Am 1.Dezember ging der 7. sogenannte Integrationsgipfel unter Merkels Oberhoheit im Kanzleramt zu Ende. Die Lobbyistenveranstaltung mit ihren Fensterreden stellte fest, dass es „Diskriminierung“ gäbe. Um Fakten ging es nicht.
„Es gibt, das ist der Befund, noch Diskriminierung“, lautet das wie immer alternativlose Wort der Kanzlerin. Ein bisschen genauer und sehr viel differenzierter dürfte es bitteschön aber schon sein. Werthaltige Belege und Analysen fehlten auf diesem Integrationsgipfel, weshalb auch die Agenda des Integrationsgipfels wenig mediales Echo fand – ganz entgegen der gewöhnlichen Aufmerksamkeit für das Schaufensterthema.
Wieviele Integrationsveranstaltungen von Bund, Ländern, Gemeinden, Gewerkschaften, Kirchenbildungseinrichtungen usw. gibt es in Deutschland? Dieser Zirkus ist nicht mehr zählbar. Leider handelt es sich um ein stereotypen Einbahnstraßengeschehen, weshalb weder die große Mehrheit der Bevölkerung mitgenommen wird noch irgendwelche großen Erkenntnisse produziert werden. Die Migrantenverbandsvertreter, das heißt die Vertreter der muslimischen Gemeinden beherrschen auf der Migrantenseite das Geschehen. Sie sind die Stars der Anklage und derjenigen, die die Forderungen stellen. Vertreter von Staat und Gesellschaft üben sich in wohlgefälliger Selbstdarstellung. Sie federn die Forderungen der Migrantenvertreter selten ab und meistens stimmen sie, vollmundig Besserung gelobend, zu und versprechen die deutsche Bevölkerung mit deutschem Hintergrund entsprechend zu konditionieren.
Merkels „Nationaler Integrationsplan“
Der erste „Integrationsgipfel“, ein etwas eigenartiger Name, den Kanzlerin Merkel veranstalten ließ, fand im Juli 2006 im Kanzleramt statt und endete mit dem Beschluss einen „Nationalen Integrationsplan“ zu erstellen. Wie bitte? National? Das Wort „national“ ist im deutschen Sprachgebrauch nun wirklich verpönt. Man denke nur an die Nationalhymne oder an die Flagge der Nation. Die Flagge der Bundesrepublik ist schwarzrotgold. So steht es in Art. 26 des Grundgesetzes festgeschrieben. Trotzdem weiß man, dass die Flagge der Bundesrepublik im korrekten Mainstream mindestens bemakelt ist. Bürger, die die Flagge mit sich tragen, müssen neuerdings gegenwärtigen, dass die Polizei Anweisung gibt die Flagge verschwinden zu lassen, da die Flagge andere Bürger provozieren könnte. Ob eine solche Anweisung rechtmäßig ist oder wohl eher nicht, muss hier nicht entschieden werden.
Aber gut. Wenn es denn sein soll, nennen wir es halt national.
Interessant bleibt die Tatsache, dass das Thema Integration alle eisernen Gesetzmäßigkeiten des öffentlichen Diskurses auf den Kopf stellt. In dem Kontext darf dann schon mal von einem „Nationalen Integrationsplan“ gesprochen werden, auch wenn es bald keine Nation mehr geben wird. Warum überhaupt wurde ein nationaler Integrationsplan aus dem in den Folgejahren allerdings nichts heraus gekommen ist, erst 2006 „beschlossen“? Es gibt doch sehr viel länger eine ganze Integrationsindustrie mit vielen, vielen Arbeitsplätzen von hauptamtlichen Integrierern, die leider zumeist nur ihre persönliche Wichtigkeit nach außen tragen, ohne einen gesellschaftlichen Mehrwert in Sachen Integration bisher produziert zu haben.
Die deutsch-deutsche Gesellschaft erscheint als ein bemakelter Anonymus
Der jüngste Integrationsgipfel, der auch sehr schön die Routinen zeigt, wie diskutiert wird und welcher Sprache und welcher Chiffren man sich bedient, ist, wie seine Vorgänger eine reine Lobbyistenveranstaltung. Die Menschen, um die es eigentlich geht, – nämlich die Menschen der deutschen sogenannten Mehrheitsgesellschaft und die Migranten der migrantischen Minderheitsgesellschaft – spielen eine sekundäre Rolle. Das Fatale ist, dass alle, von der Kanzlerin, über die Gewerkschaften bis hin zum kleinsten Migranten oder Islamvertreter im Prinzip ausschließlich die Seite der Zuwanderer vertreten und zwar als Ankläger und als Richter gleichermaßen. Die deutsche Gesellschaft kann an den sogenannten Gipfeln gar nicht teilnehmen, weil sie keine Vertreter besitzt. Stattdessen erscheint die deutsch-deutsche Gesellschaft als irgendein grundsätzlich bemakelter Anonymus, der alles beherrschte, das Meiste falsch machte und über beliebig viel Geld verfügte.
Das Thema des aktuellen Integrationsgipfels war die Ausbildungslage und die Berufschancen von Migranten. Auch, natürlich: Auch auf diesen Feldern würden die Zuwanderer nach wie vor „diskriminiert“, weshalb die Forderung hoch kam, dass sich Arbeit suchende zukünftig ohne Namen, also anonym bewerben müssen, damit nicht aus dem Namen eine Benachteiligung von Migranten erwachsen könnte.
Merkel, die gerne pflaumenweiche Lösungen bevorzugt, sagte auf dem Gipfel apodiktisch, dass es Diskriminierung gäbe, aber sie sei doch dafür, dass sich die Menschen mit ihrem Namen bewerben. Immerhin. Allerdings muss man feststellen: In Zeiten, in denen gerade das Geschlecht „abgeschafft“ wird und Frauen-Ausländer- und Behindertendiskriminierung, sowie auch Homosexuellendiskriminierung, Religionsdiskriminierung usw. im Berufsleben zu den entscheidenden Kriterien werden, die die eigentliche Qualifikation für den konkreten Job in den Hintergrund drängen, machen Lobbyistenveranstaltungen zum Thema Qualifikation und Berufschancen in dieser Form keinen Sinn mehr. Wenn das so weitergeht erleben wir bald konkurrierende Diskriminierungsgipfel aller Art. Es darf auch nicht vergessen werden, dass es in den tatsächlich oder angeblich diskriminierten Gruppen längst viele Profiteure im ewigen Diskriminierungsspiel gibt. Die Realität hat ohnehin immer weniger Einfluss auf die real existierende Politik. Fiktionen, Glaubenssätze beherrschen die Diskurse, so auch den Integrationsdiskurs.
Es muss eine Rückkehr zu den Tatsachen stattfinden
Erst einmal gibt es nicht DIE Migranten. Es gibt nicht die Muslime, es gibt nicht DIE Frauen usw. Gerade beim Thema Integration muss eine Rückkehr zu den Tatsachen stattfinden. Das ist die erste Bürgerpflicht und auch die erste Pflicht der Regierung. Tatsachen müssen auf den Tisch statt gefühlter Werturteile. Das fängt bei den kleinen Kindern an. Es gibt viele Kindergärten und Schulklassen, in denen kein deutsch-deutsches Kind vorhanden ist, und es gibt vor allem viele Kitas und Schulen, in denen Kinder mit Migrationshintergrund die überwältigende Mehrheit stellen. Welche Minderheit genau wird hier eventuell wirklich diskriminiert? Dazu gibt es nur höchst dürftige Statistiken, dass sich der Eindruck aufdrängt, dass hier ein Stück Wirklichkeit absichtsvoll ausgeblendet wird.
Wer also permanent von Mehrheitsgesellschaft und Minderheiten spricht, kann nicht je nach aktuellem Gusto irgendeinen bundesdeutschen Durchschnitt heran ziehen, sondern muss qualifiziert aufschlüsseln. De facto besteht die deutsch-deutsche Mehrheit nur noch aus dem alten Teil dieses Landes. Bei der jüngeren Bevölkerung gibt es keine deutsch-deutsche Mehrheit mehr; oft genug gibt es eine deutsch-deutsche Minderheit. Deswegen stößt das Wort „Integration“ aus sich heraus auch an unüberwindbare Grenzen, weil „Integration“ längst heißt, dass die deutsche Seite in die Zuwandererseite integriert wird und nicht umgekehrt. Die deutsche Sprache, von der alle fordern, dass Migranten sie erlernen müssten, steht perspektivisch ihrerseits auf einem verschwindenden Altenteil. Merkel und ihre Union haben sich längst entschieden Migrantenpartei zu werde. Das sollten sie auch ganz offen und öffentlich erläutern und darstellen.
Die deutsche Gesellschaft als ewiger Prügelknabe, den eine Bringschuld nach der anderen träfe, und auf der anderen Seite die Migranten, die alles besser könnten und durch ihr bloßes Hierherkommen einen Anspruch nach dem anderen hätten – das ist eine Schieflage, die der Lösung des Themas Integration entgegen steht.
Menschen kommen nach Deutschland, weil sie nach Deutschland wollen. Migranten leisten in Deutschland einen nicht mehr weg zu denkenden Teil. Die Wirtschaft fragt ausländische Arbeitskräfte und alten Menschen fragen Pflegekräfte aus dem Ausland nach. Es gibt Zuwanderer, die integrationswillig und integrationsfähig sind und die ganz selbstverständlich ihr Glück und ihre wirtschaftliche Prosperität hierzulande verwirklichen und leben. Und es gibt Zuwanderung, die Probleme bereitet. Es gibt Zuwanderer, die nur vorübergehend in der Bundesrepublik arbeiten wollen und andere, die ihren Lebensmittelpunkt hierher verlegen. Es gibt Einzelpersonen, die hier her kommen und es gibt ganze Familienclans. Daher macht es keinen Sinn pauschal von den “ Zuwanderern“ zu sprechen. Solange diese Tatsachen nicht auf dem Tisch liegen, sind diese Veranstaltungen reine Show.
Die Zuwanderer sind auch zu allem Überfluss in keinster Weise demokratisch repräsentativ auf den Integrationsgipfeln vertreten. Die größte Gruppe der Zuwanderer aus Polen und aus den anderen EU-Ländern hat praktisch keine Migrantenvertretung. Es gibt keine Funktionäre, die diesen Kreis der Zuwanderer vertreten. Es gibt auch keine Regierungsvertreter aus den anderen EU-Ländern, die hierzulande mitmischen. Die Migrantenvertreter auf dem Integrationsgipfel, die mitzureden haben, sind die ethnischen und die religiösen Vertreter vor allem der türkischen Zuwanderer, so dass es verständlich ist, dass die Mehrheit der Bevölkerung den Integrationsgipfel und Integrationsprobleme nur mit einer Zuwanderergruppe verbindet. Der amtierende türkische Staatspräsident Erdogan mischt beim Thema Integration in der Bundesrepublik ganz ungebührlich mit und sorgt so dafür, dass sich zwei Probleme auftun, wo eins gelöst wurde.
Identifikation mit der neuen Heimat ist kein Ziel des Integrationsgipfel mehr
Wie der gerade eingeführte Doppelpass belegt, ist die Identifikation der Migranten mit ihrer neuen Heimat gar kein Ziel der Integrationspolitik mehr. Tatsächlich ist aber die Identifikation mit dem Land, in dem jemand lebt, in der Regel eine der wichtigsten Integrationsgrößen. Auch die Deutsch-Deutschen, die sich zunehmend mit dem Land, in dem sie leben, weniger identifizieren und die teils sogar die Zersetzung dieser Gesellschaft ganz offiziös auf ihre Fahnen schreiben, wirken de facto jeder Integration entgegen. Integration heißt Annäherung, heißt auch Identifikation. Etwas anderes Integration zu nennen, wäre sinnlos.
Die leider zu Kampfparolen verkommenen Begriffe wie „Ausländerfeindlichkeit“, „Islamophobie“, aber auch „Rassismus“, die ungeschrieben über jeder Integrationsveranstaltung stehen, müssen herraus aus der Integrationsdiskussion. Da haben die Medien ihre Bringschuld. Sie haben allzu gierig und allzu einäugig immer auf jede Beschimpfung von Menschen gegen andere Menschen unter Verwendung der beispielhaft genannten Kampfparolen reagiert und ihrerseits als Verstärker der Beschimpfungen gewirkt. Die Medien haben einen hohen Anteil an der überbordenden Inflation auf dem Markt der Kampfparolen. Es muss abgerüstet werden, damit endlich integriert werden kann.