Tichys Einblick
BLICK ZURÜCK – NACH VORN

Blackbox KW 23 – Der Kreuz-Gang

Jogginghose, oder nicht, wer nach den Vorstellungen der letzten Woche sein Kreuz immer noch bei Rot-Gelb-Grün macht, hat die Kontrolle über sein Leben verloren (Karl L., deutscher Philosoph).

Joachim Gauck, Horst Köhler und Christian Wulff, oder wie sie auch heißen, die Brüder Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, haben dazu aufgerufen, am heutigen Sonntag wählen zu gehen, obwohl es ganz schön kompliziert ist. Die Wähler haben nämlich 34 Wahlmöglichkeiten, etwa die Partei für „Veränderung, Vegetarier und Veganer“, die „Partei der Vernunft“ und natürlich die „Marxistisch-Leninistische Partei“, aber das meinten die drei Steinmeiers natürlich nicht. Richtig müsste es heißen, man solle gefälligst SPDCDUFDPGrüne wählen, oder, wer unbedingt eigenwillig sein will, kann auch beim BSW sein Kreuz machen. Auf gar keinen Fall aber, da weist Bild extra drauf hin, bei der AfD.

♦ Auch der Staatsfunk gab sich alle Mühe, den Zuschauern die EU-Wahl schmackhaft zu machen. Für die „Wahlarena“ wurde wieder so professionell gecastet wie bei RTLs Bauer sucht Frau. Ein grünverstrahlter Jüngling war für Klimafragen auserwählt, und auch er war wieder da, der „Mann mit Bart in der zweiten Reihe“,
 in Wahrheit ein SPD-Funktionär, der als Bürger auftrat. Gott im Himmel! Was die Parteien da nach Brüssel schicken, geht wahrlich auf keine Kuhhaut. CSU-Manfred erzählte den Bauern was vom Pferd, und die Grüne Terry Reintke hat schon mal Urlaub auf dem Bauernhof gemacht und damit genug Kompetenz für die Probleme der Agrarwirtschaft. Zum Thema Frieden verwies die Spitzenkandidatin der SPD – Gott, wie heißt sie gleich – auf ihre frühere Teilnahme bei Friedensdemos hin. BSW und Linkspartei forderten Unternehmenssteuern von 90 Prozent, nur gut, dass das EU-Parlament nicht viel zu sagen hat.

♦ Vielleicht sollten wir uns alle ein Beispiel nehmen an den Spezialdemokraten, die auf der MS Havel Queen in den Tegeler See stachen, um Spargel zu essen (mit Besonnenheitsrede von Chef Olaf als Beilage), und um all das Elend um sie herum mal zu vergessen. Das schlechteste EU-Wahlergebnis aller Zeiten (freimütige Prognose für den heutigen Abend) – davon geht die SPD nicht unter, sie wird ja noch gebraucht. Jedenfalls soll die Stimmung bei der Seeheimer Spargelfahrt (Seeheimer Kreis: Die „Konservativen“ in der SPD) „ausgelassen“ gewesen sein, 
kein Wunder, die alte Stimmungskanone Münte war auch mit an Bord.

♦ Weil er kurz vor der Wahl von einem radikalisierten Islamisten ermordet wurde, bekam der Mannheimer Polizist Rouven L. im ganzen Land eine Schweigeminute, mit der die Politik den Wählern zeigen wollte, dass sie sich durchaus für die Geschehnisse im Land interessiert. Aber so ganz wollte die Solidarität nicht gelingen. Nachdem eine AfD-Abgeordnete im Berliner Landtag gefragt hatte, welche Konsequenzen sich „nach dem schrecklichen Tod von Mannheim“ ergeben würden, spottete die Grünen-Abgeordnete Tuba Bozkurt: Wie? „Mannheim ist tot?“, und ihre Parteifreunde amüsierten sich wie Bolle.

♦ Annalena Baerbock verbittet sich weitere Migrationsdiskussionen, schließlich haben „ein Viertel aller Menschen in unserer Gesellschaft einen Migrationshintergrund“ und stehen „selbstverständlich für unsere liberale Gesellschaft“ ein. 

Faesers Bevollmächtigter Stamp (FDP) erklärt Abschiebungen in bestimmte Länder für unmöglich und wirbt – anstatt das zu ändern – für ein „positives Migrationsnarrativ“. Der Stern (RTL gedruckt) bringt die Gefühlslage in linken Kreisen auf den Punkt: „Bauarbeiter leben gefährlicher als Polizisten“,

 jetzt würde bloß „mit dem Tod des Beamten Politik gemacht“.

♦ Was ist eine Rezession? Da stellen wir uns mal janz dumm und fragen die Vorsitzende des DGB, die ja aus irgendeinem sachlichen Grund in diese Position gelangt sein muss. Yasmin Fahimi: Eine ganz tiefe Rezession kommt, wenn die AfD Erfolg hat. 
Ach, du armer Arbeitsmann!

♦ Die regierungsstabilisierende Presse musste erst von Tichys Einblick auf die Rede des Vorstandschefs der Deutschen Börse, Theodor Weimer, gestoßen werden, die der am 17. April auf einer Tagung im Bayrischen Hof in München gehalten hatte. „Ich habe mein 18. Treffen mit Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck hinter mir und ich kann ihnen sagen: Es ist eine schiere Katastrophe.“ Nun geht das Land den Bach runter, die Industriebosse haben duckmäuserisch die Klappe gehalten und die Produktion verlagert. Unbekümmert vom Absturz des Landes höhnt die Linkspresse wie Stern: Börsen CEO kritisiert Ampel und Habeck – „Rechte sind begeistert“.

♦ Nun ist es nicht ungewöhnlich – auch der eine oder andere Leser wird das aus einem langen Berufsleben kennen –, dass eine Firma ein Abfindungs- und Vorruhestandsprogramm auflegt, um seine Belegschaft zu reduzieren. Aber dass gleich doppelt so viele zum Ausgang rennen, 
wie „abgebaut“ werden sollen, ist schon überraschend. Erst recht, wenn es sich bei der Firma mit SAP nicht um eine von der Regierung in die Knie gezwungene Industrie handelt …

♦ Auch in Frankreich schwimmen den Wohlmeinenden die Felle weg. Und auch dort ist der Russe schuld.
 So behauptet der adrette Premierminister Attal allen Ernstes, das Anbringen von Davidsternen an mehreren Gebäuden in Paris seit Beginn des Gaza-Kriegs sei ein Beispiel für „russische Einflussnahme“. Nach der Logik sprechen die Araber in den Banlieues inzwischen russisch.

♦ Frankreichs Macron könnte sich derweil einen neuen Waffengang der Grande Nation gut vorstellen, mit ihm als Napoleon oder wenigstens als de Gaulle. Und wie immer vor einem Krieg muss die Vergangenheit ein wenig zurechtgebogen werden. Zum Jubiläum der Landung in der Normandie dankte Emmanuel den Alliierten: „An unserer Seite haben Sie diesen Krieg geführt und wir haben ihn gewonnen.“ 
Nur gut, dass davon auszugehen ist, dass die alten Veteranen, die zur Feier nach Paris kamen, kein Französisch verstehen.

♦ Inzwischen dürfte Macron heilfroh sein, dass die D-Day-Party vorbei ist und die Bilder schnell vergessen sind, wie der alte Joe versuchte, auf einem imaginären Stuhl Platz zu nehmen und ihn seine Jill dann schnell von der Bühne eskortierte. Auch die Bilder von den Fallschirmjägern, die zur Erinnerung an die Landung ihrer Vorväter ebenfalls mit dem Fallschirm absprangen und gleich vom strengen Franzmann-Zoll abgefangen wurden, passen nicht ins Narrativ. Kannste nicht erfinden.

♦ Generalprobe für Chef Olaf anlässlich der Fußball-Europameisterschaft. Vor dem Spiel gegen die Ukraine ging er extra mit dem DFB-Präsidenten (auch SPD) in die Kabine, um bei den Spielern für seine Partei zu werben. Erfolgreich? Wir können uns keinen Reim drauf machen. Der SPD-DFB-Präsident behauptet jedenfalls: „Er ist mit Applaus empfangen worden und hat der Mannschaft alles Gute gewünscht.“ Der Trainer sagt hingegen: „Es war auf jeden Fall sehr ruhig in der Kabine.“ 
Die Glück-Wünsche haben fürs Spiel übrigens auch nicht geholfen.

♦ Auch in Bayern, wo der Söder Markus regiert, kann die Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es Ferda Ataman, Diversity-Beraterin und „Unabhängige Bundesbeauftragte für Anti-Diskriminierung“ nicht gefällt. Ferda findet es anscheinend durchaus in Ordnung, dass die Betreiberin eines Fitnessstudios für Frauen, die Männer nicht unter die Damendusche lassen will, ein saftiges Bußgeld bezahlen soll.

♦ Die Heldenstadt Essen kündigt der AfD den Versammlungsort für ihren Parteitag. Fast so zügig, wie Essen damals den Adolf-Hitler-Platz einweihte.

Schönes Wochenende und ein sicheres Händchen bei der Bleistiftführung in der Wahlkabine!


Nicht genug? Lesen Sie Stephan Paetow täglich auf
https://www.spaet-nachrichten.de/

Anzeige
Die mobile Version verlassen