Tichys Einblick
Mediale und politische Verharmlosung

G20-Gipfel: Angriff auf die Demokratie in Hamburg

G20 hat den bitteren Zustand einer Demokratie in Deutschland gezeigt. Weil Hamburg kaltblütig zur partiellen Verwüstung freigegeben wurde, sind der Rücktritt von Angela Merkel und Olaf Scholz das Gebot der Stunde.

© Odd Andersen/AFP/Getty Images

Kanzlerin Merkel bekam den G20-Gipfel, den sie verdiente. Das Bundesverfassungsgericht dito. Während die politischen Führungen der 20 wichtigsten Nationen in Hamburg ein paar Stunden smalltalkten, an gesichertem Ort, brandschatzten sogenannte Globalisierungsgegner und System- und Kapitalismusgegner meine schöne Hansestadt Hamburg.

Es sind Mordversuche

Und sie versuchten einige Morde, die, wie das Wort „Versuch“ schon sagt, nicht zum Erfolg geführt haben, glücklicherweise, woraus nicht der Schluss zu ziehen ist, dass es keine Mordversuche gegeben hätte. Die billigende Inkaufnahme des Todes von Menschen war an diesem heißen Hamburger Wochenende an vielen Orten zu beobachten. Das ist deswegen hervorzuheben, weil die allgemeine Verbalisierung des Schauspiels in den Medien eine große gesellschaftliche Irreführung entweder intendiert oder billigend in Kauf nimmt.

G20-Demonstranten liegen falsch
G20 - Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung
Wer von „Krawall“, „Chaotentum“, „Chaos“, „Vandalismus“, „Randaliererei“, „marodieren“ „Plünderei“ spricht, verfälscht die Realität und trifft nicht den Kern. Wer davon spricht, dass nur wenige, eine Handvoll oder zwei Händevoll oder, na gut, auch 2.000 oder, na gut, auch 3.500 bis 5.000 gewaltbereite Personen, in jedem Fall also eine Minderheit, am Werke gewesen wäre und der Rest der „Demonstranten“ so fröhlich, friedlich, so lieb, so besorgt und so wütend und politisch so informiert und argumentativ wohl vorbereitet auf die politische Weltelite zugehen wollte, um deren Irrtümer aufzuklären und Rezepte für eine bessere Welt anzubieten, der bereitet den gesellschaftlichen Boden für immer neue Gewaltausbrüche.

Man kennt die Abläufe, die überall auf der Welt, sagen wir mal besser, überall in der westlichen Welt anlässlich vergleichbarer Meetings ablaufen. Ab und zu gibt es mal einen Ausreißer wie den G7-Gipfel in Genua, der besonders, der krass gewalttätig war, und dann gibt es sehr viel einschlägige Gewalt, über die nicht vollumfänglich berichtet wird.

Der Schwarm und die Terroristen

Die „Friedlichen“, die friedlich eingestellten Leute, die ihre Sorge und ihre Wut gern auf so einem Event mal rauslassen wollen, wissen, dass sie den Fischschwarm bilden, in dem ein paar tausend Terroristen gut untertauchen, aus dem sie gut wieder auftauchen können. Dass sie den Fischschwarm bilden, in dem die Terroristen versorgt werden, sich erholen können, in dem sie mit logistischen Informationen versorgt werden usw.  – frei nach dem großen Führer des Antikapitalismus Mao Tse Tung.

Mao Tse Tung hat  mit seinem Antikapitalismus 50 Millionen Menschen in den qualvollen Hungertod geschickt. Stalins Antikapitalismus hat 20 Millionen Opfer gefordert, davon mindestens 10 Millionen Hungeropfer. Die Sache mit dem Antikapitalismus will überlegt sein, prima facie des Laufes der Geschichte.

Gibt es überhaupt ein Wirtschaftssystem, das auf Arbeitsteilung basiert, das nicht kapitalistisch abläuft, egal, wem das Kapital gehört? Auf diese Frage gibt es eine klare Antwort und die heißt: nein. Wissen die aufgebrachten Anti-Kapitalisten überhaupt, was Kapitalismus ist? Wissen sie nicht. Und noch weniger wissen sie, was sie überhaupt wollen, außer Destruktion.

Es ist so maßlos peinlich, die Wiederholung des ewig Selben seit Jahrzehnten.

Die bessere Welt der Anti-Kapitalisten
G20: Hamburger Kindergarten für linke Erwachsene
Was ist ein Terrorist? Erst einmal, wer sich vermummt und mit der speziellen Burka des Schwarzen Blocks herumläuft, in den Untergrund abtaucht,   und dann in Verkleidung zur sogenannten „Aktion“ auftaucht. Wer gefährliche Gegenstände, um nicht „Waffen“ zu sagen, unter seinem Gewand mitführt, die geeignet sind, Menschen auch lebensgefährlich zu verletzen, wer seine  politische Botschaft mit Waffengewalt durchsetzen will, ist ein Terrorist. Und wenn er gemeinsam oder gemeinschaftlich oder unabgesprochen „zufällig“ de facto arbeitsteilig seine Gewalt ausübt, erfüllt er die Mindeststandards der Berufsqualifikation Terrorist.

Arbeitsteilung, wenn auch noch nicht auf einem kapitalistisch hinreichenden Niveau, herrscht auch bei den Kleingruppen der Terroristen. Einer schlägt im Vorbeigehen die Windschutzscheibe eines Autos ein, und der Team-Terrorist gibt einen Brandsatz in das Auto hinein, der Nächste den Brandbeschleuniger.

Viele Medienspinner haben ja schon von der Ästhetik der einstürzenden Neubauten auf Ground Zero am 11.September 2001 gesprochen. Hamburg war jetzt auch so ein ästhetisches Kriegsgemälde mit Feuer und Rauch in der ganzen Stadt, es muss nicht immer New York sein.

Wer Stahlkugeln mit einer geeigneten Zwille, so ein niedliches Wörtchen: Zwille, abschießt, kann je nach Technik damit Wände durchschlagen und Menschen sowieso.

Es muss klar sein, dass eine Zwille kein weniger gefährliches Werkzeug ist, als eine Schusswaffe. Auch wenn das Wort wirklich niedlich ist.

Merkel kann G20 nicht

Bürgermeister Olaf Scholz hatte den Hamburgern fröhliche G20-Spiele zugesagt, von denen sie nichts mitbekommen würden. Das war von vornherein falsch. Jan Reinecke vom Bund Deutscher Kriminalbeamter informierte bei Anne Will aus Polizistensicht: „Die Aufgaben, die gestellt wurden, waren nicht machbar.“  Man habe aus Deutschland an Kräften und Material zusammengezogen, was ging. „Mehr hat Deutschland nicht zur Verfügung“ gegen die „Masse an Gewalttätern und Kriminellen“ in Hamburg. So lauteten also die Prioritäten: Erstens die Gipfelteilnehmer zu schützen und zweitens die Stadt. Da wurden brennende Autos und „Entglasungen“ einkalkuliert. Das erfahren wir im Nachhinein.

Hamburg war also eine offene, der Verwüstung streckenweise freigegebene Stadt. Für Olaf Scholz ist das der Rücktrittsgrund. Weil er wider besseres Wissen die Hamburger verschaukelt, die Hamburger nicht vorbereitet und die rechtsstaatlichen Mittel zur Gefahrenabwehr respektive deren Vorbereitung und Einsatz auf dem gebotenen Niveau unterlassen hat. Sollte es hingegen so sein, dass Scholz nicht gewusst haben sollte, was auf die Hansestadt zukommt, dann wäre er wegen exemplarischer Ignoranz vom Amt zu entheben.

Eine Demokratie muss auch globale Gipfelveranstaltungen, deren Wert angesichts schneller Flugverbindungen und weltweiter Konferenzschaltungen nur begrenzt sein kann, im Hinblick auf die Symbolkraft jederzeit auf ihrem Grund und Boden austragen können. Und auch und gerade in Hamburg.

Wer demonstriert macht sich schuldig
G20 und Demonstration in Hamburg politisch einordnen
Die Merkel-Republik kann G20 nicht, und Merkel kann es auch ganz persönlich nicht. Eine Demokratie muss G20 können und sie muss auch souverän in erster Linie politisch und in zweiter Linie unter souveräner Anwendung staatlicher Zwangsmittel einen von den Medien maßlos aufgeblasen dargestellten Protest inklusive Massenterrorismus beherrschen. Merkel kann es nicht. Sie trägt die Verantwortung für ihre leichtfertig ausgesprochene Einladung, zu deren Erfüllung ihr die Mittel fehlen – was Polizisten betrifft und die Verfassung des Staates.

Damit kommt man zwangsläufig zum Rechtsstaat, zum Verfassungsstaat und damit auch zum Bundesverfassungsgericht und einer im Politischen sehr oft irrlichtenden Justiz. Noch ist die geltende Verfassungslage klar: Die Bundesrepublik ist eine repräsentative Demokratie.

Zur Demokratie gehören Grundrechte, insbesondere Meinungs-und Pressefreiheit, Demonstrationsfreiheit, Versammlungsfreiheit, um die wichtigsten im Kontext einschlägigen Grundrechte zu benennen. Die Grundrechte sind auch Abwehrrechte gegen staatliche Willkür, wie es  schlankweg heißt. Den Staat als Abstraktum, könnte man sagen, gibt es gar nicht. Er lebt erst durch die Personen, die in seinen Organen tätig werden.

Fahren wir die Sache also etwas runter und sprechen von Abwehrrechten gegen Beamtenwillkür.

Ja, klar, Beamtenwillkür soll nicht sein. Trotz des Verbotes von Beamtenwillkür gibt es diese tagtäglich, allerdings in vielfältiger Form und zumeist natürlich in subtiler Form. Meistens wütet diese Willkür allerdings zu Gunsten solcher, die auf Protest machen, ihre Aktivitäten „links“ nennen – und oft wütet die hoheitliche Willkür gegen jedermann, der den fünfzigjährigen linken Protest für falsch hält, ablehnt oder sich verbittet, sich von Irrlichtern belehren zu lassen.

Grüne geben Polizei Mitschuld
Hamburg: Was wäre, wenn es "Rechte" wären?
Die Grundrechte sind allerdings eine Ergänzung, eine immanente Ergänzung der Demokratie der Bundesrepublik Deutschland. Jedermann darf und sollte sich am politischen Leben beteiligen, also erst einmal wählen gehen, zur Bundestagswahl, zur Landtagswahl, zur Kommunalwahl und zu vielen anderen Wahlen, und es hat in Deutschland die politischen Parteien mit besonderen Privilegien. Man kann und sollte sich auch über Parteiprogramme informieren, in Parteien mitdiskutieren oder, wenn es eine genehme Partei gibt, Mitglied werden. Das sind die primären Grundrechte und Grundpflichten.

Die Bundesrepublik ist keine außerparlamentarische Demokratie, keine NGO-Demokratie, keine Protestdemokratie, keine Terrordemokratie.

Die Rechtsprechung allerdings beschädigt die parlamentarische Demokratie durch eine maßlose Überbetonung der Minderheitenrechte politischer Aktivisten. Es muss dringend über eine Neukonstruktion einiger Grundrechte im Hinblick auf neue politische Realitäten nachgedacht werden.

Beispiel: Das Demonstrationsrecht. Da geht es schon lange nicht mehr darum, dass Bürger, egal ob sinnvoll oder absolut sinnlos, nahe am Ort des politischen Geschehens demonstrieren können sollen, um den Politikern quasi akustisch vernehmbar ihren Unmut zu Gehör zu bringen. Nein, das Demonstrationsgeschehen ist de facto längst ein reines Medienereignis geworden.

Es geht auch den Demonstranten nicht darum, ihr Anliegen direkt den Politikern vorzutragen, nein, sie wollen ihre berechtigten Anliegen oder ihren unberechtigten Terror in die Medien pressen und so über die Bande der Medien spielend, Druck auf die Parlamente und die von den Parlamenten gewählten Regierungen ausüben.

Und hier kommt die Pressefreiheit ins Spiel. Die Pressefreiheit, die de facto gleichsam in der Hand einer Vielzahl von Journalisten liegt, taugt deswegen nichts, weil sie die Mainstreambildung verkennt.

G20-Gipfel in Hamburg
SPIEGEL mobilisiert zur G20-Demo
Es ist eine höchst fragile Pressefreiheit, die sich gierig auf jeden möglichst linken Terrorakt oder Protest oder jedes linke Gutachten oder jede linke Studie oder jeden linken Experten stürzt und die Protest-Oper zum G20-Gipfel überhaupt erst mit der zu besichtigenden Relevanz ausstattet.

Richter sollen richten und nicht Protestpolitik machen. Und Journalisten sollen vor allem erst einmal berichten, informieren(!) und Meinungsäußerungen als solche kenntlich machen – sie sollen nicht mit der sicheren Nummer linken Protestes mittäterisch die Lage anheizen, wie in Hamburg sehr anschaulich zu besichtigen war.

Merkels Rücktritt ist das Gebot der Stunde

Kanzlerin Merkel hat in der langen Vorbereitung ihres G20-Gipfels in Hamburg ganz offenkundig verkannt oder verkennen wollen, dass es rund um den G20-Gipfel, völlig unabhängig von Figuren wie Erdogan, Putin oder Trump, gemeinschaftsschädliche und rechtsstaatswidrige Massengewalt geben würde.

Damit hat sie aber nicht nur den Personen- und Sachschaden, sondern auch den Rechtsschaden, den der Staat genommen hat, zu verantworten. Sie trägt die politische Verantwortung, der sie zu 100% nicht gerecht geworden ist. Merkels Rücktritt ist das Gebot der Stunde, das muss die in einem sanften, politischen Dämmerschlaf vor sich hindösende Union kapieren.

Aufmarsch der Chaoten Europas
Hamburg: Gewaltexzess in der eigenen Hochburg
Der wirkliche nachhaltige Schaden, den die Bundesrepublik Deutschland durch Merkels G20-Gipfel in Hamburg genommen hat, liegt in einer nicht zu unterschätzenden Beschädigung des Rechtsstaates, der mehrfach vor der Gewalt in Hamburg in die Knie gegangen ist, in einer Beschädigung des Selbstverständnisses der bundesdeutschen Demokratie und in einem Aufmöbeln von Terror und Terroristen, denen es immer leichter fällt, von Event zu Event „erfolgreicher“ zu agieren und immer mehr Claqueure und Mittuende zu gewinnen.

Bei Bundestagswahlen spielt der ganze Terrorquatsch keine Rolle, es hat sich eine Art „Paralleldemokratie“ auf der Straße entwickelt, die zu den passenden Events aktiviert werden kann. Nun sind wir alle für eine bessere Welt, für Gerechtigkeit. Was das ist und wie das zu erreichen ist, dafür sind komplexe Fragen zu lösen. Die Antwort schlechthin gibt es nicht.

G20 in Hamburg anno 2017 hat Merkel nicht das erste Mal, aber besonders radikal dekuvriert. Dass die Protestler und die Terroristen gegen die Polizei sind, versteht sich von selbst. Dass Politik und speziell Medien ganz faktisch gegen die rechtsstaatlich gebundene Polizei heimlich, versteckt oder bei den Protestlern anbiederisch agieren, das hat in Deutschland eine lange Tradition – nichts desto weniger ist sie rechtsstaatsfeindlich und rechtsstaatsverachtend.

Nun müssen auch nicht angeschlagene Merkels und Scholzens opportunistisch schnell noch mal eben eine Lanze für die Polizei brechen. Das ist unglaubwürdig, und ihre kurzen Statements, dass die Bösen unter den Demonstranten mit der Härte des Gesetzes verfolgt werden müssten, sind wertlos.

G20 hat den bitteren Zustand einer Demokratie in Deutschland gezeigt, die eigentlich das Beste ist, was sich alle Deutschen wünschen könnten und sollten.

Die Polizei steht einsam da. Die Systemumstürzler und Terroristen sind teilweise bis in die linken Ränder der SPD, der Grünen und der Linkspartei und teilweise bis in deren Zentrum ganz persönlich hervorragend vernetzt. Die Polizei ficht deshalb auf verlorenem Posten einen asymmetrischen Verfassungskampf, der keinem Beamten zuzumuten ist.

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