Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 23 – Die Schamlosen

Alle sollen auf Wärmepumpen umsteigen, aber die Grünen schaffen es seit drei Jahren nicht, eine in ihrer Parteizentrale zu installieren. Die Evangelen tanzen ums Klimakalb, und die Amis behaupten, Chef Olaf habe Hochverrat begangen …

Evangelischer Kirchentag in Nürnberg. Dem Übel unserer Tage – Klima, Ewiggestrige, Demokratie alter Grundgesetz-Prägung – rückten die Frömmler mit einem Kessel Buntes zu Leibe. Eine Menschenkette zieht sich durch die Stadt der Reichsparteitage, irgendwo haben sicherlich auch die Vulvenmaler ihre Staffeleien wieder aufgestellt, vielleicht direkt neben dem in der Popkultur neuerdings beliebten „Awareness-Zelt“. Es gibt Veranstaltungen wie „Sexualität a capella“ mit Franz und Trans, einen Marvel-Superheldinnen-Gottesdienst, wo sich Damen auf der Kanzel figurbetonte Umhänge überwerfen und Schilde vor sich hertragen. Die Verpflegung ist vegetarisch und vegan, seit Bischof Bedford-Strohm in Palästina das elfte Gebot ausgegraben hat: Du sollst kein Fleisch essen.

So weit das Halleluja, so erwartbar. Aber jetzt kommt’s! Wahrscheinlich erleben wir in Nürnberg zum ersten Mal auf Gottes schöner Welt einen „Gottesdienst produziert von Künstlicher Intelligenz“. Damit wäre der Heilige Geist dann wohl auch überflüssig.

♦ Inzwischen hat die grüne Konkurrenz-Kirche der Schwestern der Heiligen Transformation erste Opfer zu beklagen. Noch immer haben wir die weinerlichen Worte von Robert, dem Wärmepumpen-Märtyrer, in Hamburg im Ohr. Welchen Verfolgungen der Mann ausgesetzt ist! Eine Kampagne gegen ihn sei losgetreten worden, so mitfühlend das ZDF, und wir können nur ahnen, was das mit Robert gemacht hat. Selbst in Chef Olafs Kabinett habe es seine „faktenorientierte Politik zuletzt schwer gehabt“: „Es war so laut. So aggressiv. Alle haben nur gebrüllt.“

♦ Die „Wärmewende” ist eben kein Spaziergang, selbst wenn es unsere Besten in die Hand nehmen, wie die Grünen mit ihrer Parteizentrale in Berlin-Mitte (Altbau) beweisen. Seit drei Jahren will die Speerspitze der deutschen Politik dort eine Wärmepumpe einbauen, getreu dem Lehrsatz: Nicht reden, machen!
Aber noch immer läuft die Pumpe nicht, und auch die Umbauarbeiten sind nicht abgeschlossen, mosert unsolidarisch der Spiegel. Anscheinend brauchte es länger für eine Genehmigung, und auch geschultes Personal war nicht leicht zu finden. Am Ende dürfte der gesamte Umbau aber nur etwa fünf Millionen Euro gekostet haben. Immerhin ein Schnäppchenpreis.

♦ Auch Schwaben-Cem Özdemir, Minister für innovative Ernährung (gegrillte Heuschrecken) und Landwirtschaft (inkl. Cannabisanbau), sieht sich als verfolgte Unschuld. Da gebe es „den Reichelt (…), Tichy, andere, … die behaupten irgendwas, das muss nicht im Entferntesten wahrheitsgemäß sein.“
Muss nicht, ist aber. Etwa, dass die Gattin des grünen Cem neben ihrem Job beim (eher grünen) Staatsfunk auch noch im grünen Außenministerium ordentlich dazuverdiente. Bleibt irgendwie alles in der grünen Familie. Ihre dortigen Bezüge sind übrigens geheim und liegen nur in der Geheimschutzstelle vor, damit sich „ein normaler Mensch, der zivilisiert ist, der mit Messer und Gabel isst und eine Erziehung genossen hat“ (Cem) nicht so seine Gedanken macht.

♦ Nachdem sich bei der Süddeutschen, Staatsfunk und weiteren Medien mehrere Frauen gemeldet haben, die berichten, dass es bei Backstage-Partys der Gruppe Rammstein zu anzüglichen Begegnungen sowie zu Missbrauch gekommen sein soll, meldete sich auch die grüne Gedönsministerin (da muss ein Nest sein) Lisa Paus beherzt zu Wort und fordert „Schutzbereiche für Frauen bei Konzerten sowie den Einsatz sogenannter Awareness-Teams, die als Ansprechpartner beim Verdacht auf sexuelle Übergriffe zur Verfügung stehen“.

♦ Noch keine Ideen dieser Art hat Frauenministerin Lisa für die täglichen zwei Gruppenvergewaltigungen (789 im vergangenen Jahr), die in Allemannda gemeldet werden. Vielleicht wären die „Awareness-Teams“, die bei den vier Rammstein-Konzerten (je 60.000 Fans) in München waren/sind, eher was für Freibäder und für Haupt-, S- und U-Bahnhöfe. Da würden sie gewiss nicht weniger gebraucht.

♦ Auch wenn unser Chef Olaf „in der Sprengung eines Staudamms im russisch besetzten Teil der Ukraine eine gezielte Aktion Russlands“ sieht, müssen wir Ukraine-Führer Selenskij an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Unsere Stimmungs-Kanone Olaf ist unverkäuflich und wird auch nicht ausgeliehen! Obwohl …

♦ Für den Staatsfunk-Konsumenten oder Leser der Richtige-Gesinnungs-Presse ist die Nordstream-Pipeline-Sprengung längst aufgeklärt. Entweder war’s der Russe, oder, wenn’s nicht der Russe war, waren’s ein paar ukrainische Hobbytaucher mit polnischen Papieren und einem deutschen Segelschiff. Oder so ähnlich. Dabei hätte man es belassen und BND-Chef Bruno Kahl noch ein paar Jahre weiter „in alle möglichen Richtungen“ ermitteln lassen können, bis sich niemand mehr für die Pipelines interessiert. Und nun bringt die „Washington Post“ mal wieder alles durcheinander und meldet, dass ukrainische Spezialeinheiten den Terrorakt mit Wissen vom Pentagon, vom alten Joe, von unserem Chef Olaf und noch ein paar „anderen Europäern“ verübt hätten.

Jetzt steht der BND-Chef wie ein Idiot da, die „anderen Europäer“ gucken betreten weg, und Chef Olaf kann froh sein, dass unsere Gesinnungspresse da nicht nachfragt.

♦ Gut, dass der Hochverratsparagraf („wenn sich jemand an Kriegshandlungen gegen sein Land beteiligt“) nur noch gegen Reichsbürger Anwendung findet. Nicht auszudenken, wenn unsere Justiz so leichtfertig handeln würde, wie die in den USA, wo Ex-Präsident Donald Trump angeklagt wird, weil er seinen Schuppen in Mar-a-Lago nicht aufgeräumt hatte und Geheimdienstkisten herumstehen ließ.

♦ Der Fritze wieder! „Wenn die ganz normalen Leute kein Gehör mehr finden“, so CDU-Chef Friedrich Merz, dann „wenden sie sich denen zu, die besonders scharf dagegen sind, ob ganz rechts oder ganz links.“ Vielleicht war er zu lange raus aus der Politik, so dass ihm die Analysefähigkeit abhandengekommen ist. Denn „ganz links“ (also Grüne, SPD oder SED) wendet sich offensichtlich niemand zu. Fritz und die ganze Politico-Schar macht eine Umfrage nervös, derzufolge die AfD bei der nächsten Bundestagswahl weit vor den Grünen, aber auch vor der SPD landen könnte – dabei wollte Fritz doch nur den Scholz gegen sich selbst umtauschen und mit den Grünen weitermurksen. Nun aber ist glasklar: Die Leute wollen kein weiteres Linksbündnis mehr, ohne Steigbügelhalter aus Union und FDP wären die linken Parteien raus.

♦ Chef Olaf ist nicht wirklich besorgt, denn auf die gelben Stallknechte ist Verlass. Jaja, „wir leben in einer Zeit der Umbrüche“, aber dann müssen wir eben „dafür Sorge tragen, dass Europa, dass unsere Länder, eine Zukunft haben, an die man glauben kann“. Nichts leichter als das. Die Grünen zusammenstutzen, Heizungsgesetz weg, Autoverbote weg, Zuwanderung begrenzen, Geld sparen, Frieden verhandeln, US-Joe mal den Vogel zeigen wie einst Schröder dem Bush. So könnte er Sorge tragen für eine Zukunft, an die alle glauben. Aber bevor er gedanklich so weit geht, ist er erst einmal beleidigt. „Warum gibt es solche Schlechte-Laune-Parteien (wie die AfD)?“, fragte er die Journos von der Zeit. Wo doch die SPD vom Ahrtal bis ins Innenministerium überall nur gute Laune verbreitet.

♦ Ausgerechnet die linke Nancy Faeser, die die Innenminister der Bundesländer verhöhnt, indem sie denen „mit Bundes-Immobilien“ für die Migrantenunterbringung zu helfen verspricht und dafür Gebäude zur Verfügung stellt, die nicht mal ans Wasser- und Stromnetz angeschlossen sind, sollte das Migrationsproblem auf europäischer Ebene lösen. Aber Europas Innenminister spielten lieber „das dreckige Spiel der AfD mit“ (Faeser-Spruch), und ließen Faesers Alle-unkontrolliert-rein-Politik auflaufen.

♦ Kein Wunder, dass Chef Olaf lieber ins leichte Fach wechselt und sich bei RTL als Quizchampion präsentierte. Die Frage war: Was ist eine „Volkspartei“? RTL-Ratefüchse dürften vermutet haben, die Antwort lautet A: Das ist eine Partei, die 40 oder mehr Prozent an Stimmen im Volke einsammeln kann (mal halblang, SED-ler, die ihr euch jetzt Linke nennt: Wir reden von freien Wahlen).
Aber Chef Olaf hatte spontan die richtige Antwort parat: D! „Volkspartei ist eine Frage der inneren Einstellung, ob man viel zusammenführen will oder eher spalten will.“

♦ Gibt es auf der ganzen Welt spezialdemokratische Elite-Unis für Gerechtigkeit, Bildung und Digitalisierung, wo die Sozis ihr Personal rekrutieren? Nur in Österreich nicht? Zunächst verzichtete die SPÖ auf den berühmten Paarlauf, den Pas de Deux, der uns Esken und Dingens bescherte, dann sollte eine 19-köpfige SPÖ-Wahlkommission 602 Delegiertenstimmen zusammenzählen und auf zwei Parteichef-Kandidaten verteilen, aber am Ende passten „die Stimmzettel leider nicht mit dem digital verkündeten Ergebnis zusammen“. So wurde zunächst der eine Kandidat zum Sieger erklärt, kurz darauf der andere.

♦ Fahren wir mal nach Erding, ein bisschen Stimmung für den Wahlkampf machen, dachte sich Bayerns Ministerpräsident Söder, aber obwohl er den 13.000 auf der Demo „Stoppt die Heizungsideologie“ zurief, auch er „habe keine Lust, Seite an Seite mit den Grünen in die Pleite zu gehen“, hat seine Glaubwürdigkeit zuletzt wohl arg gelitten. Auf diesem Platz hätte seine CSU jedenfalls keine 40 Prozent bekommen. Der Aiwanger Hubert kann sich hingegen Hoffnung machen. Aber eigentlich wollten ein Optikmeister aus Erding und die Kabarettistin Monika Gruber und die 13.000 denen da oben in Berlin nur mal kurz klarmachen, was sie von ihnen halten: Nichts.

Da schließen wir uns an.
Schönen Sonntag!


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