Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 20 – Wer weiß denn sowas?

Wollte Borissimus Pistorius hinschmeißen? Gibt es Geschenke aus den Niederlanden? Lacht die Sonne über Haldenwang? (Oder wer sonst?) Und wo ist Reuls weiße Weste?

Von den Gazetten wird der Genosse mit Tschingderassabum zum Generalissimus hochgeschrieben (Bild: „Wir mögen, wie er aus der Panzerluke guckt“), der Staatsfunk streichelt sein Ego per Sondersendung mit Ausrufezeichen („Mensch Pistorius!“, ZDF) – kein Wunder, dass der forsche Borissimus Pistorius sich „bereit“ erklärte, „die Führung zu übernehmen“. Aber wir mahnten schon in der letzten Woche an dieser Stelle: Die Herausforderungen erwarten Boris, den Tapferen, nicht in Charkow, sondern in Berlin, wo anstelle des Russen der Koalitionsgenosse wartet.

♦ Der Süddeutsche Beobachter will nun beim Koalitionsfrühstück in Berlin belauscht haben, dass Zeitungsheld Pistorius Extra-Milliarden aus der Haushaltskasse verweigert wurden. Dabei hatte er advokatenschlau vorgetragen, dass die „Sicherheit des Landes verfassungsrechtlich höher einzuordnen“ sei als diese blöde Schuldenbremse. Nun könnte man argumentieren, dass die Sicherheit unseres Landes nicht gefährdet ist, solange unsere Außenministerin nicht irgendjemandem den Krieg erklärt, oder man könnte fragen, wo die jährlich 50 Milliarden für die Bundeswehr und der Sondertopf über 100 Milliarden hin sind, wobei die Truppe nicht mal Drohnen im Arsenal hat. Aber die Argumentationslinie lief woanders. Die Schuldenbremse könne ja gerne weg, aber auch die anderen Ministrierenden wollen mehr Geld für ihre Hobbys (Wärmepumpen, Radwege in Peru), und so entnehmen wir dem Geschrei: Hinten anstellen, Boris.

♦ Wir wären gerne dabei gewesen, als der beleidigte Boris in die Runde rief „Ich muss das hier nicht machen!“. Haben die anderen um den grinsenden Olaf herum gefeixt und gelacht? Denn natürlich weiß jeder, der Boris liebt seinen Job, der ihn erst so richtig berühmt und begehrt bei den Frauen gemacht hat.

♦ Apropos Frühstück. Morgens bei den Reuls im Homeland NRW. Fragt Sheriff Herbert seine Gundula: Wo ist denn meine weiße Weste? Tja, die ist wohl weg. Denn nun kommt heraus, dass auch Reul von den schmutzigen Asylgeschäften von Unionisten und Spezialdemokraten profitiert hat.

♦ „Die Sonne lacht für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung“, poetisierte der staubtrockene Haldenwang in die hingehaltenen Mikrofone. Dabei dürfte die Sonne eher darüber lachen, was unsere polit-juristische Verantwortungsgemeinschaft mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung anstellt, wenn es sie auch nur ansatzweise interessieren würde. Jedenfalls haben Richter am Oberverwaltungsgericht in Münster „den Weg freigemacht, die AfD in einem nächsten Schritt als gesichert extremistische Bestrebung einzustufen“.
Begründung: Es bestehe der Verdacht, „dass es den politischen Zielsetzungen jedenfalls eines maßgeblichen Teils der AfD entspricht, deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund nur einen rechtlich abgewerteten Status zuzuerkennen“. Hä? Haben die Richter zu viel correctiv-Romane gelesen? Oder steht hinter dem Urteil nicht vielmehr die Absicht, dass der Himmel auch in Zukunft blau bleiben möge, aber nicht die Parlamente?

♦ FAZ-Eilmeldung vor dem Urteilsspruch gegen Höcke in Halle: „AfD-Politiker zu Geldstrafe verurteilt“. FAZ-Meldung kurze Zeit später: „Wir haben aus Versehen eine vorbereitete Meldung verbreitet“. Anscheinend wusste die FAZ wohl schon, wie Richter Stengel am Landgericht Halle (das übrigens der KZ-Spruch „Jedem das Seine“ ziert) richten würde: 13.000 Euro Strafe. Jede Zeit hat ihre Richter.

♦ Trotz EM alles für Deutschland geben – verboten. T-Shirt mit HH drauf: Gefährderansprache (jedenfalls in MeckPomm und wenn es nicht die Manu Schwesig ist, die HH-Klamotten trägt). Aber der räuberische Laubkäfer, der in slowenischen Höhlen haust, darf weiterhin „Anophthalmus hitleri“ heißen, weil die internationale Kommission für zoologische Nomenklatur darauf beharrt? Wenn das kein Fall für eifrige deutsche Staatsanwälte und angepasste Richter ist, dann wissen wir es auch nicht. Man stelle sich nur mal vor, T-Shirts mit Adolfs Käfer würden in bestimmten Kreisen populär?

♦ Gerade mal 25 Zuschauer beim Auftritt von Ricarda Lang in Würzburg mit acht Sicherheitsleuten. Vielleicht hatten die Würzburger Angst, der Grünen ihre Meinung zu sagen. Eben erst hatte Außenfeministerin Baerbock einen Strafantrag gegen einen Twitterer gestellt, der sie als „dümmste Außenministerin der Welt“ bezeichnet hatte. Was natürlich gemein ist, denn wir kennen die anderen Außenministerinnen ja überhaupt nicht! Muss Baerbock nun vor Gericht beweisen, dass es eine dümmere gibt?

♦ Im Januar, Februar und März fast einhundert Gewalttaten an deutschen Bahnhöfen. Täglich. „Vielen Menschen wird das Land fremd. Nicht nur wegen der Bilder, die wir sehen können. Aber es kippen ganze Stadtviertel“, diagnostizierte Wolfgang Bosbach, aber wer in seiner CDU will das schon hören?

♦ Geert Wilders, den die EU-Sozialisten nun doch nicht verhindern konnten, will in den Niederlanden das „strengste Asylregime aller Zeiten“ einführen, heißt, Asylbetrüger werden nach Deutschland abgeschoben. In der CDU finden sie das „nicht okay“, schließlich habe Deutschland 2023 pro Kopf „fast doppelt so viele Asylanträge“ gehabt wie die Niederlande. Und wessen Schuld ist das, CDU?

♦ Der Ministerpräsident eines EU-Landes auf offener Straße fast totgeschossen, da war die mediale Aufregung verständlicherweise groß. Kaum hatten die Journos sich aber etwas intensiver mit der Personalie Fico befasst, wurden die Meldungen schnell differenzierter. „Bild“ klärt seine Leser auf, dass Robert Fico „Putin-Freund“ ist, und der „Spiegel“ legte wieder ein richtiges Ei mit der Geschichte „Wie Fico das Klima in seinem Land mitvergiftet hat“, was insinuiert, der slowakische Ministerpräsident sei irgendwie auch selbst schuld am Attentat.

♦ Unsere politische Elite kondolierte zwar pflichtgemäß, einige nahmen das Attentat aber, antrainierten Reflexen gehorchend, zum Anlass, ihren Beißgelüsten sogleich innenpolitisch freien Lauf zu lassen. Habeck bösartig im Bundestag mit Bezug auf seinen Vorredner von der AfD: „Der slowekische Ministerpräsident Robert Fico ist gerade niedergeschossen worden. Und ich sage das deswegen, weil aus Worten Taten folgen, und dass diese Taten dann meistens eine geistige Vorbereitung haben“. Heißt: Der AfD-gemachte Klimawandel führte zum Mordanschlag.
Dass Habeck, der die Gerichte nun schon einige Zeit mit der Frage beschäftigt, ob er ein Vollidiot ist oder nicht, offenbar weder wusste, dass der Mann nicht Fikko, sondern Fisso ausgesprochen wird, und dass die Slowekei Slowakei heißt – geschenkt, er kommt ja nicht vom Völkerrecht. Der Kinderbuchautor wusste anscheinend nicht einmal, dass der Attentäter ein linker Schriftsteller ist. Würden wir wie Habeck schlussfolgern, dann war der Täter wohl eher ein slowakischer Kollege …

♦ Es gibt die Große Freiheit (Hamburg), die Junge Freiheit (Berlin) und bald auch Merkels Freiheit, die allerdings etwas bescheidener ausfällt. „Freiheit ist für mich, nicht aufzuhören zu lernen, nicht stehen bleiben zu müssen, sondern weiter gehen zu dürfen, auch nach dem Ausscheiden aus der Politik“, schwurbelt sie in altbekannter Weise, und wir wollen ihr diese Freiheit von Herzen gönnen. Aber muss sie gleich ein ganzes Buch – der Verlag glaubt, dass es sich um „ca. 700 Seiten“ handelt – darüber verfassen (lassen?). Wer soll das lesen? Steinmeier? Merz?

♦ Ach ja, und es gibt die finanzielle Freiheit für unsere Abgeordneten, deren Diäten nun automatisch, wohl per Gehaltomat, auf 11.227 Euro im Monat steigen. Aber auch ans Wahlvolk wird gedacht, und die SPD druckt schon die Plakate: Mindestlohn auf 15 Euro. Brutto. Die Hälfte der Erhöhung für die kleinen Leute geht allerdings gleich wieder an den Staat.

♦ Apropos. Ein Loch ist im Haushalt, im Haushalt ein Loch. Dann stopf es, du Lindner, dann stopfe es doch. Womit denn, ach Olaf, womit denn bloß. Mit Stroh, du Heini, stopf es mit Stroh.
Stimmt, davon haben sie mehr als genug.

Schönes Wochenende!


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