Darf in Kriegszeiten der Bundespresseball abgehalten werden? Ja, wenn man es richtig macht. So wurde das Motto sensibel eingekürzt auf „Solidarität für die Ukraine. Für die Pressefreiheit.“ – „Für das Klima und für die Frau“ mussten unter den Tisch fallen. An alles wurde gedacht: Schweigeminute vor dem Dinner, Rede von Melnyk, selbst Claudia Roth zügelte ihren eigenwilligen Geschmack und kam fast so dezent gekleidet wie Parteichefin Ricarda Lang. Geflüchtete ukrainische Frauen hatten eigens ukrainische Brote als Giveaways gebacken, ukrainische Folkloremusiker und eine geflüchtete Gitarrenspielerin trugen Lieder der Heimat vor, und für die richtige Tanzmusik sorgte dann die Bundeswehr.
♦ Neben dem Impfausweis wurde anscheinend auch auf die Vergangenheit und Einstellung der Gäste sorgfältig geachtet, sodass Gerhard Schröder, der russische Botschafter, Olaf Scholz und unser Präsident Frank-Walter vorsichtshalber gleich zu Hause blieben, weshalb eben zwei junge deutsch-ukrainische Tanzpaare den Ball symbolisch eröffneten.
♦ So wie sich die Spezialdemokraten einst vom Kaiser nicht als „Vaterlandslose Gesellen“ etikettieren lassen wollten, soll sie nun auch niemand als „Wertegemeinschaftslose Gesellen“ schmähen, also stimmten sie der Aufrüstung der Ukraine mit schweren Waffen aus Deutschland zu. Für entsprechende Waffenlieferung votierten im Bundestag insgesamt 586 Abgeordnete, dagegen 100, sieben enthielten sich.
♦ Seltsamerweise hält eine deutliche Mehrheit von Befragten einer Forsa-Studie die Waffenlieferungen für keine gute Idee, obschon deren Notwendigkeit von der Presse ausgiebigst erklärt worden ist. Aber schon jetzt rechnen 74 Prozent mit einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse, was wiederum dem angeblichen Experten für Aufschwung und Zuversicht, Friedrich Merz, kaum Stimmen bringt: Gerade mal 18 Prozent würden sich für ihn als Kanzler entscheiden.
♦ Nein, Robert Habeck ist der Kanzler der Journalistenherzen, weil er auf „gefühlsbetonte Art“ wie ein Vertrauenslehrer an einer Brennpunktschule erklären kann, wie Wirtschaftspolitik geht: Hey Leute, das will ich erreichen, so würde ich das machen. Zwar hat das in Katar nicht ganz so gut funktioniert, aber andere Länder haben auch schöne Gasfelder.
♦ Nach zwei Millionen Tonnen Bomben, die auf Deutschland abgeworfen wurden, sind die einst kriegslüsternen Germanen weitestgehend Pazifisten geworden, die jede militärische Eskalation scheuen. Ganz zu schweigen von einem Atomkrieg. Atomkrieg? Naja, sagt Annalena Baerbock, welche Schritte Russland in dem Krieg noch gehe, liege allein im Ermessen von Präsident Wladimir Putin. „Deswegen können wir auch nichts komplett ausschließen.“ Aber mutmachend fügte sie sinngemäß hinzu, man solle sich da mal nicht so anstellen. Schließlich geht es darum, „dass wir die Ukraine, die mutigen Menschen dort vor Ort, bei ihrem Kampf für ihre Freiheit, für ihren Frieden und für unsere europäische Sicherheitsordnung unterstützen“. Ebend.
♦ Derweil fordern an der Heimatfront Wirtschaft und Industrie die Aufhebung der Priorisierung privater Haushalte für die Gasbelieferung, denn, „was hilft es, wenn die Arbeiter zu Hause im Warmen sitzen, und die Arbeitsplätze sind weg?“ Da ist was dran. Außerdem könnte hier die Empfehlung von Thilo Sarrazin, damals noch in Ehren bei der SPD, hilfreich sein, dicke Pullover anzuziehen, wenn die Energiepreise steigen.
♦ Grüne und SPD tun inzwischen, was sie können, damit wenigstens die Ihren gut durch die Krise kommen und schufen gleich mal um die 700 neue warme Dienststellen für verdiente Daherschwätzer in ihren Ministerien (ein paar davon gehen auch an die FDP). Für alle anderen bleibt die Frage spannend: Was wird nach Lebensmittelpreisen und Nebenkosten wohl als nächstes steigen? Mehrwertsteuer? Einkommenssteuer? Lohnsteuer?
♦ Oktoberfest wieder ohne jegliche Zugangsbeschränkung, Restaurants und Geschäfte voll, für Karl Lauterbach gibt es derzeit wahrlich keine guten Nachrichten. Nun soll auch noch „ein hochkarätig besetzter Sachverständigenrat“ bewerten, „welchen Nutzen und welchen Schaden die Corona-Politik von Bund und Ländern hatte“!? Da sagt der Dr. Drosten gleich, er mache dabei nicht mit. Mit Recht! Denn wenn auch der Expertenrat sicherlich vorausschauend zusammengesetzt ist – man sieht ja beim Ethikrat, wie schnell sowas aus dem Ruder läuft.
♦ Und dann erklärt auch noch Biontech gegenüber der US-Börsenaufsicht, „dass in ihren klinischen Studien oder sogar nach Erhalt der behördlichen Zulassung schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auftreten könnten”, und es auch mit der Schutzwirkung nicht so weit her sei, wie es unser Karl in Presse, Funk und Fernsehen immer behauptet. Wenn das so weitergeht, macht Karl am Ende das Corona-Licht aus.
♦ Über Daniel Holefleisch, den Gatten von Annalena Baerbock, ist recht wenig bekannt, nicht einmal Wikipedia kann weiterhelfen. Er war wohl „Head of Division Corporate Contacts & Fundraising“, wie das bei den Grünen heißt, dann Lobbyist bei der deutschen Post/DHL, und, wie wir der „Für Sie“ entnehmen, ein guter Ehemann und Vater. Nun, wo die Kinder (7 und 11) aus dem Gröbsten raus sind, wird er Partner der Lobbyagentur MSL, einem internationalen Propagandakonzern. Hut ab! Nur den angeblichen Vertragsbestandteil „Eine Ansprache der Leitungsebene des Auswärtigen Amtes oder der Außenministerin Annalena Baerbock im Rahmen seiner Tätigkeit bei MSL ist vertraglich ausgeschlossen“ kapieren wir nicht ganz. Seit wann brauchen die Grünen für ihre Geschäfte ein Feigenblatt?
♦ Jetzt hätten wir doch fast den Witz vom Christian Lindner vergessen! Das Lindnerticket (9 Euro Monatskarte für Bus und Bahn) von Juni bis Ende August. Nur Bimmelbahn, versteht sich, nicht ICE. Und dazu die Punchline: 300 Euro (brutto!) zum Abfedern der Inflation.
♦ In Paris traf ein altmodisches Telegramm aus Moskau ein, in dem Wlad dem wiedergewählten Macron „aufrichtig Erfolg bei der Staatsführung, eine feste Gesundheit und Wohlergehen“ wünscht. Hm. Muss man das als Drohung verstehen?
♦ Wo Elon Musk sich nun Twitter für schlappe 43 Milliarden kauft und Meinungsfreiheit verspricht, hat das wohl auch Auswirkungen auf Arbeitsplätze in den Geschäftsbereichen Denunziation & Überwachung in Deutschland, und viele „Stiftungen“ müssen Stellen abbauen.
♦ Wir wollen bei allem Gedöns nicht unseren Boris vergessen, den einige finanzielle Volleys in die Bredouille brachten. Aufmunternde Post senden Sie bitte an Boris Becker, Wandsworth Prison, Heathfield Rd, London SW18 3HU.
Schönen 1. Mai (und gutes Aufräumen in Berlin)!
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