Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 36 – Sitzen ist das neue Stehen, Kleben ist das neue Gehen

Merkel hockt in China, Heiko schwitzt in Afrika, und die SPD spielt „Alice im Wunderland“. Und wir? Wir müssen pauken für den kleinen Waffenschein ...

Wohin, bitteschön, kann sich der weltinteressierte Mensch denn heute noch wenden, wenn er ein halbwegs objektives Bild der Lage sucht? Das ZDF zeigte eine Art Doku-Soap, die Angela Merkel als Mutter Theresa der Flüchtlinge darstellte – blühender Unsinn, an den Haaren herbeigezogen, aber als Wahrheit verkleidet. „Bild“ sieht überall Putin-Gespenster, die mitten in Berlin auf friedliebende Islamisten schießen. Und der „Spiegel“ verbeißt sich knurrend in die Hosenbeine eines vermeintlichen Einbrechers in das Unterhaus der englischen Demokratie.

Boris Johnson, so heißt der Intruder, „sabotiert die britische Demokratie“, manövriert das Parlament aus, und – besonders verwerflich in den Augen der Redakteure, die in den Merkeljahren ihre Liebe zu weiblicher Obrigkeit entdeckt haben – er „zieht sogar die Queen in seine Schlammschlacht hinein“. Shocking! Inzwischen haben die Wadenbeißer aus Hamburg selber die Orientierung verloren. „Wer“, fragen sie sich verwirrt, wie damals nach der Wahl von Donald Trump, „liegt eigentlich gerade vorn?“

♦ Wenig hilfreich sind auch Wirtschafts-Schamanen, die einen Absturz des britischen Pfund diagnostizieren, weil Boris „lieber tot im Graben liegen“ als in der EU bleiben will. Ein Blick in die Börsencharts entlarvt den Hokuspokus. Diese Experten in Ökonomie-Voodoo glauben allerdings auch, dass der Dollar fällt, wenn Trump hustet, oder dass Angela Merkel den Euro stabilisiert, nur weil sie überhaupt da ist. Vielleicht steht einfach bloß Soros ante Portemonnaie?

♦ Wenn Aufmerksamkeit die neue Währung unserer Zeit ist, dann stehen auch für Angela Merkel die Aktien gut. Mittlerweile braucht sie nicht einmal mehr etwas zu sagen, um ihre Anhänger zu entzücken. Sie muss einfach nur sitzen bleiben, wie zuletzt in China, schon rätselt die ganze Welt: „Sit in“ für Hongkong?

♦ Die Chinesen reagierten weise. Obwohl sie natürlich die Diagnose von Reinhold Messner (in China als Yeti verehrt) kannten – „Die Frau ist viel zäher als die meisten denken. Sie schafft locker 1.000 Höhenmeter. Ohne zu rasten“ – stellten sie wortlos zwei Stühle auf die Bühne. Denn schon Konfuzius sagte über die Regierungskunst: Sitzen ist das neue Stehen. Und (im Amt) Kleben ist das neue Gehen.

♦ So viel Spaß hatten sie lange nicht mehr in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Endlich mal frei von der Leber weg alles fordern, was zu fordern ist.

Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Plus Klimawandel. Mehr Schulden, kürzere Arbeitszeiten, schnelles Internet, Bildung, Wohnen und Sicherheit. Kapital an die Leine nehmen. Den ökologischen Umbau sollen die Reichen bezahlen. Und genauso früh sterben wie die Armen. Höhere Steuern. Und die Vereinigten Staaten von Europa.

Die Türen und Fenster für die SPD weit öffnen wollen die Spezialdemokraten, und Fröhlichkeit bringen wollen sie auch. Und keine GroKo, ruft Karl „die Fliege“ Lauterbach noch laut in die Regionalkonferenzen. Ola Genosse Finanzminister Scholz behält trotzdem sein Grinsen im Gesicht. Er weiß: Die formelle Entscheidung für eine Doppelspitze „soll“ dem Ergebnis der Mitgliederbefragung entsprechen, „muss“ es aber nicht.

♦ Auch wenn kaum jemand die „Wünsch Dir was“-Shows der SPD sehen konnte – die SPD kann dieses verflixte Internet noch nicht, so dass die Übertragungen ständig abbrachen – munkeln Demoskopen die SPD schon mal zwei Prozentpunkte rauf. Hm. 23 Shows mal 2 Punkte macht 46 %, plus die 14%, die die Partei jetzt schon sicher hat, ergibt 60 %. Da geht die rote Sonne auf, ganz ohne schwarze Nullen oder grüne Flecken …

♦ Jetzt aber zurück in die Gegenwart. Inzwischen haben sich doppelt so viele Leute in Allemannda einen kleinen Waffenschein besorgt, als vor Merkels wundersamer Grenzöffnung 2015, wundern sich die Gazetten. Dabei ist doch das Lesen der Kriminalstatistiken in der regierungsnahen Presse der beste Schutz vor Ungemach …

♦ Der „Spiegel“ berichtet,– ganz im Geist des großen Relotius, der wohl immer noch durch den Newsroom weht – vom armen „al-Ibrahim, der sich mit acht Kindern, zwei Ehefrauen, einem Schwiegersohn und dem Sohn eines Cousins“ auf den beschwerlichen Weg ins gelobte Merkelland gemacht hat. Warum er sich aufmachte, erfahren „Spiegel“-Leser nicht. Waren es die wundersamen Erzählungen auf seinem Smartphone von kostenfreien Häusern und einer Vollversorgung, damit er endlich mehr Zeit für seine zwei Frauen hat, und sich vielleicht sogar eine dritte leisten könnte wie viele andere, die sich vor ihm auf die Reise machten?

♦ Ralf Stegner freut sich jedenfalls schon auf al-Ibrahim und die Seinen, weiß er doch von seinen Reisen über Land: „Die meisten Menschen haben kein Problem, dass ihre Gemeinde islamisiert wird.“ Dass die meisten damit kein Problem haben, ist seine Einschätzung. Dass Gemeinden islamisiert werden, seine Feststellung?

♦ Jedenfalls steigen die „Flüchtlings“-Zahlen wieder deutlich an, und außer Ralf Islamkenner Stegner, Caritas und AWO freut sich auch die italienische Mafia, die die Migranten auf Zwangsdiät mit abgelaufenen Lebensmitteln setzt und bei der EU 5-Sterne-Essen und Hotels abrechnet.

♦ Erdolf, der Prächtige, verspricht noch deutlich mehr Migranten zu schicken, wenn er nicht endlich seinen Anteil erhält. Er hätte gerne ein Stück Land in Syrien als „Sicherheitszone“, außerdem habe er 40 Milliarden Dollar für Flüchtlinge ausgelegt. Also nach seinen persönlichen Berechnungen. Er wäre unter Umständen aber auch bereit, fünf Milliarden zu akzeptieren. Oder vier. Aber dann müsste noch eine Atombombe (Bümm-Bümm-Boah-Ey) drin sein und diese Flüttflütts, diese Drohnen. Sonst knallt‘s.

♦ Wir haben ja Verständnis für den Düsseldorfer Richter, der dem Islamisten Haidar A., 26, mit Spuckschutz und hinter Panzerglas den Prozess macht. Aber was ist mit uns? Wenn der Strolch wieder mal mit Bewährung auf die Straße gelassen wird?

Kann man die Anti-Spuck-Vorrichtung dauerhaft befestigen? Oder sind nur Amtspersonen schützenswert?

♦ Leser fragen immer wieder, wann denn mal wieder was über Heiko kommt. Ja, Gott, der macht ja nix. Zuletzt war er im Sudan. Aber anstatt wie einst Kennedy in Berlin zu sagen „Ana Heiko, ana ifriki“ (Ich bin ein Afrikaner), hat er nur ein bisschen Geld versprochen, und Bildung und Gerechtigkeit …

♦ Das Wetter ist gerade etwas ungünstig für die Grünen. Hinter CDU/CSU im ARD-Deutschlandtrend. Gut, dass keine Wahlen sind. Ach, Klimakinder, freitags warm anziehen, gelle!


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