Sie erheben Zwangsgebühren und behandeln ihre "Kunden" unanständig: die öffentlich-rechtlichen "Anstalten".
Wer über Stil und Anstand schreibt, muss zumuten, muss ein paar unbequeme Fakten servieren. Und wer über Stil und Anstand liest, muss die Zumutungen manchmal eben auch ertragen. Und so beginnt diese Kolumne für manchen vielleicht mit einem unbequemen Fakt: Das Vertrauen in die Medien in Deutschland ist wieder gewachsen. Kritische Aussagen wie etwa die, dass die Bevölkerung von den Medien systematisch belogen werde, fanden einer aktuellen Studie dieser Woche zufolge Ende 2017 deutlich weniger Zustimmung als noch ein Jahr zuvor (hier). Wie deckt sich das mit der Wahrnehmung gerade der letzten Tage? Zahlreiche Belege für exakt das Gegenteil, gerade in den öffentlich-rechtlichen Medien wird wieder getrickst und verbogen, wimmelt es von schlechtem Handwerk. Na gut, werden Sie sagen, schlechtes Handwerk ist noch kein schlechter Stil oder ebensolches Benehmen. Im normalen Leben können wir schlechtes Handwerk sanktionieren: kein Auftrag mehr, die Konkurrenz öffnet uns erfreut die Arme. Wohl wahr, aber versuchen Sie das mal mit den öffentlich-rechtlichen Medien. Die sind unkündbar, Ihre Rundfunkgebühr zahlen Sie, ob Sie ARD und ZDF schauen oder nicht. Und eben deshalb hat das Gebaren unserer öffentlich-rechtlichen Anstalten etwas mit gutem oder schlechtem Benehmen zu tun. Wem ich zwanghaft ausgeliefert bin, an den habe ich andere Benimm-Ansprüche als an einen ungehobelten oder unfähigen Handwerker!
Der Zweck heiligt keine Mittel
Einer dieser Ansprüche ist es, nicht vorgeführt zu werden, schon gar nicht auf erbärmlichem Niveau. Nicht so die ARD: in ihrem Flaggschiff „Tagesschau“ dreht sie den Ton just zu dem Zeitpunkt höher, wo vereinzelte Zuhörern bei der Rede des amerikanischen Präsidenten Trump beim Weltwirtschaftsforum in Davos ihren Unmut äußern (hier). Seht her, liebe Zuschauer, der Mann kriegt ordentlich Saures und wir, die objektivste Nachrichtensendung des deutschen Fernsehens, sind mitten mang. Natürlich verschweigt die objektivste Nachrichtensendung des deutschen Fernsehens, dass es hier wenige Journalisten waren, die Trump ausbuhten, als er mal wieder die Medien beschimpfte. Es ist ja nicht nur unsäglich dämlich, den Mann noch vor Ort dermaßen zu bestätigen, es ist auch einfach unanständig, den zwangsgebührengequälten Zuschauer dermaßen zu leimen. Es ist nicht nur unsäglich arrogant, uns für so beschränkt zu halten, es zeugt eben auch von grottigem Stil, es überhaupt nur zu versuchen!
ARD: Journalismus-Simulation
Aber wenn die Ideologie mal in Fahrt kommt, ist eben kein Halten mehr bei den öffentlich-rechtlichen Journalisten-Darstellern. Vielleicht kann es uns ein Intendant mal erklären: wie wird man heutzutage Leiter des ARD-Büros in Berlin? Muss man da in seiner Bewerbungsmappe Parteien-Präferenzen angeben? Muss man sich im Anstellungsvertrag einem geheimen Code unterwerfen, den Zuschauer möglichst umgehend zu belehren, statt ihn umfassend zu informieren? Wie macht eine Büroleiterin wie Tina Hassel von der ARD eigentlich ihren Job? Jetzt wissen wir es: mit ihren Jubel-Arien während des Grünen-Parteitages (
hier) hat sie endgültig ihre Maske fallen lassen. Sie macht IHREN Job, nicht UNSREN! Sie ist Teil des politischen Betriebs, nicht dessen möglichst objektive Betrachterin und Analytikerin. Es gab einen Meister des guten öffentlich-rechtlichen Journalismus und deswegen auch des guten Benehmens: Hanns Joachim Friedrichs. Sein Diktum: man erkenne einen guten Journalisten daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört. Danach ist das Urteil über Fr. Hassel eigentlich glasklar. Hatten wir bis jetzt über ihre meist gestotterten Live-Aufsager-Debakel noch hinweggesehen, sollte es nun reichen. Es ist einfach schamlos und deswegen unanständig!
Aber wir sind noch nicht fertig, leider. Fast muss man den Eindruck bekommen, schlechtes (journalistisches) Benehmen sei inzwischen eine Grundvoraussetzung, um was werden zu können bei den „Staatsmedien“. Wem das zu polemisch ist, der behelfe sich wenigstens mit der Frage, ob solch mieser Stil nicht in Wahrheit längst Bestandteil der Profession ist. Mediale Vorverurteilung etwa ist inzwischen dermaßen gang und gäbe, und bleibt dennoch erbärmliches Benehmen. Seien wir nicht blauäugig: der Fall Wedel ist sicher nicht der appetittlichste und dem Herrn einen Persilschein auszustellen gibt es wahrlich keinen Anlass. Und dennoch: es war mal gängige Lehre in guten Journalistenausbildungen und bei guten Lehrmeistern, dass der reine Verdacht keine Meldung ist oder wenn, dass immer darauf zu achten sei, sich gefälligst des Konjunktivs zu bedienen. Aber nicht so mal wieder die Tagesschau: an dritter Stelle ihrer 20-Uhr-Ausgabe am 24. Januar sendete sie einen Bericht über die neuen Anwürfe aus der ZEIT gegen den Regisseur Wedel, zwei Stunden später in den Tagesthemen vom gleichen Tag ist der Mann gar Aufmacher, es gibt ein Interview mit einem Schauspieler-Gewerkschaftler und einen entsprechend moralinsauren Kommentar obendrauf. Wieso ist das, bei allem Respekt vor den (TV)-Filmchen von Wedel, eine Nachricht in der Tagesschau/Tagesthemen? Bis dahin (wie bisher) ist nichts bewiesen, auch wenn wir die Scheußlichkeiten schon glauben mögen. Hier geht es aber nicht um Glauben, sondern um Wissen. Und dafür gibt’s Gerichte in diesem Land und dies sind nicht die selbsternannten Richter der öffentlich-rechtlichen Anstalten.
Das schlechte Benehmen ist evident, weil wir abermals für dumm verkauft werden sollen: die ARD, die Herrn Wedel in der Vergangenheit nicht nur einen roten Teppich ausgerollt hat, versucht sich nachträglich reinzuwaschen und tut dies unter dem Deckmantel von „seriösen“ Nachrichten. Seht her, wir berichten ja umfänglich. Da fängt aus sehr egoistischen Motiven nicht nur die Vorverurteilung an, wir Zuschauer werden hinter die Fichte geführt und sind nicht mehr als Geiseln einer internen Vergangenheitsbewältigung.
Wer „Kunden“, die sich nicht wehren können, so behandelt, hat von Stil und Anstand entweder noch nie was gehört oder schert sich einen feuchten Kehricht drum!