„Amerikanische Zeitungen und Magazine haben dem Präsidenten den Kampf angesagt – jetzt geht es ihnen so gut wie lange nicht. Ist Kritik an Trump ein gutes Geschäftsmodell?“ – das schreibt nicht DER SPIEGEL sondern die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung unter der Headline „Verdammtes Glück“.
Trump-Kritik – das neue Geschäftsmodell
Der Beitrag ist auf US-Medien gemünzt, deren Auflage mit Trump-Kritik steigt. Es könnte auch DER SPIEGEL gemeint sein. Trump als Komet, der auf die Erde zurast und sie zerstört – dieser Titel des aus Kuba stammenden Illustrators Edel Rodriguez für den SPIEGEL hat für weltweites Aufsehen gesorgt und Kritik hervorgerufen.
Jetzt schlägt Rodriguez wieder zu. Titel müssen zuspitzen, sind Karikaturen ihrer selbst. Und schließlich bringt Trump ja eine ganze Weltreligion in Rage, die der Klimaschützer. Was für eine begnadete Geschäftsidee für den SPIEGEL. Das Auffälligste am SPIEGEL, das sei gleich vermerkt, sind Titelbild und Titelzeile als Gesamtkunstwerk.
„Aus hartem Holz“
Ich lese gerade den Roman „Aus hartem Holz“ von Annie Proulx, ein Epos über 300 Jahre kanadische und US-amerikanische Geschichte. Es beschreibt sprachgewaltig die selbstverständliche Brutalität, mit der die Einwanderer und ihre Nachkommen in der neuen Welt mit der Natur und mit ihren Mitmenschen umgegangen sind und bis heute umgehen. Wer das liest, weiß, dass Trump und seine Wähler immer noch im Überlebensmodus der Auswanderer laufen. Der ist sehr viel mehr Teil der US-amerikanischen DNA, als wir das in Europa wahrhaben wollen. Und seien wir ehrlich: Ist es nicht das, was wir (fast) alle auch schon bewundert haben – diese Selbstverständlichkeit der Stärke, die sich mit Zuckerbrot und Peitsche über vieles hinwegsetzt und Halt verspricht? Ist nicht auch der europäische Mythos Amerika nach dem 2. Weltkrieg daraus entstanden? Die Ehen, in denen der eine Partner versucht, den anderen zu erziehen, enden schnell mit Scheidung. Da ist es besser, man versucht es erst gar nicht. In diesem Sinne ist Trump sehr ehrlich …
… und er zeigt, dass er seine Wahlversprechen erfüllen will. Von Martin Schulz können wir ähnliches nicht erwarten. Dessen Ankündigungen bleiben immer noch unkonkret. Das Spiegel-Interview mit René Pfister und Christoph Schult bringt nichts außer dem Schulz-Verdikt „Trump ist unamerikanisch“. Ist der SPD-Matador dafür wirklich der Experte?
Jan Fleischhauer überrascht in seiner Kolumne „Prinzip Stegner“. Endlich einmal ein Journalist, der eine Lanze bricht für den ewig miesepetrig dreinschauenden stellvertretenden SPD-Parteivorsitzenden und SPD-Fraktionschef im Kieler Landtag und dessen wahren Werte zu würdigen weiß. Warum nur wollen sich Partei und Öffentlichkeit sich so gar nicht für das Gesicht mit den heruntergezogenen Mundwinkeln erwärmen? Merkel hat es schließlich auch geschafft und durch die ewige Raute von den Mundwinkeln abgelenkt. Aber, jetzt geht es in die Charming-Offensive: Immerhin wurde Stegner diese Woche lässig halb im Sessel liegend, halb sitzend bei Markus Lanz gesichtet. Vielleicht wird er ja jetzt so bekannt, dass sich mehr Wähler mit seinen politischen Zielen auseinandersetzen.
Für alle, die Anlegermagazine und die Finanzseiten der überregionalen Tageszeitungen nicht lesen, steuert Armin Mahler mit „Nichtstun ist keine Lösung“ einen informativen Beitrag zum Thema Geldanlage in Zeiten von Niedrigzinsen bei.
Am Donnerstag finden die Wahlen zum britischen Unterhaus statt. Jörg Schindler beschreibt in „Die Halbstarke“, wie der britischen Regierungschefin Theresa May immer mehr Fehler unterlaufen und ihr Vertrauensvorschuss schwindet.
Tobis Rapp und Eva Thöne führten ein interessantes Gespräch mit Pankaj Mishra, dem Intellektuellen der Globalisierung. Mit Erstaunen erfahre ich in „Wer den Dschihad verstehen will, muss auf Deutschland schauen“, dass die Deutschen den Heiligen Krieg erfunden hätten, als sie vor 200 Jahren die Bevölkerung zur Abwehrschlacht gegen Napoleon aufriefen. Erhellend finde ich seine Anmerkung, dass die Inder sich kaum für das von den Briten nach dem Brexit erhoffte Empire 2.0 erwärmen werden.
Das Sexleben der Vögel
Zum Ende der Fußballsaison überrascht Markus Feldenkirchen im Beitrag „Ende der Romantik“ mit einem einfühlsamen Portrait von Hans-Joachim Watzke. Lesenswert. Und wer in den heute beginnenden fußballlosen Wochen weiteren Bedarf an der Droge Fußball hat, blättert noch einmal vor in die Deutschlandstrecke zum schönsten Altersjob für Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder, als Chef des Aufsichtsrats von Hannover 96, „Die Hand Gottes“.
Sind Sie interessiert Sexleben von Vögeln? Dann lassen Sie sich von Johann Grolle informieren. „Die Liebe ist uns eigen“ mit erstaunlichen Details über die Genitalien von Enten. Vielleicht liegt darin, jetzt ebenfalls kabarettistisch überspitzt, die eigentliche Wahrheit: Wieviel randständige Artikel braucht es, um große Themen zu kompensieren? Es bleibt journalistisch ja viel liegen in Deutschland derzeit.
Die FAS übrigens stellt im oben zitierten Artikel fest, dass derzeit Politik als Thema sogar Basketball im Interesse verdrängt. Die Analyse der FAS trägt jedenfalls mehr zur Wahrheitsfindung bei. Wobei nicht zu vergessen ist: Die Schlagzeile der FAS „Abschied von London“ (über den erhofften Umzug von Bankern nach Frankfurt) ist nicht weit von Entengrütze entfernt, so neu ist sie.