Unsere Freiheit und unsere Sicherheit sind bedroht, von sogenannter »höherer Moral«. Wir müssen über Freiheit, Sicherheit und, ja, auch über Moral reden.
Es ist natürlich eine alte Frage, ob »Freiheit« die Freiheit zu etwas oder die Freiheit von etwas sei. Ich selbst begnüge mich, nur das Erleben von Freiheit greifen zu wollen: Zufriedenheit mit seinen Handlungsmöglichkeiten fühlt sich nach »Freiheit« an. Lebensumstände, die zu diesem Gefühl führen, nenne ich Freiheit. (Ich denke, dass diese Beschreibung funktioniert, auch wenn man nicht definiert, wie diese Umstände auszusehen haben.)
Es ist Freiheit, wenn ich tun kann, was ich möchte (Freiheit zu etwas) – und niemand mir (gefühlt oder willkürlich) Dinge verbietet, die mir wichtig sind (Freiheit von etwas). Sicherheit ist einfacher zu greifen als Freiheit. Nehmen wir für den Moment schlicht dies: Sicherheit ist die gefühlte Abwesenheit von Gefahr.
Es wird heutzutage oft getan, als seien Freiheit und Sicherheit im Streit. Doch das ist falsch – oder zumindest nicht universell richtig. Freiheit und Sicherheit sind verzahnt. Und sie sind unter Beschuss. Heute haben Freiheit und Sicherheit zunehmend einen gemeinsamen Gegner: die höhere Moral.
Ich fühle mich »sicher«, wenn in meinem Kopf nicht die Angst tickt, dass etwas Gefährliches passieren könnte. Der Mangel an Sicherheit widerspricht beiden Dimensionen der Freiheit: Wer sich nicht sicher fühlt, der ist nicht frei, zu tun, was er möchte. Und: Wer sich nicht sicher fühlt, der ist nicht frei von externen, in der Sache nicht gerechtfertigten Bedrohungen.
Gegner von Freiheit UND Sicherheit: die höhere Moral
Der Kommunismus hat Menschen hinter Mauern gesperrt, im Namen einer höheren Moral. So wurde die höhere Moral zum Feind der Freiheit.
Die deutsche Politik von 2015 öffnete Grenzen und schien Gesetze zu ignorieren, und Medien verteufelten den gesunden Menschenverstand. So schien die höhere Moral unsere Freiheit und Sicherheit zu übertrumpfen.
Die Grünen wollten noch vor kurzer Zeit im Namen einer höheren Moral den Bürgern ein wenig von der Freiheit nehmen, selbst über ihre Nahrung zu entscheiden. Die Scharfmacher politischer Korrektheit wollen im Namen einer höheren Moral den Bürgern die Freiheit nehmen, selbst über ihre Meinung und Informationsquellen zu entscheiden. Im Namen höherer Moral hat die Inquisition ihre Opfer gefoltert. Im Namen höherer Moral terrorisiert ISIS jene Menschen, die einfach nur leben wollen und etwas anderes glauben als sie. Im Namen höherer Moral terrorisiert Antifa jene Menschen, die einfach nur leben wollen und etwas anderes glauben als sie.
Höhere Moral war, ist und wird täglich mehr eine Gefahr für Freiheit und Sicherheit.
»Höhere« Moral ist zugleich Erweiterung und gelegentlicher Gegner »einfacher« Moral.
Einfache Moral wäre hiernach, seine Familie, seinen Körper, seine Arbeitsstelle, sein Stadtviertel, seine Fußballmannschaft und sein Land stärken zu wollen. Höhere Moral wäre dagegen, die Völker anderer Länder zu stützen, eine Religion oder eine zukünftige Idee zu stärken.
Die höhere Moral ist natürlich nichts an sich Schlechtes! »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, heißt es bei Jesus. Und das ist auch gut so.
Erst die einfache Moral, dann die höhere
Das erste Problem entsteht vielmehr mit solcher höherer Moral, wenn man Menschen zwingt, den Nächsten zu lieben – und für sie entscheidet, was »Nächster« und »lieben« zu bedeuten hat.
Das zweite Problem ist, dass etwa bei diesem konkreten Fall der Vergleichswert (»wie dich selbst«) einen schnell in den Verdacht bringen kann, »Nazi« zu sein. Wer von weißer Hautfarbe ist und vielleicht noch männlich, der darf sich nicht »selbst lieben«. Liebe deinen Nächsten, nicht dich selbst.
Wenn die höhere Moral im Widerspruch zur einfachen Moral steht, kann die höhere Moral im Zwist mit Freiheit und Sicherheit stehen.
Was derzeit »Populismus« geschimpft wird, ist leider oft einfach nur »first things first«. Wer nur die höhere Moral im Kopf hat und die einfache Moral verachtet, wird bald beide aufgeben müssen. Höhere Moral auf Kosten der Sicherheit hat kein Fundament. Höhere Moral auf Kosten der Freiheit wird bald gehasst werden.
»Erst kommt das Fressen, dann die Moral«, heißt es, und Brecht hat Recht. Erst die einfache Moral, dann die höhere. Sicherheit und Freiheit sind das Fundament, welches erst die höhere Moral möglich machen. Alles andere ist Unordnung.