Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 43 – Das Abriss-Kommando

Die rote Nancy und der grüne Robert gehen mit dem Presslufthammer an die Fundamente der Republik, die FDP stimmt allem zu, und Friedrich Merz ist der Goofy im Disney-Club CDU …

Nancy Faeser, fleischgewordene Doppelbelastung der Frau im Alltag (Innenministerin, Chefin der Kleinpartei SPD in Hessen und Katastrophenschutzministerin), machte nach der verlorenen Landtagswahl erst mal Urlaub auf Malle. Nun trug sich dummerweise gerade eine der „schlimmsten Sturmfluten der letzten hundert Jahre“ an der deutschen Ostseeküste zu, und der Kieler FDP-Kubicki schimpfte, dass sich die Leute der betroffenen Region „allein gelassen fühlen“, weil Nancy lieber badet, statt auf Kondolenzreise zu gehen, aber da müssen wir sie in Schutz nehmen.

Nach der Ahrtal-Flutkatastrophe im Homeland NRW und Rheinland-Pfalz trat sich unsere Politprominenz auf den Trümmerfeldern gegenseitig auf die Füße, und wie wurde es ihr gedankt? CDU-Laschet? Weg. SPD-Malu Dreyer in der Versenkung verschwunden, die Grünen ausgepfiffen, die Parteien in Umfragen abgestürzt. Auch der Vorwurf, Faeser müsse vor Ort bleiben, weil es derzeit ein wenig unruhig auf den Straßen (Hamas!) zugeht, können wir so nicht stehen lassen. Faeser hat mehr für diese Unruhen getan als alle Innenminister vor ihr.

♦ Eigentlich hätte sie noch ein wenig länger in Camp de Mar bleiben können. Denn ihre groß angekündigte „maximale Bekämpfung der brutalen, rücksichtslosen und skrupellosen Schleuserkriminalität“ erwies sich wieder nur als heiße Mallorca-Luft.

♦ Was aus Scholzens „Abschieben im großen Stil“ geworden ist? Isch over. „Es wird angenommen“, gibt das Faeser-Ministerium auch noch schriftlich zu Protokoll, „dass durch die Verschärfung der Ausreisepflicht die Anzahl der Abschiebungen um rund 600 (fünf Prozent) steigen wird.“ Da gucken die Schwarzen verdattert, die Gelben weg, und die Grünen grinsen. Was ist das? Arbeitsverweigerung? Menschenverachtung (die Verachtung derer, die schon länger hier leben)?

♦ Selbst im schläfrigen Iserlohn (Homeland NRW) wird’s langsam ungemütlich. Leerstehende Wohnungen werden beschlagnahmt, damit auch die Ausreisepflichtigen adäquat untergebracht werden können, wie wir den Worten von CDU-Paul Ziemiak bei Lanz entnehmen konnten (Hinweis an Bild, der das bisher keine Zeile wert war: hier ab Minute 23).

♦ Eine Begegnung der noch besondereren Art hatte eine Natalie L. im Landkreis Harburg, die am Abend ihren zweijährigen Sohn zum Schlafen bringen wollte, als es an der Türe klingelte. Da standen 13 fremde junge Männer mit Koffern und begehrten Quartier. Der Stern von Bethle … äh … die Kreisverwaltung Winsen hatte die 13 Waisen aus dem Morgenland zwar in die richtige Straße, aber die falsche Ortschaft geschickt.

♦ Schlangen wachsen ihr Leben lang, aber die Haut wächst dabei nicht mit, deshalb, so weiß der Zoologe, häuten sie sich von Zeit zu Zeit und erscheinen in neuem Gewand. Richtig, wie unsere Kommunisten, die kamen mal in Sack und Asche (SED) daher, mal im Kartoffel-Look (PDS), schließlich sogar in Cashmere (Die Linke). Weil es nun die Generation Greta in der Partei am nötigen linken Ernst fehlen lässt, ist eine neue Häutung fällig. Et voilà: Wir präsentieren das Bündnis Sahra Wagenknecht. Das Programm, soweit man es aus den Aussagen der Führung herausmendeln kann, ist das alte: Konzerne verstaatlichen, Genossenschaften statt GmbHs, nur Kleinbetriebe in privater Hand. Das Alleinstellungsmerkmal der BSW beschreibt ntv verschämt als „sozial nationales Projekt“. Aber gemach, es handelt sich um eine Mogelpackung. Die Nummer Zwei der Wagenknecht-Bewegung, eine gewisse Amira Mohamed Ali, stimmte stets gegen sichere Grenzen, gegen Rückführungen, gegen eine Erweiterung der sicheren Herkunftsländer.

♦ Wagenknecht selbst erklärt die Existenzberechtigung ihrer Partei damit, dass die Bundesrepublik ausgerechnet in diesen Zeiten „die schlechteste Regierung ihrer Geschichte“ habe (d’accord), und dass die Wutbürger statt AfD „eine seriöse Adresse“ bekommen (witzisch).

♦ Auch andere Parteien häuten sich gelegentlich, wenn auch nicht so häufig wie die Kommunisten. Friedrich Merz von der CDU bedauerte, dass die SPD nicht auf Thilo Sarrazin gehört, sondern ihn vielmehr aus der Partei ausgeschlossen habe. Das ist aber nicht ernst gemeint, schließlich bemüht sich Merz, den ähnlich Klartext redenden Hans-Georg Maaßen aus seinem Gemischtwarenladen entfernen zu lassen. Die letzte Häutung der CDU fand unter Dr. Angela Merkel statt. Unter aller Augen und doch irgendwie unbemerkt, machte sie aus einer liberal-konservativen Partei eine Art Disney-Club. Und Merz ist nun der Goofy.

♦ Nachdem das erste mediale Feuerwerk für die Wagenknecht-Partei abgebrannt ist, macht SPD-Mitglied Manfred Güllner den Genossen wieder Mut. Der Chef des Meinungsinstituts Forsa sieht die BSW „deutlich unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde“, beruhigt er die Spezialdemokraten. Denn die fürchten nicht ganz zu Unrecht, dass das BSW-Programm die verbliebenen SPD-Wähler anspricht und die Partei endgültig marginalisiert. Aber solche Ergebnisse, so Genosse Manfred, seien „absolut abenteuerlich“, die Parteifreunde können also beruhigt weiterschlafen.

♦ Die rote Nancy will lieber auf Nummer sicher gehen und aus dem Verfassungsschutz eine Art pädagogische Umerziehungsanstalt machen. Wer verdächtigt wird, eine „radikale Gesinnung“ zu haben, den kann die Haldenwang-Truppe beim Vermieter, Sportverein und Arbeitgeber denunzieren, wenn das den Verdächtigen auf den rechten, beziehungsweise linken Weg zurückführen könnte. Wie meinen? Nein, die rote Nancy ist nicht mit Margot Honecker zu vergleichen! Jedenfalls ist uns nicht bekannt, dass sie auch einen Revolver im Handtäschchen bei sich trägt, und ihre Haare hat sie doch auch noch nicht lila gefärbt … Übrigens: Groß ist die Sorge über den Gesetzentwurf bei der FDP, sie hat aber schon mal zugestimmt.

Bild stellt die bange Frage, wer gefährlicher für den Standort BRD sei, Frau Wagenknecht oder Frau Weidel. Dabei ist die Antwort leicht: Herr Habeck. Der hat gerade eine „neue Industriestrategie“ vorgestellt, die laut Tagesspiegel „sehnsüchtig erwartet“ wurde. Alles dabei: Digitalisierung, Bildung, endlich echte importierte Fachkräfte, Windräder, das einem schwindelig wird, Bürokratie kommt weg.
Die Industrie soll bereits „begeistert“ sein, jedenfalls die Firma Siemens Energy, die sich, weil‘s mit der Windkraft nicht klappt, Milliarden Subventionen erhofft. Sogar die FDP müsste zufrieden sein, denn der Anteil der Kernenergie am deutschen Energiemix hat sich seit der Abschaltung unserer AKWs verdoppelt.

♦ Das Beziehungschaos unserer politischen Verantwortungsgemeinschaft verfolgen wir stets mit voyeuristischem Vergnügen, diesmal führt uns der Klatsch zu Kommissionspräsidentin Ursula von der Leine und Ratspräsident Charles Michel, den Pochers der Europäischen Union. Es galt in Washington einiges zu besprechen, Ukrainekrieg und Nahost, Sonderzölle, außerdem würde die EU gerne bei „neuen und kritischen Technologien“, einschließlich „künstlicher Intelligenz“ in den USA ein Wörtchen mitreden.

Soweit wir wissen, sind die EU-Bittsteller nicht wirklich weitergekommen, so dass uns Platz bleibt, von den Nickeligkeiten zwischen Streithahn Charles und Streithenne Ursula zu berichten. Die zwei gingen sich in Washington so weit wie möglich aus dem Weg, sie trafen getrennt im Westflügel des Weißen Hauses ein, Karl um 12.01 Uhr, Ursel um 12.23 Uhr, wie das Handelsblatt akribisch dokumentiert. Michel traf Joe im Kabinettssaal, mit Ursel spazierte Biden durch den Rosengarten, „nur für einen kurzen Zeitraum“ mussten Hahn und Henne im selben Raum verbringen.

♦ Das Wort zum Sonntag in der Alle-Menschen-sind-Brüder:Innen-Kirche spricht diesmal der Ehrengenosse der SPD, Gerhard Schröder: „Kümmert Euch um die Menschen in Deutschland vor allen Dingen und vielleicht weniger um die von außerhalb.“ Amen.

Schönen Sonntag!


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