Ausverkauft. Edelmetallhändler mit jahrzehntelanger Erfahrung sind ratlos. Mit den Ausgangsbeschränkungen kam auch die Angst vor der ganz großen Krise. Und in der sollte man, das haben die Leute gelernt, Gold besitzen. So kam es nicht nur zu langen Schlangen vor den Supermarktkassen, sondern auch vor den Türen der Goldhandelsgeschäfte. Viele Anleger wollten sich schnell mit Barren oder Münzen eindecken.
Mittlerweile haben viele Händler das Edelmetall nur noch in beschränktem Umfang, manche gar nicht mehr zur Verfügung. Auch Silber ist nicht genug vorhanden. „So etwas habe ich noch nie erlebt, nicht mal in den wilden Siebzigerjahren, als der Goldpreis innerhalb nur eines Jahrzehnts auf das 24-Fache durch die Decke schoss“, berichtet ein alter Hase der Branche.
Keine Frage, Covid-19 hinterlässt seine Spuren, bei den Edelmetallpreisen ebenso wie bei den Aktienkursen, nur halt in jeweils anderer Richtung. Analysten sprechen dann von negativer Korrelation, das heißt, Aktienkurse runter, Goldpreis rauf. Mitte März war das zunächst noch anders.
Dieses Szenario hinterließ manchen Kenner der Szene zunächst ratlos– bis der eine oder andere alte Goldhase die naheliegende Idee hatte, auf die Preisentwicklung während der Finanzkrise von 2008 zurückzublicken. Und siehe da, damals ging es mit Aktien und Gold monatelang einträchtig abwärts, bevor beide sich vom Sturz erholten. Verfolgt man die Entwicklung bis zu Beginn der 1990er zurück, kam es immer wieder mal zu positiven, mal zu negativen Korrelationen.
Aber warum profitierte Gold, schließlich auch ein Vermögenswert, nicht von der EZB-Politik? Der Versuch einer Erklärung geht so: Weil Aktien neben Anleihen im Zuge tendenziell sinkender Zinsen hohe laufende Renditen versprachen, beide Anlageklassen darüber hinaus auch Kursgewinne. Wahrscheinlich auch, weil Banker und Börsianer ständig in die Welt hinausposaunten, Aktien seien alternativlos, wohingegen Gold als zinslose Anlageklasse es schwer habe, und – so viel sei spekulativ hinzugefügt – weil so manche Bank sich wegen „political correctness“ nur auf ein Minimum an Goldgeschäften einließ.
Das heißt zum Beispiel, dass eine Schweizer Bank mit viel US-Umsatz im Zweifel lieber auf Geschäfte mit dem Edelmetall verzichtete, als sich Ärger vonseiten der Schweizer Finanzmarktaufsicht einzuhandeln, die keinen Streit mit US-Behörden riskieren wollte. Man denke nur ein paar Jahre zurück, als es den USA gelang, das Schweizer Bankgeheimnis auszuhebeln.
Angebot sinkt, Nachfrage steigt
Für das derzeit zu beobachtende riesige Auseinanderklaffen der Preise am Kassa- und am Terminmarkt gibt es dagegen einfache Erklärungen. Einerseits besteht ein Run auf das gelbe Metall. Anderseits haben die Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus, wie in anderen Branchen, die Lieferketten der Verarbeiter unterbrochen.
So teilte die Royal Canadian Mint, bekannt durch ihre Münzenserie Maple Leaf, mit, die Produktion werde fürs Erste heruntergefahren. Und Goldraffinerien wie Argor-Heraeus, Pamp und Valcambi haben einfach dichtgemacht. Wo die Nachfrage wächst und das Angebot schrumpft, steigen die Preise.
Die Edelmetallhändler könnten also eigentlich ein gutes Geschäft machen, müssten sie ihre Angebote an Münzen und Barren aus Gold nicht zunehmend rationieren. Wer jetzt noch schnell das eine oder andere Stück erheischen will, muss mit Preisaufschlägen rechnen, zum Teil über den veröffentlichten Preis hinaus. Auf www.goldseiten.de kann man sich erkundigen, welche Goldhändler noch Ware haben.
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