Tichys Einblick
Blick zurück nach vorn

Blackbox KW 07

Merkel macht den Adenauer, Erdogan weitere Kriegsanstrengungen und Donald T. macht Burger aus heiligen Kühen. DJ Siggi Flop legt wieder seine alten Platten auf, aber ein Oldie läuft noch besser: Drah di net um, Kommissar Oettinger geht um.

Rauchende Colts

Auf Druck der EU musste die einstige Militärdemokratie Türkei auch die Muslimbrüder zu Wahlen zulassen. Die fanden genügend Stimmen bei den zurückgebliebenen Bauern Anatoliens und stellen heute die Regierung. Deren dicksten Freunde sind die wahabitischen Saudis und auch mit dem sunnitischen IS scheinen Erdogan und Co. so manches Wasserpfeifchen zu rauchen. Nun steckt das Land in einem asymmetrischen Krieg. Bombenangriffe auf Kurden, Bombenattentate in Ankara und Istanbul, Aufmarsch an der syrischen Grenze.

Vorsorgliche Ansage der NATO: die Türkei kann im Falle einer selbstprovozierten Auseinandersetzung mit Russland nicht mit Beistand rechnen.

Wie einst Krösus bekäme wohl auch Erdogan folgende Weissagung des Orakels von Delphi: Du wirst ein großes Reich zerstören.

♦ Apropos: Hätte Wladimir Putin einen Sohn namens Bilal, der in Italien wegen angeblicher Geldwäsche angeklagt ist, dürften wir in der Qualitätspresse eine Menge über ihn und seine ehrenwerte Familie lesen. Nun hat aber Erdogan einen Sohn namens Bilal, der in Italien angeklagt ist, und wir lesen: so gut wie nichts.

Europa einig Kummerland

♦ Die EU-Brexit-Geschichte könnte man einem politisch Desinteressierten vielleicht so erzählen: Ein Mann, nennen wir ihn David, kommt jeden Abend besoffen aus der Bar, bis seine Frau ihm sagt: Basta, du bleibst zuhause! Nun überlegen seine Barbekanntschaften und Bar-Damen, welche Argumente sie David für seine Frau an die Hand geben können, damit er doch noch in der fröhlichen Runde bleiben darf. 1. Er muss nur noch einen ganz kleinen Teil der Zeche zahlen. 2. Er wird keine ungebetenen Gäste mehr mit nach Hause nehmen. 3. Er geht nur noch zweimal die Woche aus.

Aber so wie man die Frauen kennt, wird’s wohl nichts nützen.

Oder als Filmzitat: Ist er drin? Nein. Draußen ist er auch nicht.

Die Kanzlerin kommentierte zufrieden: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, nichts hindert mich, weiser zu werden.“

♦ Die Balkanländer schicken Flüchtlinge demnächst in Zügen direkt ins gelobte Merkelland. Eine groß angekündigte EU-Konferenz zur Streckenerweiterung für den „Merkel-Express“ (H. M. Broder) Richtung Osten oder Westen Europas wurde vertagt.

♦ Man hörte lange nichts von Kommissar Günther Oettinger. Zuletzt war ein Video mit seinen Englischkenntnissen ein viraler Comedy-Erfolg. Jetzt ist crazy Günther wieder da: „Wenn Petry meine Frau wäre, würde ich mich erschießen!“ Am Beispiel Oettingers wird zum wiederholten Mal ein deutsch-europäisches Dilemma sichtbar: Es rächt sich, dass trotz allem Europa-Europa-über-alles-Geschrei ausgerechnet die deutschen Polit-Eliten das Projekt nie richtig ernst genommen haben. Von Beginn an wurden eher die Fußkranken nach Brüssel ausgemustert, während etwa Frankreich Elite-Absolventen der ENA schickte. Deshalb haben wir heute Schulz. Und Oettinger.

Facts & Fiction

♦ Neue Folge der US-Serie: The Donald traut sich was! Präsidentschaftskandidat Donald Trump schlachtet eine heilige Kuh der Konservativen: George W. Bush. Der habe nicht nur wider besseren Wissens den Irak-Krieg vom Zaun gebrochen, sondern sich auch als unfähig erwiesen, das amerikanische Volk zu schützen, weil er trotz entsprechender CIA-Hinweise 9/11 nicht verhindert habe. Jeb! Bush bekam Schnappatmung. Mutter Barbara und Bruder George eilten zu Hilfe nach South Carolina – und konnten doch nur die politische Leiche von Jeb! nach Hause überführen. Selbst das Grollen des Papstes aus den Wolken konnte den Sieg des Trumpinators nicht verhindern. Der arbeitet an der nächsten Folge: Die Kreuzigung des Ted Cruz

♦ Als wär’s ein Stück von John Grisham. Der plötzliche Tod des erzkonservativen Richters Antonin Scalia liest sich wie ein Auszug aus „Die Pelikan-Akte“. Der 79-Jährige hatte angeblich ein Kissen über dem Kopf, aber eine Obduktion wurde verweigert, die Akte geschlossen.

Wir schaffen das

♦ Zuwanderer aus Syrien, Afghanistan und dem Irak stellen zwar die größte Gruppe, werden aber im Verhältnis seltener straffällig. Anteilig deutlich mehr Straftäter fanden sich unter den Migranten vom Balkan, aus Eritrea und Nigeria, meldet das BKA. Wenn man weiß, dass in vielen Bundesländern polizeiliche Schweigepflicht und Datensperre herrschen, bleibt die Frage, was solche Statistiken aussagen. Was sie sagen sollen, ist klar.

♦ Wieder eine dieser unsäglichen Überschriften bei spiegel online „Flüchtlinge könnten deutsche Staatsschulden senken“. Könnten. Am selben Tag meldete die FAZ, dass eine Mehrheit von 220 befragten Wirtschaftsprofessoren zu anderen Rechenergebnissen kommt.

Aus den Parteien

♦ Der Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, gab ein beeindruckendes Interview über Probleme mit der Zuwanderung. Selbst grüne Professoren kämen voller Sorge zu ihm, weil sie „blonde Töchter“ haben. Warum diese deutlichen Worte aus grünem Munde? Möglichkeit eins: Der Mann ist intelligenter als die Parteispitze. Möglichkeit zwei: Es sind Wahlen im Ländle und Problemlösungen gefordert. Dafür spricht, dass die für jede Wahl schädliche Heulboje Claudia Roth zuletzt wohl in irgendeinem Keller versteckt wurde. Dazu passt das Märchen vom Wolf im Schafspelz? Bei dessen Schneider lassen auch die Grünen gern schneidern.

♦ Deutschland ist so regenbogenbunt, dass wohl selbst mancher Schwule schon farbenblind geworden ist: Die AfD ist bei homosexuellen Wählern auf Platz drei! Na dann „Stößchen“, Volker Beck.

♦ Sozis verstehen nichts von Wirtschaft, wusste schon Franz Josef Strauß. Jüngstes Beispiel: Ehrensozi Angela Merkel machte unter dem Jubel des Bundestages die Atomkraftwerke dicht. Nun kollabiert RWE und zahlt keine Dividende mehr. Die Bundestags-Genossen hatten total vergessen, dass die dicksten Aktienpakete von den Kommunen gehalten werden. In der Politik strahlen wahrlich die hellsten Brennstäbe.

♦ Kaum hat SPD-Chef Sigmar Gabriel seinen Erziehungskurzurlaub beendet, greift er sich das nächststehende Mikrofon: Die AfD wolle „eine völkische Gesellschaft“. Er lernt einfach nicht dazu. Es gibt doch schon genug Propaganda-Tröten in seiner ehemaligen Volkspartei. Überraschend nur, dass sich laut Forsa-Umfrage immer noch 14 Prozent den Siggi Flopp zum Kanzler wünschen.

Rausschmeißer

Der „Heiko“ der Woche – so wollen wir in Zukunft den Denunzianten-Preis im Sinne unseres Justizministers nennen – geht an die „Studierenden des Studierendenrates“ an der Uni Leipzig, die einen Juraprofessor anprangerten, weil er auf Twitter „gehetzt“ habe.

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