Die Landbevölkerung gilt dem woken Städter als ein bisserl deppert, kirchgläubig, bei allem zu spät dran. Dreistellige Ortsabkürzungen auf Kfz-Kennzeichen werden gern als Warnhinweise für besonders drömmelige Fahrweise interpretiert, und für TV-Macher ist der Bauer nur Thema, wenn er strengste grüne Landwirtschaft betreibt (öffentlich-rechtliche) oder als Witzfigur, der man aufs Pferd helfen muss („Bauer sucht Frau“, RTL). Für unser politisches Establishment ist der Bauernstand eine zu vernachlässigende Größe. Bis jetzt.
♦ Wegen Regierungsmurks erboste Landwirte hatten Urlaubsheimkehrer Habeck am Kai in Schlüttsiel (Schleswig-Holstein) erwartet. Erst beim zweiten Fähranlande-Versuch konnte der Grüne das Festland betreten, nachdem der erste Versuch wegen Bauernandrang abgebrochen worden war.
♦ Nun wird der Vorfall auf die altbekannte Art („Sturm auf den Reichstag“) von einer politischen Verantwortungsgemeinschaft und ihrer Gesinnungspresse „aufgearbeitet“. Die aufgebrachten, aber nicht aggressiven Menschen – Männer, Frauen und Kinder –, die Habeck an der Fähranlegestelle aufwarteten, waren demnach „Leute, die feuchte Träume von einem Umsturz haben“, so der Grüne Özdemir, und Bild übersetzt diensteifrig, wen er mit „Leute“ meint: „Aktivisten vom rechten Rand“. Selbst unser Genosse Präsident vergriff sich vor Aufregung in seinem Zitatekästchen und fischte den Zettel mit der Vorlage „Aufrufe zu Hass und Gewalt überschreiten die Grenze dessen, was gerechtfertigt ist“ heraus.
♦ „Hass“ und „Gewalt“ dürfte der Genosse Präsident vielleicht Silvester in Berlin, aber kaum in Schlüttsiel gesehen haben, wo nicht einmal die Polizei von „Gewalt“ sprechen will. Habeck war nicht gefährdet, und das nicht nur, weil „ich als Minister qua Amt Schutz der Polizei“ hatte. Dafür nutzte der zunehmend unbeliebte Vizekanzler die Gelegenheit, seine Solidarität mit weniger bemittelten Leidensgenossen abzusetzen: „Viele, viele andere“, so Habeck, „müssen Angriffe allein abwehren, können ihre Verunsicherung nicht teilen.“
♦ „Peinlich“ und „weinerlich“ sei seine Reaktion, muss sich Habeck ausgerechnet von einer Frau (Sahra Wagenknecht) sagen lassen. Im Netz sind die Damen noch direkter: „Meine Güte, wie kann man sich so anstellen? Was würden Politiker machen, wenn sie unsere Realität (er)leben müssten?“
♦ Für die Grünen lautet das Schlagwort der Stunde „Privatsphäre“ (welche in Schlüttsiel angegriffen wurde, so die Grüne Haßelmann). Gut, dass es noch freie Meinungsäußerungen etwa bei X gibt, sonst wäre fast überall nur der liberalsozialistische Einheitsbrei zu vernehmen. So aber prasseln die Widerworte geradezu auf die Weinerlichen herab. Twitterati „Don Alphonso“ spottete über „Politiker, die mir einen experimentellen Impfstoff zwangsweise in den Körper rammen wollten, und jetzt auf einmal Privatsphäre entdecken“, andere zählen auf, wo Politiker jedermanns Privatsphäre vergewaltigen: „Sie schreiben mir vor, was ich essen darf, sie wollen uns zwingen, Männer Frauen zu nennen und Wärmepumpen einzubauen…“
♦ Jedenfalls wurden alle Bemühungen des Kanzlers, mit Hochwasserauftritten Punkte zu machen, von Habecks Fährabenteuer unterspült, obwohl Chef Olaf beim zweiten Anlauf endlich die unpassenden Schnürschuhe gegen politisch vorgeschriebene Gummistiefel ausgetauscht hatte.
♦ In Sachsen kommt die SPD laut jüngsten Umfragen auf nur noch drei Prozent, in Bayern tänzelt sie allmählich den magischen fünf entgegen. Da kommt beruhigend der Wahlforscher und SPD-Genosse Güllner (Forsa) um die Ecke und versichert den Seinen, dass der Rückgang der SPD in Sachsen um 4 Prozentpunkte von 7 auf 3 Prozent in nur 4 Wochen „vollkommen absurd“ sei. Zur Sicherheit aber schlägt er vor, der Parteichefin Antifa Esken ein „Sachsen-Verbot“ bis nach der Wahl zu erteilen. Das wäre wohl auch für Ex-SPD-Chef Gabriel angebracht, der sich vorstellen könnte, in Sachsen für CDU-Kretschmer Wahlkampf zu machen, welcher gerne Social Media regulieren möchte.
♦ Carsten Schneider, SPD, Leiter der Dienststelle Fremde Völker Ost, oder wie man heute sagt „Ostbeauftragter der Bundesregierung“, fordert indessen, „die stille Mitte muss sich erheben, um diese Demokratie zu erhalten“, sprich seinen Parteigenossen und ihren Freunden den Platz an den Futtertrögen zu erhalten. Das sei ganz leicht, so Schneider, man müsse die AfD nur „inhaltlich stellen“. Sind die gemeingefährlichen Bestrebungen der Spezialdemokratie (Bevölkerungsaustausch, Staatsbankrott, Deindustrialisierung) dem Bankkaufmann mit aufgesetztem Public-Policy-Studium völlig verborgen geblieben? Außerdem: Die stille Mitte erhebt sich doch gerade. Da erscheinen uns die drei Prozent für die SPD plausibel.
♦ Auf die Demokratie folgt nach Platon bekanntlich die Tyrannis, und wo wir da genau stehen, dürfte dieses Jahr nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen deutlich werden. Die Neue Zürcher Zeitung titelte schon mal: „Wer die AfD verbieten will, ist ein Antidemokrat“.
♦ Hans-Georg Maaßen, der von Merkel gemaßregelte Verfassungsschutzpräsident, der sich trotz Demission weiter für den Erhalt unseres von den Liberalsozialisten bedrängten Grundgesetzes einsetzt, gründet nun eine Partei, beziehungsweise will aus der Werteunion eine solche machen. Die könnte bereits bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen an den Start gehen und würde mit allen zusammenarbeiten, die guten Willens sind. Beobachtet der jetzige Verfassungsschutzchef nun den vorherigen? Und geht es um dieselbe Verfassung?
♦ Das Thema in den USA: die Klienten- oder Freundesliste von „Pädo“ Jeffrey Epstein, und wer womöglich eine „Massage“ von minderjährigen Mädchen bekam. Auch wenn Donald Trump auf der Liste steht, werden ihm die Demokraten keinen Strick daraus drehen können, denn er stand da nur, weil eine Zeugin angab, mit Trump keinen Sex gehabt zu haben. Dafür weiß Amerika inzwischen, dass Bill Clinton die Mädchen „gerne jung“ mag. Erstaunlich: Der weltberühmte Zauberer David Copperfield konnte seinen eigenen Namen offensichtlich nicht aus den Prozessakten verschwinden lassen.
♦ Der Vollständigkeit halber: In Berlin hatte die Polizei laut Bild zu Silvester „alles im Griff“, nur 54 verletzte Polizisten, 660 Brände und 30 Angriffe auf die Feuerwehr wurden gemeldet. Die 390 in der Nacht Festgenommenen sind einen Tag später alle wieder frei. Same procedure as next year… Die Bilder der Berliner Silvesternacht legen nur eine Frage nahe: Sag’ mir, wo die Frauen sind? Wo sind sie geblieben? Was ist geschehen? Wann wird man je verstehen?
♦ Vielleicht mal die 500.000-Euro-Frage bei „Wer wird Millionär“: Warum war CDU-Chef Merz nicht bei der Klausurtagung der CSU im Kloster Seeon (wo etwa CDU-Kretschmer und CDU-von der Leyen Gäste waren)?
A: Weil sein Vater 100 wurde. B: Weil er dringende politische Termine in Dänemark hatte. C: Weil er gar nicht eingeladen war. Oder D: Gibt da keinen Flughafen. (Auflösung in der nächsten Blackbox)
Schönen Sonntag!
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