Kaum ist die Schweizer Gold-Initiative zum Flop geraten, da fürchten die Eidgenossen um ihren Franken. Aus gutem Grund, denn sein Wert wird durch massive Euro-Käufe künstlich gedrückt – ein aussichtsloser Versuch und ein Grund mehr, sich mit Gold zu beschäftigen.
Die weit überwiegende Mehrheit der Eidgenossen hat am Sonntag gegen hohe Goldkäufe durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) gestimmt. Na und? Es wäre allzu seltsam gewesen, hätten sie dafür plädiert, da sie doch vor mehr als einem Dutzend Jahren Gold massenweise verschleudert hatten – zu Preisen von etwa nur einem Viertel im Vergleich zum heutigen Preisniveau. Damals war der Schweiz die Mitgliedschaft im Internationalen Währungsfonds zum Verhängnis geworden, erkauft mit dem Abschied von der traditionell hohen Golddeckung des Franken.
Und heute? Die Entwicklung ist für die SNB höchst unangenehm, ja sie hat es auf einmal sogar mit einem Klumpenrisiko zu tun. Aber nicht etwa durch einen zu großen Klumpen Gold, sondern durch den zuletzt schwindsüchtig gewordenen Euro. Ihre seit 2007 wieder einsetzenden höheren Goldverkäufe und erst recht ihre Euro-Käufe haben die SNB-Bilanz total entstellt: Sie ist in den vergangenen sieben Jahren auf mehr als das Dreifache gewachsen. Der Euro-Anteil an ihren Aktiva steuert auf die Hälfte zu, der Goldanteil macht nur noch zirka 7,5 Prozent aus.
Euro-Käufe – ein hoffnungsloser Fall
Warum betätigt sich die SNB derart intensiv als Euro-Käuferin? Weil sie der Illusion erlegen ist, der Schweizer Wirtschaft, speziell deren unter dem hohen Frankenkurs leidendem Export helfen zu können: Indem sie den Euro-Verfall unter 1,20 Franken je Euro zu stoppen versucht – auf Dauer ein hoffnungsloses Unterfangen, wie die Geschichte seit den 60er Jahren lehrt. Damals sollte der sogenannte Goldpool der Notenbanken den Dollar und das britische Pfund durch Goldverkäufe vor dem Verfall bewahren. Nach nicht einmal sieben Jahren war dann der Spuk vorbei. 1971 verweigerten die USA anderen Ländern schließlich den Tausch abwertungsverdächtiger Dollarbestände in Gold.
Und dieses Mal? 1,20 Franken je Euro sind nicht zu halten. Die Schweizer Gold-Initiative vom Sonntag wird irgendwann als Marginalie in die Geldgeschichte eingehen. Der Goldpreis wird schon in den nächsten Monaten eine eigenständige Entwicklung durchmachen. Aber was für eine? Beginnen wir mit einem klaren Fazit von Thomas Mayer aus seinem vor Kurzem erschienenen lesenswerten Buch „Die neue Ordnung des Geldes“. Demzufolge wird es wegen zu schwachen Wachstums keine schnelle Entschuldung von Staaten und Unternehmen geben. Die Folge: Erzwingung einer „offenen Inflation“. An deren Ende „dürfte das Vertrauen in unser System des Papiergeldes schwer erschüttert sein“, so Mayer.
Die Enteignung schreitet voran
Was hat das mit Gold zu tun? Dazu gibt es eine kurze und eine lange Antwort. Die kurze stammt von Alan Greenspan, einst Chef der US-Notenbank Fed, aus einer Veröffentlichung im Jahr 1966: „Kreditfinanzierte Staatsausgaben sind ein System zur versteckten Enteignung von Vermögen. Gold steht diesem hinterhältigen Prozess im Weg.“ Je weiter die Enteignung fortschreitet, etwa durch Inflation und ihre moderne Variante, die finanzielle Repression (Niedrig- bis Nullzinspolitik), desto mehr Menschen versuchen sich vor ihr zu schützen, indem sie Gold kaufen (und/oder andere Güter, die sie für wertbeständig halten).
Nun zur langen Antwort. Sie ergibt sich aus der spezifischen Rolle des Goldes als unverzinsliche Geldanlage in Zeiten finanzieller Repression. Diese basiert ja auf der Überlegung, Staaten und Unternehmen könnten ihre Schulden durch inflationiertes, also entwertetes Geld zurückzahlen. Nur lässt sich eine höhere Inflation nicht einfach aus dem Hut zaubern, auch nicht durch Vorgaben wie 2 Prozent (durch die Fed) oder 2 Prozent minus x (durch die EZB). Folglich wird daran so lange herumgebastelt, bis es zur Inflation kommt – ohne Rücksicht auf die Konsequenz, die da lautet: Sind 2 Prozent, egal ob glatt oder mit minus x, erst einmal erreicht, lässt sich die Inflation nicht mehr stoppen. Das Basteln hat mit negativen Zinsen gerade wieder eine neue Dimension erreicht.
Papiergeldimplosion und Goldpreisexplosion
Jetzt könnte man den Standpunkt vertreten, Gold als zinslose Geldanlage sei im Zeitalter negativer Zinsen zwar immer noch besser als Tagesgeld und demnächst vielleicht sogar Bundesanleihen, aber keinesfalls besser als zum Beispiel Aktien (wegen der Dividende und möglicher Kurssteigerungen) oder Immobilen (wegen der Mietrendite und eventueller Wertsteigerung). Es kommt indes darauf an, in welchem Stadium Aktienkurse und Immobilienpreise sich befinden. Betrachtet man die Entwicklung der vergangenen Jahre, sind beide im Großen und Ganzen sicher nichts mehr für Schnäppchenjäger. Zudem sind schwankende Aktienkurse gewöhnungsbedürftig, und Immobilien eignen sich aus Sicht der Bürokraten ideal für staatliche Eingriffe, wie die Mietpreisbremse und bald auch höhere Grundsteuern.
Machen wir uns nichts vor, Gold als zinslose Geldanlage, zumal nach über drei Jahren Preisrückgang, bildet hauptsächlich das Gegengewicht zu Anlagen im sogenannten Papiergeld, also Tages- und Festgeld, Sparkonten, Anleihen, Kapitallebensversicherungen und Rentenfonds. Sobald die Papiergeldblase implodiert, wird der Goldpreis explodieren. Chinesen und Inder, seit dem vergangenen Jahr besonders fleißige Käufer des Edelmetalls, sind längst darauf vorbereitet, Europäer und Amerikaner dagegen erst zu einem geringen Teil. Das war bisher vor jedem Preisanstieg ähnlich, Wiederholung so gut wie sicher.