Ist die AfD bereits tot?

Bettina Röhl direkt: Warum die AfD keine Alternative mehr ist.

Die AfD hat den Zeitpunkt verpasst

Und hier kommt die AfD ins Spiel. Die AfD hatte vor 1 1/2 Jahren, als die Europäer aus ihrem Euro-Schlaf erwacht waren und der Fehlkonstruktion der Gemeinschaftswährung ins Gesicht schauen mussten, einen „guten“ Zeitpunkt erwischt, um sich mit ihrer durchaus anerkennenswerten Euro-Kritik in die öffentliche Debatte einzuschalten. Wenn es überhaupt je eine Öffentlichkeit für eine Veränderung der Gemeinschaftswährung gab, dann ist dieser Zeitpunkt inzwischen abgelaufen. Obwohl Kritik am Euro sowohl monetär als auch politisch-ökonomisch jederzeit angebracht ist, ist das Thema Euro de facto mausetot.

Die AfD konnte ihre ohnehin kleine Chance, am Euro etwas zu modifizieren, nicht nutzen. Allerdings muss man fairerweise sagen, dass die AfD objektiv nie eine wirkliche Chance hatte. Der Euro entwickelt sich weitestgehend eigendynamisch. Da können die Regierungen und deren eitle Minister und Chefs sich noch so sehr in Szene setzen. Auch die AfD und ihr großer Vorsitzender Bernd Lucke können diese Tatsache nur akzeptieren. Folglich ist die alternative Europolitik, die auch verbunden war mit Veränderungsvorschlägen bezüglich den verkrusteten eurokratischen und teils undurchsichtigen Machtstrukturen der EU, die mit Demokratie und Rechtsstaat nicht immer sehr viel zu tun haben, dabei im Sande zu verlaufen.

Die Kritik an den EU-Strukturen für sich genommen war nie der ganz große Wurf der AfD. Alles lief, mindestens in der öffentlichen Wahrnehmung, über den Euro und was eben diesen Euro anbelangt, hat die AfD ihr ursprüngliches Kernthema inzwischen trotz mancherlei anderslautender Beteuerungen selber mehr oder weniger begraben. Die bloße Forderung, dass die schwachen Euroländer aus der Gemeinschaftswährung, zu deren eigenen Nutzen austreten dürfen können sollen, ist nur noch eine große Formel.

Die grünen Parteien dieser Welt sind jahrzehntelang mit der bloßen Formel „alternativ“ immer locker vor dem Wind gesegelt und haben die Gesellschaften in Europa massiv und regelmäßig zu deren Nachteil „reformiert“. An diesem Erfolgsrezept der Grünen hat sich die AfD bei ihrer Namensfindung gewiss orientiert. Der Spruch „Alternative für Deutschland“ war die Botschaft und das Versprechen einer neuen Partei an potenzielle Wähler Kanzlerin Merkel, die SPD und Grüne zwar klein hielt, aber dafür die gesamte Parteienlandschaft blockflötenartig nach grün-links verschob und das alternativlos, etwas entgegen setzen. Die „Alternative für Deutschland“ gab sich Alternative zur Eindimensionalität des Merkelsystems.

Die Sackgasse Merkel

Es versteht sich von selbst, dass Merkel nicht alternativlos ist und dass eine Alternative zu Merkel wünschenswert wäre. Eine Alternative zu Merkel kann aber nur Realität werden, wenn es gelingt, den Wählern die Einbahnstraße, die Sackgasse Merkel, bewusst zu machen. Doch dazu braucht es Argumente und dazu braucht es politische Programme zu den großen gesellschaftlichen Komplexen und zu den Detailfragen. Und genau da hat sich der erst sehr aufmüpfige Bernd Lucke zu einem wahren Künstler in der Vermeidung der Formulierungen der Alternativen entwickelt.

Nicht nur, dass die AfD programmatisch noch schwach aufgestellt ist. Das sind die Altparteien zum großen Teil ebenso. Die haben zwar überbordende und einander widersprechende Programme und Progrämmchen, aber die realen Resultierenden aus diesen wirren Parallelogrammen der parteiinternen Kämpfe und Machthaber sind oft sehr ernüchternd. Die großen Parteien sagen zu allem irgendwas, und per Saldo recht wenig. Aber sie vermitteln das Gefühl geballter Kompetenz. Die AfD kann auf eine solche Tradition nicht zurück blicken. Auch die Aussagen der AfD zu den meisten Politikfeldern sind dürftig geblieben. Der alles bestimmende Bernd Lucke scheint nur noch damit beschäftigt zu sein, einzelne wild gewordene AfD-Mitglieder, die sich gegenseitig bekriegen, zu deckeln, rauszudrängen und zu mobben, wie manche sagen. Statt positiv zu sagen, was er und die Alternative für Deutschland alternativ wollen, ist man bei der AfD nur noch damit beschäftigt die AfD auf den angeblich bekämpften Mainstreamkurs zu trimmen. Man hat den Eindruck, die Hauptbeschäftigung besteht darin zu beteuern, dass man nicht rechtspopulistisch oder gar rechtsradikal oder ewig gestrig oder dergleichen wäre.

Gerade eine Partei, die sich Alternative nennt, erweckt die Erwartung, dass sie mit intellektueller Schärfe und mit Mut den Weizen von der Spreu trennt. Ein Spruch der AfD lautete: „Mut zur Wahrheit“. Es stimmt, dass die AfD, durchaus rottenartig von der politischen Nomenklatura, den Medien und allen Vertretern aller gesellschaftlich relevanten Institutionen und Verbände „rechtspopulistisch“, „ausländerfeindlich“ usw. gescholten wird. Beinahe jeder fühlt sich berufen nach dem Prinzip, schaut her, ich tue es euch gleich, erst einmal zu betonen, dass die neue Partei eine Schmuddelpartei wäre.

Die AfD, die zunehmend mit sich selbst beschäftigt ist, hat sich jedoch als unfähig erwiesen die politischen Kampfbegriffe, die ganz unabhängig von der AfD und auch schon vor deren Existenz Teil des politischen Diskurses waren, zu sezieren, zu analysieren und zu definieren. Wer allerdings eine alternative Politik will, muss den Wählern Alternativen anbieten und das heißt vor allem, dass die Begrifflichkeiten geklärt werden und dass die damit verbundenen Inhalte dargelegt werden. Warum ist eine politische Forderung links oder rechts oder konservativ oder radikal? Was heißt Fremdenfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit, Homophobie, Islamophobie, Ausländerfeindlichkeit, Europafeindlichkeit?

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