Mit der Titelgeschichte über die Absprachen zwischen den deutschen Automobilherstellern stechen die Hamburger in ein Wespennest. Die Vorzeigeunternehmen Audi, BMW, Mercedes, Porsche und VW werden von zwei der besten deutschen Investgativ-Journalisten Dieter Hawranek und Frank Dohmen als eine Schar arroganter, ihre Kunden und die Politiker übertölpelnder skrupelloser Manager dargestellt, die den Wettbewerb am liebsten Wettbewerb sein lassen und stattdessen in 60 gemeinsamen Arbeitskreisen und mehr als 1000 Sitzungen unliebsame Probleme einvernehmlich im gemeinsamen Interesse lösen.
Investigation zum richtigen Zeitpunkt aufgewärmt?
Das alles erinnert fatal an das Gebaren der Banker vor der Finanzkrise. Ja, da sitzen wieder einmal alle auf hohen Rössern und fühlen sich sicher, weil beim Zusammenbruch der Automobilkonzerne die deutsche Wirtschaft bedenklich ins Wanken geriete. Welcher Wahlkämpfer wird schon abstreiten, dass Audi, BMW, Daimler, Porsche und VW systemrelevant seien?
Ob Zetsche und VW-Müller wieder einmal nichts vom Treiben ihres Fußvolks mitbekommen haben? Die Pressesprecher von Daimler und VW warten erst einmal ab, ob das Ganze zum vernichtenden Orkan anschwillt.
Allerdings: Der SPIEGEL hat bereits 1996 darüber berichtet. Damals fand man in Hamburg das alles ganz in Ordnung. Doch jetzt ist die Autoindustrie angeschlagen, ihre Glaubwürdigkeit nach Schummeleien bei VW im Eimer. Da kann man mit einer 13 Jahre alten Story schön geheimnisvoll aufmachen. Investigation ist ja auch, wenn man etwas Bekanntes zum richtigen Zeitpunkt wiederholt.
Was der SPIEGEL seltsamerweise ausblendet: die Auswirkungen für die Käufer. Kartellabsprachen führen erfahrungsgemäß zu Umsätzen, die 10 bis 15 Prozent überhöht sind. Von daher wurden durch das Kartell vor allem diejenigen geschädigt, die gutgläubig bei den deutschen Autoherstellern Autos erworben haben. Diese Schäden, das zeigen Vorläuferverfahren, können von den geschädigten Kunden eingeklagt werden. Wenn es denn so ist, oder nur noch eine Brise im Sturm, der die Vorzeigeindustrie schüttelt.
Autos und Kirche – beide Mega-Out
Aber nicht nur Autos sind fragwürdig beim SPIEGEL. Für Markus Brauck hat auch die katholische Kirche als moralische Instanz ausgedient. Die Ursache: Die zu laxe Reaktion der Katholiken auf Fälle von Kindesmissbrauch und Misshandlungen, aktuell dokumentiert im Fall der Regensburger Domspatzen. Brauck beklagt die Unfähigkeit der Kirche, bei sich selbst das zu tun, was sie bei anderen so gerne tut: eine Sünde eine Sünde nennen, Buße verlangen, Reue einfordern. Der Leitartikel „Herr, erbarme dich“ ist durchaus Plädoyer für den christlichen Wertekanon, fordert aber dazu auf, endlich nicht mehr die Augen vor selbst verursachten Leid und den Realitäten der Gegenwart nicht zu verschließen. So richtig die Zustandsbeschreibung ist, so muss doch daran erinnert sein, dass Modernismus um jeden Preis nicht die Lösung sein kann. Der protestantischen Kirche hat er nie wirklich genutzt.
FOCUS führt bei Türkei-Berichterstattung
Beim Thema Türkei liegt in dieser Woche der FOCUS eindeutig vor dem SPIEGEL, in dem Maximilian Popp in seinem Beitrag „In der Wagenburg“ die Paranoia des türkischen Präsidenten Erdogan auslotet und ihn als gefährlichen Mann vom Bosporus darstellt. FOCUS schaute mit Emnid dem Volk aufs Maul: Demnach wollen 77 Prozent der Deutschen endlich die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beenden. Bei den AfD-Anhängern fordern 91 Prozent einen Verhandlungsstopp, bei der FDP-Anhängern sind es 89 Prozent, bei den Anhängern der Linken 84 Prozent, bei CDU- und CSU-Anhängern 82 Prozent, bei SPD-Anhängern wollen 82 Prozent die Verhandlungen beenden und bei den Anhängern der Grünen 67 Prozent. Das dürfte doch eine sehr klare Ansage für diejenigen sein, die im anlaufenden Wahlkampf punkten wollen.
Anna Clauß, Ralf Neukirch und René Pfister sehen Karl-Theodor zu Guttenberg im Beitrag „Die Rückkehr“ auf den Weg zurück in Berliner Amt und Würden. Warum nicht? Es ist sicherlich angebracht, auch gestolperten Politikern die Chance zur Resozialisierung zu geben.
Im Interview „Der falsche Weg“ schockiert der bayerische Finanzminister Markus Söder mit unausgegorenen Gedanken: Er will den ESM zu einem europäischen Währungsfonds aufwerten, damit sich die Europäer von dem US-dominierten Internationalen Währungsfond (IWF) emanzipieren. Für mich klingt das nicht logisch, sondern nur nach einem weiteren großen Groschengrab für die deutschen Steuerzahler.