Tichys Einblick
Weihnacht im Krankenhaus

Patienten-Defilee

Wo niemand auf die Idee kommt, sich verschämt hinter "Happy Holidays" zu verstecken, anstatt Frohe Weihnachten zu wünschen. Und wo der Tannenbaum noch Kerzenhalter ist und nicht veganes Grünfutter. Das ist eine Einladung an Sie: Schreiben Sie uns Ihr Gutes vom Tag.

Das Krankenhaus im Tiroler Oberland hat für 328 Patienten Platz, die von rund 800 Mitarbeitern betreut werden: ein Haus voll guten Geistes.

In der Weihnachtszeit wird auf der Chirurgischen Station wie auf allen anderen seit Jahrzehnten ein und dieselbe Weihnachtskrippe aufgestellt, die im alten Kirchenstil die Heilige Familie und die anderen Figuren der Weihnachtsgeschichte in einer Straßenszene mit orientalischen Gebäuden zeigt. Daneben steht eine kerzengrade Tanne, die traditionell bunt geschmückt ist.

Kreatives Appeasement
Wie Weihnachten Opfer der Toleranz wurde. Buchstäblich
Am Tag vor dem Weihnachtsabend haben sich Patienten und Angehörige wie die Stationsmannschaft rund um diesen Platz versammelt, um einem sonoren Männerchor zu lauschen, der Weihnachtslieder singt. Das erste Lied ist kaum vorbei, da „stört“ ein Patient, der vorschriftsmäßig in seinem Bett zum Eingriff gerollt werden muss. Die überraschte Gemeinde rückt auseinander, so dass sich ein Spalier bildet. Eine Mischung aus Verlegenheit und Mitgefühl zeigt sich vor allem auf den Gesichtern der Sangesmänner in graugrüner Tracht. Als hätte der Patient ein Defilee abzurollen, sagt er mitten unter ihnen: „Das wäre wirklich nicht nötig gewesen.”

Die eher betretenen Mienen und schweigenden Münder weichen einem fröhlichen und vernehmbaren Gelächter, das dem Patienten noch nachklingt, als er am Ende des Ganges in den Lift geschoben wird.

Der Patient kam wohlbehalten und erleichtert zurück. Ärztliches Können und Weihnachtswunder passen gut zueinander.

Frohe Weihnacht allen, die auch Frohe Weihnachten wünschen.


Das ist eine Einladung an Sie: Schreiben Sie uns Ihr Gutes vom Tag kontakt@tichyseinblick.de


Die mobile Version verlassen