Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 34 – Solingen in fünf Akten

Volle Härte des Gesetzes, blablabla, stehen wir zusammen, blablabla. Einfach mal die Klappe halten ist im politischen Milieu wohl nicht vorgesehen. Ach, und übrigens, der Haldenwang kann gehen …

Wieder einmal sind wir Zeugen eines schaurigen Rituals, das direkt vor unseren Augen abläuft. „Es passiert ein schreckliches Verbrechen – Erster Akt. Zweiter Akt: Bestürzung, Empörung. Dritter Akt: Ruf nach harten Maßnahmen. Vierter Akt: Warnung vor der Überreaktion. Fünfter Akt: Übergang zur Tagesordnung.“ (Franz Josef Strauß, 1986)

♦ Die Fakten: Ein kleiner Vollbärtiger „mit südländischem Aussehen“ ermordet auf einem „Festival der Vielfalt“ in Solingen, der „Stadt der Messer“ (Eigenwerbung), drei Menschen und verletzt mehrere schwer. Vom Täter fehlt jede Spur, „der war ja dann auch relativ zügig weg“ (CDU-NRW-Innenminister Reul).

♦ Die gelernten SPD-Juristen Scholz und Steinmeier steuerten zum Chor der Betroffenheit nur advokatische Binsen bei. Der Täter müsse „zur Rechenschaft gezogen werden“, so der Bundespräsident – als könne irgendjemand anderer Meinung sein! – und sein Kanzler legt noch einen drauf und fordert „die volle Härte des Gesetzes“. Hören wir da den Nachsatz „außer es liegt eine psychische Störung vor“? Steinmeier leitet bereits Akt Vier ein (Warnung vor Überreaktion): „Stehen wir zusammen – gegen Hass und Gewalt.“ Klingt nach Aufmarsch gegen rechts.

♦ Thomas Haldenwang, Chef des Inlandsgeheimdienstes BfV soll Ende des Jahres „aus gesundheitlichen Gründen“ seinen Schlapphut nehmen. Hm. Gewisse Wahrnehmungsstörungen sind ja nicht von der Hand zu weisen. Statt den islamistischen Terror, Clan- und Wirtschaftskriminalität zu bekämpfen, spionierte Haldenwang Oppositionsparteien aus, tingelte mit Wahlbotschaften durch Funk und Fernsehen, soll sogar Kampagnen („Wannsee-Konferenz“) für Parteienverbote inszeniert haben. Spätestens seit er mit viel Tamtam eine Rentner-Verschwörung aufgedeckt haben will, während er andererseits kriminelle Klimaextremisten für harmlos hält, hätte man sich eigentlich schon Sorgen um die Balance machen müssen.

♦ Man möchte auch nicht in der Haut von diesem Holger Münch stecken. Die Kriminalität explodiert, aber der BKA-Chef sieht es als seine Kernaufgabe an, unsere Regierung vor Kritikern schützen. Das ist noch schwieriger als Drogenclans zu überführen, denn deren sogenannte „Hassrede“, die nicht einmal einen Straftatbestand darstellt, muss erst einmal als solche erkannt werden. Hier setzt das BKA nun auf die sogenannte Künstliche Intelligenz, die angeblich hilft, wenn die eigene an ihre natürlichen Grenzen stößt. Gut, dass die deutsche Forschung auf dem Gebiet der KI weltweit unerreicht ist und dem BKA entsprechende Programme liefert. An der berühmten Fernuniversität Hagen (die hat quasi das Homeoffice in Deutschland erfunden!) wurden jetzt „computerlinguistische Methoden zur Analyse von Sprache erforscht, welche insbesondere für Ironie, Sarkasmus, Metaphern etc. notwendig sind“.

♦ Messer und „unerlaubte Einreisen“ dominieren die Statistiken von SPD-Faesers Bundespolizei. Der Großteil der Ganoven war demnach „polizeibekannt, knapp ein Viertel war Mehrfach- oder Intensivtäter. Knapp die Hälfte hatte einen deutschen Pass“. Müsste es nicht heißen „hatte ‚auch‘ einen deutschen Pass“?

♦ Gut, dass das ZDF mit seiner Einschätzung von einer „Schießerei“ am Frankfurter Hauptbahnhof mal wieder daneben lag, denn bei einer Schießerei wären die Kugeln nur so geflogen und hätten auch Unbeteiligte verletzen können. Weil es sich aber um eine Hinrichtung handelte – ein Türke liquidierte einen anderen Türken mitten in Nancy Faesers Waffenverbotszone – blieb es bei einer Art innerfamiliären Angelegenheit.

♦ Weil Deutschlands politische Verantwortungsgemeinschaft nicht die Absicht hat, an den Zuständen etwas zu ändern, andererseits aber in Amt und Würden verharren will, wurde Sahra Wagenknechts BSW auf den Weg gebracht, um die Wähler zu täuschen, damit sich auch nach den 1. September-Wahlen in Sachsen und Thüringen nichts wirklich ändert. Die darf dann sagen, was der Wähler hören will: Hierzulande gebe es „hohe finanzielle Anreize und kaum Abschiebungen, auch wenn der Asylantrag abgelehnt wird“, wird Sahra zitiert, diese Mischung mache Deutschland „für die unkontrollierte Migration so attraktiv wie kein anderes Land in der EU“. Wer da nicht zustimmend nickt, hat die Kontrolle über den Wahlzettel wohl verloren. Mit den so eingefangenen Stimmen warten dann bereits die Reste von SED, SPD und CDU mit allerlei Ämterversprechen auf die Wagenknechte, und die Wähler wären erneut auf einen üblen Schwindel hereingefallen.

♦ Ist er schon zurückgerudert? Es kann ja wohl nicht so stehen bleiben, was der Fritz Merz da gesagt hat. Von wegen, dass er als Kanzler „grüne Ideologen“ nicht als mögliche Koalitionspartner sieht. Oder macht er den Söder? Dessen Brandmauer gegen Grün läuft am Ende unter Pfusch am Bau.

♦ Um die deutsche Wirtschaft steht es nicht zum Besten, aber viele Wirtschaftsführer können sich immer noch keinen Reim darauf machen, warum sie in die Grütze gefahren sind. Einige glauben, es liege womöglich an „Fremdenhass und Populismus“ im Osten, weshalb Vorwerk, Miele, Oetker, Stihl, Claas, Trigema, Sennheiser, Schüco und andere Firmen „Flagge zeigen“ wollen und zur Wahl von SPD, Grünen, Linkspartei, CDU, BSW und FDP aufrufen. Wie das beste Deutschland, das wir je hatten, seien auch all ihre Produkte „Made by Vielfalt“, so die Kampagne der Aufgeweckten. Und natürlich mit Nachhaltigkeit und hundertprozentig grünem Strom, wenn wir es richtig verstanden haben. Wie bei der Bahn, die fährt auch zu angeblich hundert Prozent mit grünem Strom – wenn sie denn fährt.

♦ Apropos. Die Bahn ist zu hundert Prozent in Staatsbesitz, der Staat stellt zudem seine besten Politiker fürs Management ab. Das soll nun auch der Meyer Werft blühen, die in Papenburg ihren Sitz hat, aber steuerlich anscheinend über die Muttergesellschaft Meyer Neptun in Luxemburg optimiert wird. Trotzdem ist sie beinahe pleite und „muss wieder konkurrenzfähig gemacht werden“, so ein Gewerkschafter. Wenn erst mal der Bund sowie das Land Niedersachsen – SPD-Minister Lies „gilt als Kenner der Arbeit im Schiffbau“ (Presse) – 80 Prozent der Anteile übernommen hat, heißt es auch da: Vorwärts immer, rückwärts nimmer.

♦ Früher wurden Staatshaushalte in spezialdemokratischen Worten „auf Kante genäht“, mit den Grünen wird der Haushalt nur noch mit Sekundenkleber zusammengehalten. Schon meldet die FAZ: „Berlin kappt Militärhilfe: Kein neues Geld mehr für die Ukraine.“ Bravo, werden viele denken, nachdem ukrainische Tauchlehrer für die Sprengung von Nord Stream verantwortlich sein sollen. Strafe muss sein, aber unsere Regierung ist nicht nachtragend, sie ist schlicht pleite. Außerdem, so CDU-Roderich, der Wüterich Kiesewetter: „Selbst wenn die Ukraine Nord Stream zerstört haben sollte, ist das in unserem Interesse.“ Ja, warum haben wir es dann nicht selbst gemacht? Hätte man sich die Nachforschung sparen können, kostet schließlich alles Geld.

♦ Umfragen, Umfragen, Umfragen, und bei allen sieht es schlecht für die Grünen aus. Nun versucht‘s Katrin Göring-Eckardt mit dem Enkeltrick. Wenn die AfD an die Macht kommt, sollen „Riverboat, Florian Silbereisen an Weihnachten und alles, was der MDR sonst so produziert, wegfallen“. Sie versteht es einfach nicht! Ihre evangelische Kirche kann doch auch weiterhin queere Messen veranstalten, nur müssen die, die nicht mehr zum Verein gehören wollen, dafür nicht länger zahlen.

♦ Haben sie es auch gesehen? Der arme Joe! Da steht er plötzlich in einem Beifallsorkan auf dem Demokraten-Parteitag, alle rufen „We Love Joe“ – aber als Präsidentschaftskandidaten wollten sie ihn ums Verrecken nicht haben. Wie soll er das richtig einordnen können? Wollen Sie ihn jetzt doch behalten? Oder war‘s ein Staatsbegräbnis erster Klasse?

Schönes Wochenende!


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