Euro über die Hälfte zu den 3 Billionen beitragen. Also alles paletti? Nicht ganz, denn private Anleger können keine offenen Spezialfonds kaufen. Diese sind institutionellen Investoren vorbehalten, zum Beispiel Pensionskassen.

1 Billion Euro an verwaltetem Vermögen offener Publikumsfonds, die überwiegend auf das Konto privater Anleger gehen, sind zwar kein Pappenstiel, aber im Vergleich zu den 3 Billionen eben nur ein Drittel. Wie sehr die Schere während der vergangenen zehn Jahre auseinander gegangen ist, zeigt sich an der Entwicklung des Verhältnisses von offenen Publikums- zu Spezialfonds: Im Jahr 2007 lagen Letztere mit 692 Milliarden Euro an verwaltetem Vermögen noch hinter ihren Publikumsbrüdern mit 731 Milliarden Euro zurück.

Erfolgsnachweis fraglich

Fazit: Die ganze Fondsbranche ist und bleibt ein undurchdringlicher Dschungel, der für private Anleger auf der einen Seite durch ETFs, auf der anderen Seite durch gesetzliche Vorgaben noch undurchdringlicher geworden ist. Gemanagte Fonds sind mit hohen Kosten belastet; außerdem schneiden sie in der Regel schlechter ab als die Indizes, an denen sie sich messen lassen. Für institutionelle Anleger sind Spezialfonds offenbar so attraktiv, dass sie ihnen schon 1,6 Billionen Euro anvertraut haben. Ein repräsentativer Nachweis über den Anlageerfolg ist jedoch leider nicht möglich. 2018 wird für die Fondsbranche zum Jahr der Bewährung.


Manfred Gburek ist Wirtschafts- und Finanzjournalist, er schrieb mehrere Bücher zu verschiedenen Geldthemen. Sein erfolgreicher Ratgeber Besiege die Inflation ist in überarbeiteter Neuausgabe ist in unserem Shop erhältlich: www.tichyseinblick.shop

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