Tichys Einblick
Blick zurück - nach vorn

Blackbox KW 17 – „Verzweifeln Sie ruhig, aber zweifeln Sie nicht!“

Ironie? Wirklichkeit? Nach dem Sturm im Wasserglas wohl letzteres. Ansonsten zeigte sich sogar Merkel von ihrer satirischen Seite. Beim Impfen, sagte sie, „ist echt nicht alles schiefgelaufen“.

Liefers! Was haben Sie sich dabei gedacht, Zweifel zu schüren an den Maßnahmen unserer Regierung? Das ist doch nur Wasser auf die Mühlen der Rechten, Coronaleugner, Verschwörungstheoretiker, Reichsbürger und Klassenfeinde! Wussten Sie das nicht? „Sind Sie wirklich so naiv?“ Jan Josef Liefers, Schauspieler, antwortete dem Verhörleiter des WDR (Aktuelle Kamera … Quatsch … Stunde, Aktuelle Stunde):
„Wissen Sie, wann das letzte Mal jemand zu mir gesagt hat: ‚Sind Sie so naiv?‘ Das war ein Mitarbeiter des Zentralkomitees in der DDR auf der Schauspielschule.“

♦ Mit Liefers hatten auch 52 andere prominente Schauspieler Kurzvideos veröffentlicht, in denen das glorreiche Wirken unserer politmedialen Verantwortungsgemeinschaft bei der Bekämpfung der größten Seuche aller Zeiten mal verhohnepiepelt, mal bitter beklagt wird. Unverzüglich trat daraufhin die haltungsfeste Presse an und verdammte die Aktion „#allesdichtmachen“. Die Bundesregierung bot sofort „Gespräche an“, schon am Dienstag soll ein solches mit Angela Merkel und „14 Kunst- und Kulturschaffenden“ (altes und neues Regierungsdeutsch) stattfinden.

Kulturverbände geißelten die Clips wunschgemäß und in Original Merkel-Sprache als „wenig hilfreich“. Und der Vorstand des Bundesverbandes der gleichförmigen Denker in der SPD, ein gewisser Garrelt Duin, forderte in seiner Eigenschaft als WDR-Rundfunkrat, die Zusammenarbeit mit Schauspielern, die bei der Aktion mitgemacht haben, zu beenden.

♦ Viele der Angeklagten, vor allem solche mit West-Hintergrund, widerriefen ihren Beitrag zu der Aktion, „bereuen zutiefst“, entschuldigen sich, distanzieren sich, löschen und versuchen sich wieder einzureihen in die Arbeiter-Einheitsfront, weil sie schließlich auch Arbeiter sind (DDR-„Volks“lied). Der Initiator der Aktion, ein gewisser Bernd K. Wunder, „mit bürgerlichem Namen Bernd Katzmarczyk“, der laut RTL schon früher als leicht Querdenkender aufgefallen war, stellte den verbleibenden Videos einen langen Aufsatz mit Bekenntnis zur einheitlichen demagogischen Grundordnung voran.

♦ Ob der Klassiker „Das ist Kunst“ oder „Satire“ vor Strafe schützt, darf bezweifelt werden, denn Kunst ist in Merkelland nur, was in einen Rahmen passt oder was in ARD und ZDF angeboten wird.

♦ Was ist Satire? Das wollen wir an einem kleinen Beispiel erklären (nein, nicht, was Sie meinen, verehrter Stammleser!). Also: Die UN-Frauenrechtskommission ist das höchste Gremium zur Gleichstellung der Geschlechter mit dem Ziel, Frauenrechte und Gleichberechtigung weltweit zu fördern. Und in dieses Gremium wird nun das Frauenverhüllungs-Regime des Iran gewählt. Das ist Satire!

♦ Oder das: Nachdem fast alle Ministerpräsidenten das neue Corona-Gesetz als nicht durchdacht, einem freien Land nicht würdig oder gar als „verfassungsrechtlich bedenklich“ bezeichnet hatten, ließen sie es im Bundesrat passieren.

♦ Das auch: Während die Berliner Polizei friedliche Demonstranten wegen Verletzung der Abstandsregeln im Auftrag der Roten Barbara (Slowik) überfällt und der Dorf-Metzger nur fünf Kunden gleichzeitig ins Geschäft lassen darf, drängeln sich unsere Abgeordneten eng an eng vor den Wahlurnen zum Abstandsgesetz, als gäb‘s kein Corona.

♦ Schluss mit Ernst. Jetzt zur Unterhaltung. In der erfolgreichen Serie „Geliefert wie bestellt“ klagt der fesche Robert, dass er „auf einmal über Äußerlichkeiten beschrieben“ wird und nicht über seine „Leistungsbilanz und Erfahrung“. Soll heißen, dass Annalena nur Kanzlerkandidatin geworden ist, weil sie eine Frau ist, dabei hat sie von nichts eine Ahnung. Das stimmt, bestätigt ein „Spiegel“-Autor, aber das ist auch gut so. Denn natürlich lautet in der Seefahrt die Antwort auf die Frage „Sollte jemand, der noch nie ein Schiff geleitet hat, Kapitän auf einem Flugzeugträger werden?“ „Nein, zu gefährlich.“
Aber das gilt nur „auf dem maritimen Gebiet“. Schließlich sind wir ja mit Merkel, Spahn, Seehofer und den anderen Kapitänen auch prima gefahren. Der Spiegel druckt jedenfalls schon mal Annalenas Wahlplakat als Cover.

♦ Auch Markus Söder hat den „schmerzhaftesten Tag in meiner Laufbahn“ (Habeck) hinter sich bringen müssen. „Die Würfel sind gefallen“ rief Deutschlands beliebtester Kanzlerkandidatendarsteller aus, nachdem Armin den Pott kassierte. Da wollen wir ein anderes Caesar-Zitat heranziehen: Veni Vidi Arreviderci.

♦ Und wie schnell er wieder da war! Zwar hatte er „ausdrücklich“ gesagt, dass „wir als CSU und auch ich“ die Entscheidung der CDU überlassen. Aber wörtlich war das nicht gemeint. Manch konservativer Söder-Fan müsste froh sein, dass ihm ein Kanzler Söder erspart bleiben könnte. Denn der wetterfühlige Franke steht „für eine Modernisierung im Programm“, und versteht „Umwelt nicht nur als Deko“, sondern eher so wie die Grünen. Sogar „ein unterschiedliches Verständnis von Demokratie“ als dieser Laschet will er haben. Nach den „progressiven Merkel-Jahren“ geht’s mit ihm gleich noch progressiver zur Sache. Da setzt man am besten die Maske auch nachts im Bett freiwillig auf. Bevor der Söder zweimal klingelt.

♦ Übrigens hatte Söder auf die progressive Merkel gesetzt, die ein Mitspracherecht bei der Kandidatenfrage hatte. Aber die enthielt sich, schließlich soll es ja die Annalena werden. Das findet wohl auch Lokführer Güllner, SPD, der für Annalena gleich den alten Schulz-Zug aus dem Forsa-Schuppen holte und schon mal auf 28% vorheizte. (Nachdem die Grünen gerade mal 8,9% bei der letzten Wahl hatten.)

♦ Ein bisschen stört eine andere Umfrage, der zufolge „mehr als die Hälfte“ von jungen Wahlberechtigten angaben, von Annalena Baerbock noch nie gehört zu haben. Da haben Staatsfunk und die grüne Lehrerschaft noch einiges zu tun.

♦ Bei der aktuellen Denunziantenflut macht der „Heiko der Woche“ wahrlich keinen Sinn mehr, aber wir wollen unseren Heiko natürlich nicht vergessen. Gerade macht er wieder Schlagzeilen, weil er eine Katharina Stasch, „eine Juristin ohne diplomatische Erfahrung“, zur Leiterin der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik bei den Vereinten Nationen in Genf machte (12 Mille, wahrscheinlich brutto für netto). Entschuldigung! Die Frau war mal Heikos Büroleiterin – und der hat schießlich auch keinerlei diplomatische Erfahrung oder Befähigung.

♦ Corona? Muss nicht sein. Außer vielleicht, dass Merkel sagte, beim Impfen „ist echt nicht alles schiefgelaufen“. Nicht alles? Ist das jetzt besser als „im Großen und Ganzen“?

♦ Was ist denn nur mit Bischof Heinrich los? Er würde „es ausdrücklich begrüßen, wenn die (Antifa-) Flagge alsbald eingeholt wird, da die Diskussion darum das eigentliche Anliegen der Seenotretter zunehmend unsichtbar macht“, sagte Bedford-Strohm dem evangelischen Pressedienst.

♦ Jetzt zum Sport. Schalkes Torwart Fährmann wurde geohrfeigt, und Stürmer des Vereins rannten schneller als aufm Platz, um der Meute zu entkommen, die mit der Leistungsbilanz des sportlichen Personals unzufrieden war. Abstieg aus der 1. Bundesliga! Medien schreiben von „Jagdszenen“. Frank-Walter, das ist Ihr Beritt!


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